Essen / Bochum. Wie gehen die Amateurfußballer im Ruhrgebiet mit verbotenen Wetten auf ihre Spiele um? Nachfrage bei SW Essen, der SpVg Schonnebeck und dem VfL Bochum II.
- Wetten auf Spiele im Amateurfußball sind in Deutschland verboten, aber möglich. Online-Wettanbieter im Ausland haben regelmäßig Spiele der unteren Ligen im Angebot – auch im Ruhrgebiet.
- Vielen betroffenen Vereinen wurde dieses Problem erst durch die Berichterstattung der letzten Wochen richtig bewusst. Die Daten werden anonym von Zuschauern auf den Sportplätzen übertragen.
- So sind aktuell die Vereine selbst die Einzigen, die das unterbinden können. Die ETB SW Essen, die SpVg Schonnebeck und der VfL Bochum II wollen jetzt Gegenmaßnahmen einläuten.
Den Sport gefährdend, in Deutschland verboten, aber doch gängig: Wetten auf Amateurfußballspiele. Der investigative Bericht eines Journalistenteams vom BR und NDR, wie dieses System funktioniert, wie häufig Wettmöglichkeiten online auftauchen und wer davon zu profitieren scheint, machte kürzlich Schlagzeilen.
Weitere Recherchen dieser Redaktion ergaben: Auch Fußballspiele der Amateure im Ruhrgebiet sind fast wöchentlich davon betroffen. Diverse Portale im Ausland umgehen deutsches Recht, und bieten regelmäßig insbesondere Wetten auf Oberligaspiele am Niederrhein und in Westfalen an.
Illegale Sportwetten: Vielen Vereine war das Thema nicht bewusst
Doch wie stehen die Vereine selbst dem Thema gegenüber? In Gesprächen mit Verantwortlichen des ETB Schwarz-Weiß Essen, der SpVg Schonnebeck und der U21 des VfL Bochum – alles Mannschaften, von denen einige Spiele in den letzten Wochen wettbar waren – fällt eine Gemeinsamkeit auf: Richtig bewusst war es ihnen bisher erstmal nicht.
„Wir haben erst vor Kurzem durch die Presse erfahren, dass auf Spiele von uns illegal gewettet werden konnte. Wir sind generell entsetzt darüber, und dass auch Spiele vom ETB dazu missbraucht wurden, gefällt uns natürlich gar nicht“, sagt Axel Schulten, Pressesprecher vom ETB.
VfL Bochum: „Thema spielt keine übergeordnete Rolle“
Ähnlich klingt das auch in Bochum. „Der VfL Bochum engagiert sich in vielfältiger Weise gesellschaftlich, wir sind ständig bestrebt, besser zu werden – in jeder Hinsicht. Das Thema ‚Wetten im Amateurfußball‘ ist uns grundsätzlich bekannt. In der täglichen Arbeit spielt dies aber keine übergeordnete Rolle“, äußert sich Luis Jujol vom PR-Team stellvertretend für den Verein.
Bei der SpVg Essen-Schonnebeck wurde der sportliche Leiter Christian Leben – zunächst – auf Anfrage der WAZ-Lokalsportredaktion sogar deutlicher: „Uns war das bis dato nicht bekannt, können es aber leider auch in Zukunft wohl nur kaum verhindern.“ Ihm missfiele auch, dass Verein und Spieler durch die Berichterstattung gefühlt in Verdacht gerieten, Spiele zu manipulieren.
Tatsächlich sind solche Verdachtsmomente der Hauptgrund für das hiesige Wettverbot auf Amateursport. Spieler, die nichts oder wenig mit dem Sport verdienen, könnten anfälliger für finanzielle Angebote aus dubiosen Kreisen sein, um Spiele oder einzelne Situationen zu manipulieren. Aktuell wird deutschlandweit in 17 Fällen ermittelt.
„Wir können aber kein flächendeckendes Problem an vermeintlichen Manipulationen im Amateurfußball erkennen, und zweitens liegt es nicht in unserer Verantwortung, dass Wettanbieter, die ironischerweise unzählige Millionen in Profi-Clubs investieren, auch Wetten auf Spiele im Amateurbereich anbieten“, so Christian Leben weiter.
Präventionsarbeit gegen verbotene Wetten bleibt an „den Kleinen“ hängen
Mit letzterer Aussage hat er Recht. Formell. Die Machenschaften mit Wetten auf Amateurfußballspiele konsequent und systematisch zu unterbinden, würde in der Hand von Politik, Strafverfolgungsbehörden oder auch den Verbänden liegen. Immerhin stellt der DFB einen Mustervertrag für Vertragsspieler zur Verfügung, der eine Klausel beinhaltet, die Spielern Sportwetten, ob selbst oder durch Dritte, untersagt; ebenso die Weitergabe von für den Ausgang relevanten Informationen.
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In der Praxis bleibt im Moment aber alles an den kleinen Amateurvereinen hängen. Denn: Die Daten, die für die Wetten benötigt werden, übermitteln zumeist anonyme Scouts per Smartphone, die auf den Plätzen zugegen sind. Die Vereine müssten also in jedem Verdachtsfall, oder wenn sie bereits davon Kenntnis haben, dass ihr Spiel an diesem Tag auf einem Wettportal angeboten wird, Mitarbeiter losschicken, diese Aktivitäten ausfindig machen und untersagen. Für Amateure und Ehrenamtler eine natürlich umso belastendere Zusatzarbeit.
Lautsprecherdurchsagen und Schulungen – Vereine wollen gegen Wetten vorgehen
Durch die Vorkommnisse der letzten Wochen scheinen einige Verantwortliche aber mehr Motivation gefunden zu haben, um Gegenmaßnahmen einzuleiten. „Wir müssen die Details dazu in einer der nächsten Vorstandssitzungen noch besprechen“, kündigt Axel Schulten für Schwarz-Weiß Essen an. „Wir alle beim ETB werden aber bei den Spielen darauf achten, ob wir verdächtige Personen ausmachen können. Zusätzlich werden wir durch Lautsprecherdurchsagen alle Zuschauer am Uhlenkrug darum bitten, uns bei dem Vorhaben zu helfen.“
Beim VfL solle derweil eine nächste Schulung zum Thema „Wettspielmanipulation“ für die Mannschaften der U16 bis U21 noch in diesem Jahr durchgeführt werden. Und auch in Schonnebeck scheint ein Aha-Effekt eingetreten zu sein, nachdem beim Auswärtsspiel in Hilden am 12. September zwei Männer, die mutmaßlich Daten für Wetten übermittelt haben, des Platzes verwiesen wurden.
Kurz danach entdeckten die Schonnebecker beim Heimspiel gegen Biemenhorst einen Scout im eigenen Stadion, und erteilten ihm Hausverbot. „Wir sind sensibilisiert für das Thema, und werden sehen, was wir bei unseren Spielen zukünftig weiterhin dagegen machen können“, sagt Christian Leben auf neuerliche Nachfrage. Er könne sich vorstellen, mit Helfern des jeweiligen Gegners zu kooperieren und gemeinsam „auf Patrouille“ an den Plätzen zu gehen.
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