Essen. .

Die Essener Sportvereine profitieren kaum von den großen Konzernen in der Stadt. RWE hofft auf einen Wandel und setzt auf den Faktor Emotion. Dass etwa Evonik Bundesligist Borussia Dortmund unterstützt, enttäuscht die Fans an der Hafenstraße.

Der überdimensionale Scheck, den Sparkassen-Vorstand Hans Martz jüngst beim Neujahrsempfang des Essener Sports in der Messe Essen entgegen nahm, war nicht für den Bankschalter ausgestellt, sondern für die Fotografen. Über 3835 Euro durfte sich Martz in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Vereins zur Förderung des Leistungssports dort oben auf der Bühne freuen - erzielt aus dem Losverkauf beim Ball des Sports. 350 Gäste spendeten Applaus. Eine nette Geste, und doch war der Tombola-Erlös nicht viel mehr als ein sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein angesichts von 100 000 Euro an Spenden, die der Verein einsammelt und sich dabei von Jahr zu Jahr schwerer tut.

Mit Werbeplakaten wie diesen setzt Rot-Weiss Essen auf Emotionen.
Mit Werbeplakaten wie diesen setzt Rot-Weiss Essen auf Emotionen. © WAZ

Sport und Sponsoren - in Essen, der selbsternannten Sportstadt, scheint dies ein besonders mühsames Geschäft zu sein. Das mag daran liegen, dass Essener Sportler Spitzenleistungen vor allem in jenen Disziplinen erbringen, die es allenfalls bei Olympia, bei Welt- und Europameisterschaften in den Fokus der breiten Öffentlichkeit schaffen: im Schwimmen, im Kanusport oder beim Rhönradfahren zum Beispiel. In populäreren Sportarten wie Fußball, Handball oder Eishockey kämpfen selbst Traditionsvereine ums Überleben, siehe Tusem, Moskitos oder Rot-Weiss Essen.

Ja, ohne die finanzielle Unterstützung der städtischen Tochtergesellschaften wären die Lichter wohl nicht nur an der Hafenstraße längst ausgegangen; auch dies führte der Neujahrsempfang der sportinteressierten Öffentlichkeit vor Augen. Der Dank galt der Sparkasse, den Stadtwerken, den Entsorgungsbetrieben und ihren Schwestergesellschaften aus dem großen Konzern Stadt, was das finanzielle Engagement der vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen nicht schmälern sollte, aber dennoch alles sagt.

Workshops zum Thema „Sportevents und Metropolstrategien“

Sportjahrbuch 2010

Präsentation des Sportjahrbuchs 2010.
Präsentation des Sportjahrbuchs 2010. © WAZ FotoPool
Hans Martz und Rudi Jelinek präsentieren das Sportbuch zusammen mit Gästen.
Hans Martz und Rudi Jelinek präsentieren das Sportbuch zusammen mit Gästen. © WAZ FotoPool
Hans Martz.
Hans Martz. © WAZ FotoPool
Dr. Michael Welling (RW Essen).
Dr. Michael Welling (RW Essen). © WAZ FotoPool
Christian Hülsmann beim Tischtennismatch gegen Wang Zhi.
Christian Hülsmann beim Tischtennismatch gegen Wang Zhi. © WAZ FotoPool
Christian Hülsmann beim Tischtennismatch gegen Wang Zhi.
Christian Hülsmann beim Tischtennismatch gegen Wang Zhi. © WAZ FotoPool
Willi Frohn (TuS Holsterhausen).
Willi Frohn (TuS Holsterhausen). © WAZ FotoPool
Shi Qi (TuS Holsterhausen).
Shi Qi (TuS Holsterhausen). © WAZ FotoPool
Hans Martz, Caroline Ruhnau (Schwimmerin), Hendrik Feldwehr (Schwimmer), Daniel Wisgott (Ruderer), Anna Kowald (Kanu), Theresa Klein (Kanu), Jonas Ems (Kanu), Björn Schüngel (Moderator).
Hans Martz, Caroline Ruhnau (Schwimmerin), Hendrik Feldwehr (Schwimmer), Daniel Wisgott (Ruderer), Anna Kowald (Kanu), Theresa Klein (Kanu), Jonas Ems (Kanu), Björn Schüngel (Moderator). © WAZ FotoPool
Hans Martz, Caroline Ruhnau (Schwimmerin), Hendrik Feldwehr (Schwimmer), Daniel Wisgott (Ruderer), Anna Kowald (Kanu), Theresa Klein (Kanu), Jonas Ems (Kanu), Björn Schüngel (Moderator).
Hans Martz, Caroline Ruhnau (Schwimmerin), Hendrik Feldwehr (Schwimmer), Daniel Wisgott (Ruderer), Anna Kowald (Kanu), Theresa Klein (Kanu), Jonas Ems (Kanu), Björn Schüngel (Moderator). © WAZ FotoPool
Die Gruppe Speedos sorgte für Unterhaltung.
Die Gruppe Speedos sorgte für Unterhaltung. © WAZ FotoPool
Hans Martz und Rudi Jelinek präsentieren das Sportbuch zusammen mit Gästen.
Hans Martz und Rudi Jelinek präsentieren das Sportbuch zusammen mit Gästen. © WAZ FotoPool
Rhönrad-Turnerin Mareike Jochem.
Rhönrad-Turnerin Mareike Jochem. © WAZ FotoPool
Rhönrad-Turnerin Mareike Jochem.
Rhönrad-Turnerin Mareike Jochem. © WAZ FotoPool
Rhönrad-Turnerin Mareike Jochem.
Rhönrad-Turnerin Mareike Jochem. © WAZ FotoPool
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Dr. Michael Welling (RWE).
Dr. Michael Welling (RWE). © WAZ FotoPool
Rhönrad-Turnerin Mareike Jochem.
Rhönrad-Turnerin Mareike Jochem. © WAZ FotoPool
Christian Hülsmann (Oberstadtdirektor AT- am Telefon).
Christian Hülsmann (Oberstadtdirektor AT- am Telefon). © WAZ FotoPool
Hans Martz.
Hans Martz. © WAZ FotoPool
Dieter Remy (Allbau), Jens Wachowitz (ehem. TUSEM Prokurist).
Dieter Remy (Allbau), Jens Wachowitz (ehem. TUSEM Prokurist). © WAZ FotoPool
Willi Wißing (SGS), Toni Pointinger (ETB), Dr. Michael Welling (RWE).
Willi Wißing (SGS), Toni Pointinger (ETB), Dr. Michael Welling (RWE). © WAZ FotoPool
Karl-Heinz Weißenfels, Dr. Michael Welling (RW Essen).
Karl-Heinz Weißenfels, Dr. Michael Welling (RW Essen). © WAZ FotoPool
Willi Wißing (SGS), Toni Pointinger (ETB), Dr. Michael Welling (RWE).
Willi Wißing (SGS), Toni Pointinger (ETB), Dr. Michael Welling (RWE). © WAZ FotoPool
Horst Stubbe, Ruderer Daniel Wisgott, Hans Martz.
Horst Stubbe, Ruderer Daniel Wisgott, Hans Martz. © WAZ FotoPool
Erwin Remplewski, Klaus Fleiß (Ex-WAZ Redakteuer).
Erwin Remplewski, Klaus Fleiß (Ex-WAZ Redakteuer). © WAZ FotoPool
Ruderer Daniel Wisgott, Hans Martz (Sparkasse).
Ruderer Daniel Wisgott, Hans Martz (Sparkasse). © WAZ FotoPool
Norbert Müller (TuS Holsterhausen), Willi Wißing (SGS).
Norbert Müller (TuS Holsterhausen), Willi Wißing (SGS). © WAZ FotoPool
Die Gruppe Speedos sorgte für Unterhaltung.
Die Gruppe Speedos sorgte für Unterhaltung. © WAZ FotoPool
Die Gruppe Speedos sorgte für Unterhaltung.
Die Gruppe Speedos sorgte für Unterhaltung. © WAZ FotoPool
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Horst Melzer, Christian Keller.
Horst Melzer, Christian Keller. © WAZ FotoPool
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Mit 1,5 Millionen Euro pro Jahr fördert allein die Sparkasse den Sport in Essen, wobei sich das Geldinstitut aufgrund seines öffentlichen Auftrages naturgemäß leichter tut, Zahlen preiszugeben. Andere sind da weniger auskunftsfreudig. Auch weil man keine „Neiddebatte“ entfachen möchte, wie es heißt.

Sehnsüchtig schauen Interessenvertreter und Vereinsvorstände deshalb in Richtung der großen Konzerntürme. „Was wäre doch alles möglich“, dachte sich Espo-Geschäftsführer Wolfgang Rohrberg als sein Blick während eines Workshops zum Thema „Sportevents und Metropolstrategien beim Regionalverband Ruhr (RVR) an den Bürotürmen in der Innenstadt heften blieb. Bundesweit stehe das Ruhrgebiet bei Sportgroßveranstaltungen an der Tabellenspitze, bekam Rohrberg da wissenschaftlich untermauert dargelegt, und dies im Bewusstsein, dass es im Tabellenkeller doch ziemlich düster aussieht, wenn es vor Ort um die Vermarktung geht. Rohrberg erinnert sich noch gut, wie die Stadt sich bemühte, die Namensrechte für die schmucke Sportanlage Am Hallo an einen Sponsor zu vergeben. „Interesse? Null! Obwohl gleich drei Bundesligavereine ihre Spiele Am Hallo austrugen.“ Eine Erfahrung, die die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung angesichts einer Investition von 30 Millionen Euro in ein neues Stadion an der Hafenstraße nicht in Euphorie versetzen dürfte.

E.ON Ruhrgas engagiert sich lieber im Kultursponsoring. Foto: Kerstin Kokoska
E.ON Ruhrgas engagiert sich lieber im Kultursponsoring. Foto: Kerstin Kokoska © WAZ FotoPool

Wie aber macht sich eine Sportart, wie ein Verein für zahlungskräftige Geldgeber interessant? Für den NRW-Ligisten Rot-Weiß Essen ist es eine Überlebensfrage, will der Club nicht auf immer und ewig in den Niederrungen der Amateurligen verschwinden, weiß Michael Welling. Der Vorstandschef von RWE kennt sich um Marketing-Geschäft, war selbst bei einer Sportagentur tätig, bevor er an der Hafenstraße anheuerte. Als dort vor Saisonbeginn der aktuelle Tabellenführer der Fußballbundesliga, Borussia Dortmund, zu einem Freundschaftsspiel auflief mit dem Schriftzug „Evonik“ auf den Trikots, zeigten sich RWE-Fans empört: „Warum sind die nicht bei uns auf der Brust?“

„Unsere Hauptzielgruppe sind die Fans“

Dass der Essener Konzern in Sachen Werbung „fremd geht“, überrascht Welling nicht. „Ein Sponsor stelle sich die Frage, wie er seine Ziele am besten erreichen kann.“ Evonik will sich als kreatives, innovatives Unternehmen darstellen und hat in der jungen, erfrischend aufspielenden Dortmunder Mannschaft den perfekten Botschafter gefunden. Ein Glücksfall, wie Markus Langer, bei Evonik verantwortlich für Marketing und PR, einräumt. Es gehe um Leistung und Gegenleistung, sagt Welling. Nur die Hand aufhalten und ein paar Transparente aufhängen, das sei nicht genug. Eine Erkenntnis, die längst noch nicht bis zu jedem Verein durchgedrungen sei, wie es aus dem Kreise der städtischen Tochtergesellschaften mit hörbarem Bedauern heißt.

Auch bei Rot-Weiss Essen hatte sich Evonik engagiert. „Leider war das Engagement wenig erfolgreich“, bedauert Langer und nennt die sportliche Talfahrt sowie Querelen in der Vereinsführung als Ursachen. Dass der Konzern den Traditionsverein noch einmal unterstützten könnte, schließt Langer aus, das gelte auch für das Stadionprojekt. „Wir konzentrieren uns auf Leuchtturmprojekte“, so Langer.

Übersetzt heißt das: RWE ist ein zu kleines Licht. Welling will sich davon aber nicht entmutigen lassen. Aktuell bastelt er an einem neuen Marketingauftritt, mit viel Selbstironie will er zeigen, was RWE so einzigartig macht: Leidenschaft, Leidensfähigkeit. „Unsere Hauptzielgruppe sind die Fans“, betont Welling und zeigt sich optimistisch, darüber den Zugang in die Zentralen zu finden: „Ohne Fans keine Sponsoren.“

Dass es um mehr geht als um Fußball, vor allem für die Jugend, ist die zweite Seite einer Medaille. Mit dem RWE-Konzern, langjähriger Sponsor der Nachwuchsarbeit von Rot-Weiss, weiß der Verein zumindest eines der großen Essener Unternehmen an seiner Seite. Und die anderen? Thyssen-Krupp unterstützt die olympischen Ruderer und aus Tradition den Breitensport beim Etuf. Profivereine, und als solchen stuft Thyssen-Krupp auch RWE ein, bekommen nichts. Und Eon-Ruhrgas unterstützt lieber die schönen Künste und setzt beim Sport allein auf Biathlon. Schade eigentlich, dass es in Essen so selten schneit.