Essen. Der Essener Kanute Max Rendschmidt gewinnt mit Ronald Rauhe, Tom Liebscher und Max Lemke im 500 Meter-Viererkajak in Tokio die Goldmedaille.

Er hat es wieder geschafft! Max Rendschmidt hat wieder Olympia-Gold gewonnen! Mit Ronald Rauhe (Potsdam), Tom Liebscher (Dresden) und Max Lemke (Potsdam) ist er auf dem Sea Forest Waterway von Tokio Olympiasieger geworden.

Bei Olympischen Spielen ganz oben auf dem Treppchen zu stehen, ist nur ganz wenigen Sportlern vergönnt. So einen herausragenden Erfolg sogar zu wiederholen, noch weniger Athleten. Einer, der dies geschafft hat, ist seit Samstagnacht Max Rendschmidt von der KG Essen. Nach Olympia-Gold in Rio 2016 im 1000 Meter-Zweier und 1000 Meter-Vierer stand er nun in Tokio im 500 Meter-Vierer wieder oben auf dem Olymp – gemeinsam mit Ronald Rauhe (Potsdam), Tom Liebscher (Dresden) und Max Lemke (Potsdam).

Direkt im Ziel reckte Max Rendschmidt als Schlagmann des „Deutschlandvierers“ drei gestreckte Finger in den japanischen Himmel. „Seht her, es ist das dritte Gold“, schien er sagen zu wollen. Dann folgte, trotz aller sichtbaren Erschöpfung ein Kunststück, das seit Jahren nach siegreichen Fahrten bei Großereignissen zum Markenzeichen von Max geworden ist. Blitzschnell drehte er sich sitzend in seiner Bootsluke um, um der eigenen Hintermannschaft von Angesicht zu Angesicht zuzujubeln; den hinter ihm sitzenden Ronny Rauhe sogar zu umarmen.

Tolle Szenen und viele Emotionen dann am Steg. Alle Trainer und Betreuer sowie Sportler waren mit National-Fahnen dorthin gelaufen, um dem Gold-Quartett einen gebührenden Empfang zu bereiten. Da flossen nicht nur wenige Tränen! Mehr als emotional dann natürlich die Siegerehrung. Coronabedingt hängten sich die Vier gegenseitig die Goldmedaillen um – eine bei diesen Olympischen Spielen erstmals so erforderlich Aktion und letztendlich eine großartige gegenseitige Wertschätzung der Leistung.

Arm in Arm standen die Vier auf dem Podest

Arm in Arm standen die vier Recken dann bei der deutschen Nationalhymne oben auf dem Podest, das schwere Atmen unten den Masken bei diesem ganz besonderen Moment deutlich zu sehen.„Ja, ein geiles Rennen war es. Wir sind total glücklich und laufen gerade von Pressetermin zu Pressetermin. Es ist einfach so schön“, gab Max Rendschmidt telefonisch nur wenig später nach Essen durch, sich dabei für die vielen Glückwünsche aus der Heimat und für alle die Unterstützung in der zurückliegenden Zeit bedankend.

Was war es für ein letztes olympische Finale der Rennkanuten, bei dem es wie erwartet tatsächlich zu einer Neuauflage des Dauerduells der letzten Jahre zwischen Deutschland und Spanien kommen sollte. Beide Flaggschiffe hatten nur zwei Stunden zuvor in den Halbfinals ihre Ambitionen auf eine Medaille, ja auf Gold untermauert. Und lagen im Endlauf dann auch direkt nebeneinander – mehr Spannung ging kaum.

In der Hitze kühlen Kopf bewahrt

Neben der physischen Leistungsstärke ging es hier bei aller Hitze auch darum, kühlen Kopf zu bewahren, um das eigene Rennen zu fahren. Der Start gelang beiden Booten gut, dann leichte Vorteile für die Spanier, die bis zur Hälfte der Strecke gut zwei Meter vorne lagen. Dann, wenig später der Angriff des deutschen Bootes. Zentimeter um Zentimeter schoben sich Rendschmidt & Co. heran.

Kaum zum Aushalten für die Fans in Essen und die Familie von Max bei Bonn an den Fernsehern. „Zieh Max, zieh“ sollte der 25-Jährige eigentlich bis Tokio gehört haben, ebenso wie dann die erlösenden Jubelschreie. Sie hatten es geschafft und waren kurz vor dem Ziel an Spanien vorbeigezogen mit einem wieder einmal unnachahmlichen Endspurt. Aufgegangen war in diesem Moment die Taktik, die die Vier mit ihren Bundestrainern immer und immer wieder durchgegangen waren.

Auf dem Kommando „hepp“ ging es ab

„Einfahren werden wir uns wie immer im Einer. Und dann geht kurz danach im Vierer auch schon das Rennen ab. Nach einer Frequenz von rund 160 Paddelschlägen (in der Minute) am Start gehen wir dann so auf 120 runter, um am Ende noch einmal hochzuziehen, was geht. Und nach rund 1.20 Minuten wissen wir dann mehr“, hatte Max Rendschmidt im Vorfeld erklärt.

Ja, es ist Gold: (von links) Max Rendschmidt, Ronald Rauhe, Tom Liebscher und Max Lemke sind zu Recht stolz.
Ja, es ist Gold: (von links) Max Rendschmidt, Ronald Rauhe, Tom Liebscher und Max Lemke sind zu Recht stolz. © dpa | foto: Jan Woitas

Nun wusste er nach genau 1.22,219 Minuten: es war Gold, es war der Olympiasieg! Die Spanier hatten alles versucht, ihren Vorsprung ins Ziel zu bringen, aber gegen den Endspurt des deutschen Bootes konnten auch sie nichts ausrichten und lagen im Ziel knapp mit 2/10 Sekunden zurück. Im deutschen Boot war dabei das Kommando „hepp“ wie abgesprochen von Ronald Rauhe gekommen, dem 39-jährigen Potsdamer, der sich so bei seinen sechsten Olympischen Spielen und dem ersten Olympiasieg 2004 einen goldenen Abschluss seiner herausragenden Karriere bescherte.

„Mein Part ist es als Schlagmann, den Takt vorzugeben, den alle mitgehen können. Mal hochzuziehen, mal länger zu fahren, dann wieder hochziehen bis nichts mehr geht“, so Rendschmidt. Zwischen 200 bis 180 Meter vor dem Ziel wird der von der Konkurrenz gefürchtete Endspurt angesetzt – jetzt waren es eher die 180 Meter. „Wir haben versucht, den Sack zuzumachen. Und auch allen, die uns zuhause so vielfältig unterstützt haben, viel zurückzugeben. Aber wenn ich jetzt das Rennen sehe und es doch knapp war, hätte ich den Endspurt sicherheitshalber doch eher bei 200 Metern gelegt“ erklärte Tom Liebscher später lachend im Sportstudio, als sie erstmals das Finale in Gänze sahen.

Der Vierer musste manchen Rückschlag verkraften

Aber alles richtig gemacht und optimal die Kräfte eingeteilt: Max Rendschmidt, Ronald Rauhe, Tom Liebscher und Max Lemke waren Olympiasieger geworden und hatten einen Olympia würdigen Fight geboten! Dabei musste das Team im Vorfeld doch so manche Rückschläge verkraften. Im Herbst hatte sich Tom Liebscher bei einer Rafting Tour im Rahmen eines Motivationstrainingslagers fünf Wirbel gebrochen und musste sich erst langsam wieder zurückarbeiten.

Dann wurde das Wettkampfboot auf dem Weg nach Tokio von einem Gabelstapler mit Totalschaden zerstört. Aber all das ist seit gestern Nacht Schnee von gestern. Die Vier haben Gold geholt! „Was soll ich sagen, ich bin super glücklich“, erklärte dann KGE-Herrentrainer Robert Berger hier in Essen. Nach einer erneut aufregenden Nacht und wenigen Stunden des Durchschnaufens war er zum Baldeneysee gefahren zur Früh-Trainingseinheit. Um dann mit seinem Team anschließend bei „Leberkäs-Semmel und einem Bierchen“ auf die Olympischen Spiele und „ihre Maxe“ anzustoßen.

Auch die KG Essen ist stolz auf ihre Aktiven

„Was Max Hoff am Ende so knapp nicht ganz geklappt hat, ist nun bei Max Rendschmidt gelungen. Wie auf Max Hoff sind wir auch auf Max Rendschmidt sehr, sehr stolz. Der Vierer hat all seine Stärken ausgespielt und ist am Ende vorbeigezogen. Max ist einfach ein Super-Schlagmann. Es gibt wohl in Deutschland keinen, der das so kann. Er ist da einfach ein Ausnahmetalent. Eigentlich bin ich sprachlos bei diesem goldenen Abschluss. Auch für uns als Verein ist das ein herausragendes Ergebnis. Die grandiosen Erfolge von Rio (2 x Gold für Rendschmidt, 1 x Gold für Hoff) nahezu zu wiederholen, ist einfach grandios“, so Robert Berger, immer noch sehr ergriffen.

Es sollte ein toller letzter Finaltag werden auf dem Sea Forest Waterway. Und es wurde ein toller Tag, ein Goldener! Was für ein Rennen! Ein packendes und brillantes Finale, immer wieder schön, sich noch einmal anzuschauen!

Alle aktuellen Nachrichten und Bilder zum Sport in Essen finden Sie hier