Essen.

Rot-Weiß Essen lebt – und wie! Keine zehn Monate nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, nach dem bitteren Zwangsabstieg in die 5.Liga und der wohl tiefsten Depression, die dieser Traditionsklub in seiner mehr als 100-jährigen Historie durchlebt hat, haben sie an der Hafenstraße wieder Hoffnung und eine sehr gute Perspektive.

In der NRW-Liga befindet sich RWE auf einem dauerhaften Höhenflug. Die jungen Himmelsstürmer von der Hafenstraße sind Spitzenreiter und vieles spricht dafür, dass sie in der kommenden Saison wieder in der Regionalliga spielen werden. Dazu braucht es wahrlich keinen kühnen Optimismus.

Der Erfolg auf dem Rasen ist ein Segen und zur rechten Zeit zurückgekehrt. Er hat die vielen Wunde versorgt und das Umfeld, die Fans, Sponsoren sowie die Politik bei Laune gehalten, weil erstmals seit vielen Jahren niemand große Erwartungen hegte, geschweige denn Ansprüche stellte.

Rot-Weiß war froh, den Finanzcrash überlebt zu haben. Der Erfolg hat die Euphorie entfacht. Gepaart mit dem ungeheueren Zuspruch der Fans hat sie entscheidend dazu beigetragen, dass dieser Verein (wohl) weiterleben und sogar ein neues Stadion bekommen wird. Und er hat die Arbeit hinter den Kulissen maßgeblich erleichtert. Denn eines darf man nicht vergessen: RWE steckt noch immer im Insolvenzplanverfahren. „Und das positiv abzuschließen, ist noch viel wichtiger für den Verein als der sportliche Erfolg. Der nutzt uns nämlich gar nichts, wenn wir im Insolvenzverfahren scheitern“, sagt Vorsitzender Dr. Michael Welling.

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Hinter den Kulissen wird deshalb seit Monaten mindestens ebenso geackert wie auf dem Rasen. Die Verhandlungen mit den Gläubigern gehen aber voran. „Es hat einige Verzögerungen gegeben“, sagt Holger Voskuhl, der Sprecher des Insolvenzverwalters Frank Kebekus. Vor allem die Verhandlungen mit Michael Kölmel gestalten sich offenbar schwierig. Die Grundstücksverwaltung Essen (GVE) hat zwar im Vorjahr die Verträge mit dem ehemaligen Gönner für einen Millionen-Betrag ausgelöst, doch noch besitzt Kölmel 15 Prozent an den audio-visuellen Vermarktungsrechten. Das Ziel sei es, so Kebekus auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung im November , diese Rechte wieder komplett an den Verein zurückzuführen.

Auf die Ausbildungsvergütung, die RWE aus dem Transfer von Nationalspieler Mesut Özil von Werder Bremen zu Real Madrid zusteht, wartet Kebekus ebenfalls noch. Das Geld (bis zu 300 000 Euro) soll in die Insolvenzmasse fließen und die Quote für die Gläubiger anheben.

Ende März, so das Zeitfenster, soll der Plan den Gläubigern vorgelegt werden, die dann darüber entscheiden. „Wir haben die Chance, am 1.Juli dieses Jahres komplett bei Null anfangen“, sagt Welling. Ganz ohne Schulden, aber auch gänzlich ohne Vermögen. „Eine Riesenchance“, sagt auch Frank Kebekus.

Natürlich planen die Rot-Weißen für die kommende Spielzeit. Bis 15. März musste die Lizenz im technisch-organisatorischen Bereich eingereicht werden. Bis zum 1. April (Regionalliga) bzw. 15. April (NRW-Liga) müssen die jeweiligen Wirtschaftspläne für die kommende Spielzeit folgen. In der laufenden Saison hatte RWE einen Gesamtetat (inklusive 2. Mannschaft, Jugendabteilung, Verwaltung usw.) von knapp über zwei Millionen Euro veranschlagt. Das klingt viel für einen Klub, der im Insolvenzverfahren steckt. „Wir haben sehr konservativ, wirtschaftlich extrem vorsichtig geplant“, sagt allerdings Michael Welling. Keine finanziellen Klimmzüge, kein Risiko, dafür hat der Insolvenzverwalter gesorgt, ohne dessen Zustimmung nichts läuft in diesen Monaten.

Bei der Zuschauerzahl habe man nur 2500 kalkuliert. Der Überschuss wird den Gläubigern zugute kommen. „Und selbst bei den Siegprämien haben wir den schlimmsten Fall, als den größten Erfolg zugrunde gelegt.“ Der unverrückbare Grundsatz lautet: Nicht mehr ausgeben, als man im Portemonnaie hat.

Die Zeiten, dass man bei RWE richtig satt verdienen kann, dass es sich vor allem finanziell lohnt, bei diesem Verein zu spielen, seien vorbei. Und bei einem Aufstieg müsse das Team nicht automatisch teurer werden, sagt Welling. „Natürlich wollen wir erfolgreich sein. Wer das nicht will, hat bei uns nichts zu suchen. Aber wir werden, falls wir aufsteigen, erneut mit einer sehr, sehr jungen Mannschaft spielen. Natürlich kann nur der Klassenerhalt das Ziel sein.“

Klar ist auch, dass RWE weite mit Trainer Wrobel zusammen arbeiten wird. „Er hat eine Auge für Talente. Und in dieser Saison hat sich die Mannschaft sehr gut entwickelt“, argumentiert Welling. Bis mindestens 2013 soll Wrobel bleiben. „Wir wollen gemeinsam die Fans im neuen Stadion begrüßen.