Essen. Nach 2014 und 2020 möchten die Esserinnen zum dritten Mal ins DFB-Pokalfinale einziehen, das am 9. Mai in Berlin stattfindet.

Einen Sieg ist die SGS Essen von ihrem großen Traum entfernt. Beim DFB-Pokalfinale am 9. Mai in Köln wären die Bundesliga-Fußballerinnen nur zu gerne dabei. Es wäre die dritte Teilnahme nach 2014 und 2020. Allein der scheinbar übermächtige VfL Wolfsburg, gegen den die SGS zuletzt vor 14 Jahren gewinnen konnte, hat etwas dagegen und möchte an diesem Samstag (13 Uhr) selbst ins Endspiel einziehen. Ansonsten ist den erfolgsverwöhnten Niedersächsinnen eine titellose Saison sicher. Als krasser Außenseiter reist die SGS an. Aber die Essenerinnen glauben an ihre Chance auf die Sensation. Und das aus gutem Grund, denn ein paar Mutmacher gibt es vor dem ungleichen Duell durchaus.

Die defensive Stabilität: Es ist nicht leicht, gegen die SGS Tore zu schießen. Acht Mal schon spielte Torfrau Sophia Winkler in dieser Saison zu Null und kassierte bisher erst 14 Gegentore. Merle Frohms im VfL-Kasten musste schon zwei Mal häufiger hinter sich greifen, hat aber auch eine Partie mehr absolviert. Vor Winkler haben die Essenerinnen in Jacqueline Meißner und Laura Pucks ein Duo in der Innenverteidigung, das sich in Schnelligkeit und Kopfballstärke ergänzt. Dazu kommen auf den Außen die erfahrene wie zweikampfstarke Lena Ostermeier und die mit einem starken Offensivdrang ausgestattete Beke Sterner. Vor der Abwehr hat die SGS in Annalena Rieke und Katharina Piljic zwei robuste Abräumerinnen. Da muss auch der VfL erst einmal eine Lücke finden.

Auf dem Absprung: Lena Oberdorf (rechts)  wechselt nach der Saison von Wolfsburg zum FC Bayern.
Auf dem Absprung: Lena Oberdorf (rechts) wechselt nach der Saison von Wolfsburg zum FC Bayern. © imago/foto2press | IMAGO/Oliver Baumgart

Das Momentum: Während die SGS mit dem bisherigen Saisonverlauf und der eigenen Entwicklung absolut zufrieden ist, kann davon spätestens nach dem vergangenen Wochenende bei den Gastgeberinnen keine Rede mehr sein. Erstmals seit 2012 verpasste der VfL gleich zum Start die Qualifikation für die Gruppenphase der Champions League. Das 0:4 zuletzt im Heimspiel gegen den FC Bayern kommt einem Debakel gleich. Die Meisterschaft ist futsch, es droht eine titellose Saison. Dazu müssen sie Nationalspielerin Lena Oberdorf im Sommer ausgerechnet zum Rivalen in den Süden ziehen lassen. Der FCB spricht bereits von einer Wachablösung in der nationalen Spitze. Die Vorbereitung der SGS auf das Pokalduell dürfte weniger von Störgeräuschen beeinflusst werden. Wolfsburg kann am Samstag viel verlieren, Schönebeck eigentlich nur gewinnen.

Bei Wolfsburg könnten drei Nationalspielerinnen ausfallen

Die Personalsorgen: In 17 Liga-Spielen gibt es bei der SGS nur 14 Spielerinnen, die Trainer Markus Högner bisher in seine Startelf berief. Veränderungen gab es lediglich auf drei Positionen. Und sie waren auch gar nicht notwendig: Die Leistung stimmte und die Essenerinnen kommen ohne größere Verletzungen ihrer Stammspielerinnen durch die Saison. Anders sieht es in Niedersachsen aus. Gleich drei Nationalspielerinnen könnten am Samstag ausfallen. Bei Abwehrchefin Marina Hegering gilt das aufgrund eines Muskelfaserrisses als sicher. Aber auch ein Einsatz von Lena Lattwein und Alexandra Popp scheint wegen Knieverletzungen fraglich. Im Kader von Bundestrainer Horst Hrubesch fehlt das Trio für die nachfolgengen Partien in der EM-Qualifikation jedenfalls.

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Das letzte Duell: Zwar gewann der VfL in Essen zu Jahresbeginn mit 3:1, doch für die Essenerinnen war mehr drin. Wolfsburg kam in der ersten Stunde kaum zu einer Torchance. Nach dem Seitenwechsel erzielte Lilli Purtscheller nach einem blitzsauberen Konter sogar die SGS-Führung. Und dann steuerte Laureta Elmazi plötzlich alleine auf das Wolfsburger Tor zu. Doch ein Abseitspfiff machte die Großchance zunichte. Besonders bitter: Es war eine Fehlentscheidung. Wolfsburg glich aus und drehte die Begegnung letztlich dank eines Traumtores von Marina Hegering, die aus 30 Metern in den Winkel traf. Dieser Treffer war für die SGS nicht zu verteidigen. Einen erneuten Kunstschuss der früheren Essenerin wird es am Samstag verletzungsbedingt nicht geben.

Högner gehörte von 2017 bis 2019 zum Trainerstab in Wolfsburg

Markus Högner: Der 56-Jährige gehört zu den dienstältesten Trainern der Eliteliga, kennt das Geschäft und speziell den VfL genau. Von 2017 bis 2019 gehörte er dort selbst zum Trainerstab und war für die Videoanalysen zuständig. Auch in Essen werden die Gegner genau studiert, um daraus einen zugeschnittenen Matchplan zu entwickeln. Und da zeigte sich Högner zuletzt kreativ und überraschte die Gegner mit seiner Variabilität: Bayern München brachte er in der Liga durch ein extrem hohes Anlaufen mit einer defensiven Dreierkette zumindest in Verlegenheit, im Pokal-Viertelfinale beraubte Högner Leverkusen mit einer Überzahl im Zentrum der eigenen Stärke und coachte die SGS zum Sieg. Wer den Fußballlehrer kennt, der weiß, dass er längst schon an einer passenden Taktik für Samstag tüftelt.