Essen. Die Freude über den geglückten Aufstieg kannte bei Fans und Mannschaft von Rot-Weiß Essen keine Grenzen. Nach dem Sieg in Siegen trafen sie sich an der Hafenstraße und feierten eine rauschende Spontan-Party.
Die Rot-Weißen feierten. Sie lagen sich in den Armen, schunkelten und schmetterten so manches Liedchen. So ein Tag, so wunderschön wie heute. Gleich im ersten Jahr nach dem wirtschaftlich bedingten Zwangsabstieg kehrt der Traditionsklub von der Hafenstraße in die Regionalliga zurück. Nach dem 2:1-Sieg bei Sportfreunde Siegen (wir berichteten) war der Aufstieg perfekt. Fünf Spieltage vor dem Ende der NRW-Liga. Eine Klasseleistung, die kaum jemand diesen Jungspunden aus Essen zugetraut hat.
Gefeiert wurde natürlich schon im Siegener Leimbachstadion mit den Fans. Kurz nach dem Abpfiff war das Rasenviereck dort bevölkert mit freudetrunkenen Fußballanhängern, von denen einige sogar etwas theatralisch das satte Grün küsste. Es war der Auftakt einer (be-)rauschenden Nacht.
Die Post ging ab
Als der Essener Mannschaftsbus Freitagnacht gegen 24 Uhr an der Hafenstraße eintraf, warteten bereits 1500 Fans. Und dann ging die Post ab. Erst gegen fünf, sechs Uhr am Morgen löste sich die Fantraube in Wohlgefallen auf. „Es wurde schon langsam hell, als ich nach Hause bin“, erzählte der Vorsitzende Michael Welling später. Ihm war wohl gar nicht bewusst, welcher Symbolik er sich bediente. Die Rot-Weißen sehen nach dem düsteren Szenario vom Vorjahr allmählich wieder Licht.
Die roten Aufstiegshemden, die sich Spieler, Sportliche Leitung und Funktionäre direkt nach Spielschluss überstreiften, besaßen ebenfalls eine gewisse Metaphorik: „Auferstanden in Ruinen“ steht dort geschrieben. Worte, die sowohl auf den Zustand dieses Vereins (Insolvenzverfahren) hindeuten, als auch auf den Zustand des Georg-Melches-Stadions.
Zwei Tage hatte Trainer Waldemar Wrobel seiner Mannschaft frei gegeben. An diesem Montag wird aber wieder mit dem Ball gearbeitet. „Jetzt wollen wir auch Meister werden“, stellt Welling fest. Und schließlich hat RWE am kommenden Mittwoch noch einen wichtigen Termin. Um 19 Uhr steht das Halbfinale im Verbandspokal gegen den Niederrheinligisten Turu Düsseldorf auf dem Programm (Paul-Janes-Stadion). „Ein Spiel von elementarer Bedeutung für den Verein“, hatte der Trainer schon mehrmals betont. Denn der Sieger in diesem Wettbewerb wird bekanntlich in die Hauptrunde des DFB-Pokals einziehen. Eine attraktive Angelegenheit – sportlich und finanziell. Nun also gilt es, die Spannung wieder aufzubauen.
Durchmarsch kaum für möglich gehalten
Den Rot-Weißen mag diese Entwicklung wie ein Traum vorkommen. Aber der Führungsstab ist weit davon entfernt, auch nur annähernd in die Euphorie der Fans zu verfallen. So war es schon während der gesamten Saison. Während im Umfeld schon vor Wochen vom Aufstieg schwadroniert wurde, hielt Wrobel konsequent an Platz fünf als Saisonziel fest. „Ich habe mich nur daran gehalten, was realistisch war. Ich habe mich nur an den Fakten orientiert. Und da gab es bis zu einem gewissen Zeitpunkt überhaupt keinen Grund, vom Aufstieg zu reden.“
Zu genau kennt auch er die gewohnten Reflexe im Umfeld, die der Moment auslösen kann. „Ich habe die Kritiker zu Saisonbeginn nicht vergessen“, sagt Wrobel. „Als wir beispielsweise Meik Kuta verpflichtet haben, fragten viele: Was wollt ihr mit dem? Der hat doch nur in der Landesliga gespielt. Es gab auch nicht wenige, die nach den Niederlagen in der Vorbereitung gegen Erkenschwick oder gegen die Auf-Asche-Elf glaubten, wir würden in der Liga durchgereicht.“ An einen Durchmarsch wagten zu jenem Zeitpunkt wirklich nur die Träumer zu glauben.