Essen. Ein Lokalmatador hat beim 49. RWE-Marathon in Essen triumphiert: Matthias Graute vom Triathlonclub 84 lief die 42,195 Kilometer in 2:20:57 Stunden - und verbesserte damit seine eigene Bestzeit vom vergangenen Jahr um 15 Minuten.
Die Nachricht sprach sich schnell herum im Zielraum am Regattaturm: „Matthias Graute“ liegt vorn – bei Kilometer 40. Unwillkürlich der Blick zur elektronischen Uhr. Der Essener vom Triathlonclub 84 war verdammt flott unterwegs.
Fröhlich flatterten die Flaggen an den Masten entlang der Zielgerade, die Sonne schien, die Cheerleader probten für ihre Choreographie. Musik dudelt leise im Hintergrund. Die Ruhe vor dem Einlauf.
Plötzlich Applaus auf der Regatta-Tribüne hinter dem Rasenwall. Der erste Läufer war auf dem Weg. Und dann bog Matthias Graute auf die Zielgerade ein. Locker sah das aus wie er sprintete. Nach 42,195 km. Noch 50 Meter. Der 27-jährige Student ballte beide Fäuste. „Lauf durch!“, rief Gerd Zachäus, der Organisationschef vom Tusem aufgeregt. Dann zerreißt das Zielband. Die Uhr zeigt 2:20:57. Matthias Graute hatte überraschend den 49. Internationalen RWE-Marathon gewonnen. Und seine Bestzeit, die er im Vorjahr auf dem gleichen Kurs erreicht hatte, gleich um 15 Minuten verbessert. Damit ist er nicht nur Westdeutscher Meister geworden, sondern er zählt nun auch zum Spitze in der deutschen Rangliste.
Graute hatte sich völlig verausgabt. Er sah zwar noch relativ frisch aus, doch nach diesem beherzten Finish war ihm doch ein wenig flau im Magen geworden. „Es war ein optimales Rennen“, strahlte der junge Mann aber nur ein paar Minuten später. „Ich hatte nicht eine einzige schwierige Phase.“ Anders als vor zwei Wochen bei der Duathlon-WM, als er von Krämpfen geschüttelte wurde und sich über die Runden quälen musste. Und anders als der eigentlich Favorit Manuel Meyer (TV Wattenscheid), der in den drei Jahren zuvor jeweils Rang zwei belegt hatte. Mit Elias Sansar (LG Lage-Detmold) und einem Tempomacher hatte er sich auch diesmal entschlossen an die Spitze gesetzt. Aber Meyer bekam Probleme. An der ersten Verpflegungsstelle fand er seine Trinkflasche nicht und lief ohne Stärkung weiter. Und nach etwa der Hälfte des Rennens war für ihn Feierabend.
Elias Sansar schaffte es immerhin noch auf Platz zwei in 2:22:40. Als er Graute gratulierte, lobte er nicht nur die „Superleistung“ seines Kontrahenten, sondern musste einräumen: „Ich bin einfach viel zu schnell angegangen.“
Graute indes hatte vom Start weg die Sicherheit gesucht. Mit seinem Trainer, dem Streckenrekordler Werner Grommisch (1987 in 2:14:36), der ihm hinterher radelte, hatte sich der Athlet die Taktik zurechtgelegt, bis Kilometer 37 nach Plan zu laufen. Um erst danach noch einmal alles zu geben. „Doch ich hatte schon vorher schnellere Phasen“, erzählte Graute, der lange Zeit gemeinsam mit Daniel Schmidt (LG Remscheid/ 3. in 2:22:59) Bindeglied war zwischen Hauptfeld und Spitze.
Das Rennen entwickelte sich zum Zweikampf zwischen diesen beiden. Und der Essener räumte freimütig und fair ein, dass Schmidt sogar etwas mehr für ihn gearbeitet habe. Der Remscheider versuchte sich abzusetzen, doch Graute folgte, schloss die Lücke und übernahm die Führung. „Das hat mich noch einmal beflügelt.“ Erstmal hatte er sich speziell auf einen Marathon, seinen vierten insgesamt, vorbereitet, 16 Wochen lang rund 150 Kilometer abgespult. Es hat sich gelohnt für den jungen Mann, der ansonsten Duathlon und Triathlon bevorzugt.
Auch Organisator Zachäus war zufrieden, denn fünf Läufer blieben unter der 2:30-Stunden-Marke. „Besser als in Köln“, freute sich Zachäus, denn beim Veranstaltungs-Rivalen belegte Marc André Ocklenburg (Ayyo Team) eine Woche zuvor mit 2:32:04 als bester Europäer Rang 14.
Keine Konkurrenz hatte am Baldeneysee wie erwartet Silvia Krull (LG Lage Detmold). Die 33-Jährige musste sich schon an die Fersen der Männer hängen, um nicht einsam die Strecke abzuspulen. Sie gewann in 2:43:29 vor Dorothea Frey (Schwaikheim/2:47:45). Es war übrigens der vierte Sieg in Folge für sie in Essen. Auch ein Rekord.
Rund 1500 Teilnehmer zählte der Ausrichter Tusem beim 49.RWE-Marathon. Hinzu kamen rund 250 Staffeln á vier Läufern. Mit 2500 Startern liegt Essen damit bundesweit aktuell in den Top-Ten der größten (reinen) Marathonläufe. Nicht nur Matthias Graute holte sich den Westdeutschen Titel, sondern auch die Mannschaft des Tusem mit: Jens Bork (Rang 11. in 2:36:57), Alexander Ockl (13./ 2:39:09) und Stefan Losch (15./ 2:39:44).