Gelsenkirchen. Die Vereins-Stiftung Schalke hilft! hat im vergangenen Jahr 180.000 Euro in Projekte investiert. Geschäftsführer Sebastian Buntkirchen im Gespräch.
Auf Ihrer Visitenkarte steht: Leiter Soziales, Sportabteilung, Geschäftsführer Schalke hilft! Klingt nach ziemlich viel Arbeit.
Sebastian Buntkirchen: Das klingt nicht nur so. Aber da mir die Arbeit sehr viel Spaß macht und es mir viel bedeutet, für Schalke zu arbeiten, kann ich mich nicht darüber beschweren
Worin bestehen Ihre Aufgaben im sozialen Bereich?
Buntkirchen: Als Geschäftsführer von Schalke hilft! leite ich unsere vereinseigene Stiftung. Mein Hauptaugenmerk liegt auf verwaltungstechnischen Aufgaben, aber auch auf Unterstützung der externen Projekte, die wir fördern.
Wie groß ist Ihr Team?
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Buntkirchen: Unser Team umfasst, einschließlich mir, fünf Mitarbeiter. Als ich im Juli 2013 meine Arbeit für Schalke hilft! aufgenommen habe, war ich der einzige Mitarbeiter.Es gibt ein klares Commitment des Vorstands, dass die soziale Verantwortung des Vereins ein zentrales Thema ist. Die Entwicklung von der Idee bis zum heutigen Tage zeigt, dass das auch gelebt wird und unsere Anstrengungen nicht aus Imagegründen unternommen werden.
Vermutlich haben Sie früher in Freundebüchern Ihren heutigen Job nicht als Berufswunsch eingetragen.
Buntkirchen: In Freundebücher habe ich natürlich, wie vermutlich die meisten Jungs, Fußballstar als Berufswunsch eingetragen. Aber im Ernst, als ich nach dem Studium angefangen habe, für die damals neugegründete Stiftung meines Freund Manuel Neuer, zu arbeiten, habe ich schnell gemerkt, wie sehr sich die Arbeit mit meinen Interessen deckt. Als Peter Peters mich dann fragte, ob ich mir das vorstellen kann, für Schalke zu arbeiten, ist sowas wie ein Traum in Erfüllung gegangen.
Wieviele Projekte betreuen Sie?
Buntkirchen: Zurzeit sind es sieben externe Projekte, die wir finanziell unterstützen und in ihrer Arbeit begleiten. Und seit Beginn dieser Saison gibt es zusätzlich die Kumpelkiste. Es ist die größte Sachspendeninitiative eines Sportvereins.
Wo kommt das Geld für die Projekte her?
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Buntkirchen: Unser Wunsch ist es, etwas zurückzugeben, wir betreiben deshalb nicht aktiv Spendenakquise. Das Geld kommt zu einem großen Teil aus der Verfolgung des Zweitmarktes, das heißt, wir gehen rigoros gegen Ticketweiterverkäufe vor, auch über Internetplattformen. Die anfallenden Mahngebühren werden uns zur Verfügung gestellt. Das ist pro Jahr eine sechsstellige Summe. Auch die Summe, die der Verein jährlich zur Verfügung stellt, ist sechsstellig. Wir sind zudem in der glücklichen Situation, dass der Schalker Golfkreis uns mit dem Erlös seines Turniers unterstützt.
Und wer entscheidet, wofür das Geld dann ausgegeben wird?
Buntkirchen: Im Tagesgeschäft mache ich das in letzter Konsequenz. Grundsätzlich steht uns aber ein Beirat zur Seite, der Schwerpunkte setzt und Entscheidungen mitgestaltet. Zu guter Letzt ist natürlich der Vorstand, insbesondere Peter Peters, über alle Vorgänge informiert.
Welche Mittel haben Sie in 2015 zur Verfügung gestellt?
Buntkirchen: Bei der Kumpelkiste liegen wir bei knapp 4500 Kisten, das sind 48000 Einzelspenden. Bei der finanziellen Hilfe liegen wir bei knapp 180000 Euro, die vorgesehen sind für die Projekte, die wir fortlaufend unterstützen. Wir wollen kein Geld horten. Was rein geht, geht auch wieder raus.
Müssen Sie Anträge ablehnen?
Buntkirchen: Wir bekommen circa 10.000 Anfragen pro Jahr, deshalb müssen wir eine Schablone ansetzen. Wir haben den Anspruch, dass das, was aus Gelsenkirchen an uns herangetragen wird, abgedeckt wird. Danach setzen wir Schwerpunkte: Bildungsprojekte, Projekte, bei denen es darum geht, Menschen zu fördern. Projekte, die dazu beitragen, dass Menschen ihren Lebensweg positiv bestreiten können.
Wie hat sich die Arbeit von Schalke hilft durch die Herausforderungen der Flüchtlingskrise verändert?
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Buntkirchen: Das Flüchtlingsthema ist aktuell deutlich spürbar in unserer Arbeit. Aber wir versuchen, strategisch zu handeln und sind ständig in engem Austausch mit der Stadt, sowohl mit dem Oberbürgermeister als auch mit den Referatsleitern. Dabei versuchen wir zu eruieren, welche Probleme am stärksten akut sind. Und gerade ist das Flüchtlingsthema ein entscheidendes.
Sie sehen viele Schicksale, wie gelingt es Ihnen, nach Feierabend auf andere Gedanken zu kommen?
Buntkirchen: Ich bin ohnehin ein nachdenklicher Mensch und finde es gut, wenn man sich auch privat mit sozialen Themen auseinandersetzt. Das bringt einen auch in seiner persönlichen Entwicklung weiter. Man kann nicht verhindern, dass einem die Schicksale nahe gehen. Wir hatten erst kürzlich eine Situation, als wir die Flüchtlings-Notunterkünfte in Gelsenkirchen besucht haben. Im Anschluss an den Termin bekamen wir eine Info vom Roten Kreuz, dass dort Menschen mit ansteckenden Krankheiten leben könnten. Die Untersuchungen haben erst nach unserem Besuch stattgefunden, sodass man ein paar Stunden mit der Angst gelebt hat, sich selbst angesteckt zu haben. Wenn man dann reflektiert, dass das der Alltag der Menschen dort ist, stimmt einen das nachdenklich.
Wie läuft die Zusammenarbeit mit dem Schalker Vorstand?
Buntkirchen: Mit meinem direkten Vorgesetzten Peter Peters bin ich täglich im Austausch. Aber auch Alexander Jobst und Horst Heldt sind für diese Themen hochgradig sensibilisiert. Der Vorstand ist sehr motiviert und man merkt, dass ihm die Stiftungsarbeit am Herzen liegt.
Wie sind die Spieler in Projekte eingebunden?
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Buntkirchen: Aufgrund des dichten Terminkalenders ist es leider nicht immer möglich, die Spieler einzubinden. Aber wenn sie Termine wahrnehmen, zeigen sie sich offen und interessiert. Man merkt ihnen an, dass sie sich mit diesen Themen auseinandersetzen. Es gibt eine Reihe von Spielern, die aktiv nachfragt, um in Projekte eingebunden zu werden. Erst kürzlich hat beispielsweise Roman Neustädter darum gebeten, ein Training für Flüchtlingskinder zu veranstalten, schon im März wird es eine Fortsetzung geben, diesmal für Kinder aus Gelsenkirchen.
Die Schalker Profis wollen sich für die Champions League qualifizieren? Spielt Ihre Stiftung im Vergleich zu anderen Bundesliga-Klubs nicht schon in der Königsklasse?
Buntkirchen: Ich möchte gar keine Vergleiche ziehen. Mein Wunsch wäre, dass die Wahrnehmung sich verändert. Ich hoffe, dass wir es schaffen, dass man Schalke 04 automatisch mit seinen sozialen Aktivitäten verknüpft.