Essen/Sotschi. Eiskunstläufer Daniel Wende startet bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi im Paarlauf mit seiner Ehefrau Maylin. Für ihn ist es nach Vancouver 2010 der zweite Olympia-Auftritt. Medaillenchancen haben die beiden nicht, aber eine gesunde Einstellung: „Es muss nicht die Goldmedaille sein.“

Ein Kreis schließt sich für Daniel Wende – präzise wie bei einem Kringel, den die Schlittschuhkufe ins Eis kratzt. Vor vier Jahren startete der Essener Eiskunstläufer bei den Olympischen Spielen in Vancouver. Damals in Kanada hieß seine Paarlauf-Partnerin Maylin Hausch. Und beide waren glücklich, sich überhaupt für diesen sportlichen Höhepunkt qualifiziert zu haben. „Wir sind ja schließlich erst gut ein Jahr gemeinsam gelaufen“, klärt Daniel Wende auf.

Bei den Winterspielen in Sotschi sind sie wieder dabei. Und Maylin (25) heißt nicht mehr Hausch sondern Wende. Seit Juni 2013 sind sie auch ein Ehepaar. Und freuen sich natürlich riesig, dass sie es wieder zum prestigeträchtigsten aller Gipfeltreffen geschafft haben.

Essener Tradition auf dem Eis

Kurz vor dem Abflug zum Schwarzen Meer war Daniel Wende noch auf Stippvisite bei seiner Familie in Essen. Kommt ja nicht mehr so oft vor, denn inzwischen wohnt er in Oberstdorf, wo das Bundesleistungszentrum optimale Trainingsbedingungen bietet. Wende lehnt an der Eisbahn-Bande auf dem Kennedyplatz und schaut den Kleinen zu, die auf wackligen Beinen ihre Runden drehen. Ja, so hat auch er angefangen. Beim EJE am Westbahnhof. Mit den Jahren ist er zum Top-Athleten gereift, hat sich eingereiht in die eisige Essener Tradition neben Eistänzer Hendryk Schamberger oder den Geschwistern Stephanie und Thomas Rauer. Sie alle haben gemeinsam, dass es zumindest international nie für ganz nach oben gereicht hat.

Auftakt mit Team-Wettbewerb

Die Winterspiele in Sotschi werden zwar erst am Freitag offiziell eröffnet, doch schon an diesem Donnerstagabend beginnt für Maylin und Daniel Wende das olympische Abenteuer im „Iceberg“-Eislaufpalast . Sie starten im neu eingeführten Team-Wettkampf (Frauen, Männer, Paarlauf und Eistanz). Wäre das deutsche Top-Paar Aljona Savchenko und Robin Szolkowy dabei, könnten die Deutschen auf einen der vorderen Plätze hoffen. Doch die viermaligen Weltmeister reisen erst erst am Samstag an und konzentrieren sich zum Abschluss ihrer Karriere auf den Kampf um Gold im Paarlauf.

Zehn Teams haben sich qualifiziert, so gesehen haben die Essener eine Platzierung unter den Top Ten der Welt schon sicher. Alle laufen zunächst ein Kurzprogramm. Die fünf besten Teams dürfen zum Kür-Finale am Samstag und Sonntag noch einmal aufs Eis. „Die Russen werden in Starbesetzung antreten und spekulieren auf Gold. Bei uns muss dagegen alles stimmen, um das Finale der besten fünf Nationen zu erreichen“, sagte Udo Dönsdorf, Sportdirektor der Eislauf-Union. „Wir sind nicht glücklich über den Zeitpunkt am Anfang der Spiele.“ Man werde sehen, „ob das wirklich klasse war“.

Damit muss man klar kommen. Zweimal waren Wende/Wende Deutscher Meister im Paarlauf. Aber nur, weil Aljona Savchenko und Robin Szolkowy (Chemnitz) fehlten, die viermaligen Weltmeister und Olympia-Dritten von Vancouver. Aber die Wendes sind die Nummer zwei. Immerhin. Und der Motivation hat es nicht geschadet. „Wir haben uns für Olympia qualifiziert“, sagt er stolz. „Ich bin ja schon zum zweiten Mal dabei. Es gibt Hunderttausende, die froh wären, das überhaupt einmal erleben zu dürfen.“ Und ganz pragmatisch: „Wir wollen unsere beste Leistung bringen. Alles andere ist zunächst zweitrangig. Wenn uns das gelingt, sind wir zufrieden. Da muss es dann nicht die Goldmedaille sein.“ Und doch: Rang 17 bei den Spielen in Vancouver empfindet er noch heute „als nicht so gut“.

Die negativen Nachrichten aus Sotschi vor den Spielen, die Sicherheitsbedenken, all das versucht Wende auszublenden. „Die Freude überwiegt.“ Er will nicht als unpolitisch dastehen, natürlich bekomme er die ganzen Diskussionen mit. „Aber wir konzentrieren uns auf den Sport“.

Pause nach Bandscheibenvorfall

Verständlich. Fast anderthalb Jahre musste das Paar pausieren, weil Daniel einen Bandscheibenvorfall hatte. Doch bei der Einkleidung der Athleten habe er bereits gespürt, dass sich die Plackerei gelohnt hat. Tolle Klamotten, wie Weihnachten. Die Trainingsarbeit ist oft die reinste Knochenmühle. „Aber als ich verletzt war, habe ich gemerkt, dass mir etwas fehlt.“

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Das Comeback ist gelungen, das Ziel erreicht. Aber es war ein Marathon dorthin. Meran, Graz, Dortmund und die DM in Berlin. Und entscheidend: Überall lagen Wende/Wende vor ihren Widersachern aus Berlin Mari Vartmann und Aaron van Cleave und erfüllten auch nach Punkten die Norm.

Bei der EM in Budapest Anfang Januar belegte das Paar Rang sechs. „Es war ein guter letzter Test“, sagt Daniel Wende zufrieden. Zumal es für alle internationalen Top-Paare eine Generalprobe war. Und für ihn persönlich waren diese Titelkämpfe auch etwas ganz Besonderes: „Vor exakt zehn Jahren bin ich dort in Budapest meine erste EM gelaufen.“