Essen. Uralt-Ultra-Fan Happo beleuchtet die Rivalität zwischen Rot-Weiss und Blau-Weiß. Ein nicht ganz leichter Versuch für ihn, neutral zu bleiben.

Rivalen. Es soll sie tatsächlich geben. Spezies, die beide Vereine mögen, den FC Schalke 04 und SC Rot-Weiss Essen.Sachen gibt´s.

Hinter den Kulissen, auf Vereinsebene, arbeitet man gut zusammen, respektiert sich. Spieler wechseln die Seiten, hauptsächlich von der „Knappenschmiede“ nach Essen. „Harfid“, innovatives Bauunternehmen, unterstützt sowohl RWE wie auch S04.

In fast jeder Essener Familie gibt es solche und solche. Man lacht, trinkt und hilft sich untereinander. Doch wehe jemand zieht ein Schalker Trikot an, dann sieht der gemeine RWE-Fan rot. „Meine Faust will in sein Gesicht“, Herbert Grönemeyer kann hervorragend Gefühle beschreiben.

Feuer frei für Feindseligkeiten und Frotzeleien

Jetzt heißt es Feuer frei: „In welcher Liga spielt ihr eigentlich?“ „Und willst Du Schalke oben sehen, musst Du die Tabelle drehen“.„Ohne unseren Fritz, wärt ihr doch gar kein Deutscher Meister geworden“. „Wir haben trotz, nicht wegen Szepan die Schale geholt. Übrigens, der ist 1907 geboren. Noch Fragen?“

So oder so ähnlich geht es endlos weiter. Nicht selten kippt im Laufe einer solchen Diskussion die Stimmung, was auch damit zu tun haben könnte, dass zu viel in sich reingekippt wird. Vorsicht bei der Auswahl der Biersorte. Das könnte als Provokation ausgelegt werden.

Auch sollte der oder die Gastgeber*in dringend vermeiden, Alexa aufzufordern „Opa Luscheskowski“ oder „Opa Pritischikowski“ abzuspielen. So weit ist die Künstliche Intelligenz noch nicht.

Bundesliga-Skandal ist der Auslöser

All diese Frotzeleien und Feindseligkeiten haben einen Ursprung, einen ernsten Hintergrund. Gerade aus Sicht eines Rot-Weissen. Die Frage, ob das Ei oder das Huhn zuerst da war, stellt sich nicht. Im Falle von RWE/Schalke ist es eindeutig der unrühmliche Bundesliga-Skandal aus dem Jahre 1971.

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Der S04 war nur einer von zehn Vereinen, die an den Manipulationen beteiligt waren, aber gerade vom Nachbarn so hintergangen zu werden, war für Essener zu viel. Die Krönung dann der spätere Meineid von acht Trikotträgern der Gelsenkirchener. Statt Knast, Geldstrafe. Einige der Beteiligten wurden gar in die Jahrhundert-Elf gewählt. Betrug scheint sich zu lohnen.

Vom DFB bevorzugt und unvergessen

So empfanden es viele Rot-Weiss-Anhänger, als die neue Heimat des S04, das Parkstadion, als WM-Spielort 1974 auserkoren wurde. Die Blau-Weißen wurden ja nicht zum ersten Mal vom großen DFB bevorzugt, profitierten z.B. bereits 1965 von der Aufstockung der Liga auf 18 Mannschaften, obwohl sportlich abgestiegen. Dem gegenüber stehen Lizenzentzüge für den Club von der Hafenstraße.

All die Ereignisse sind verdammt lang her, aber keineswegs vergessen, auch wenn der Noch-Erstligist und seine Anhänger*innen das gerne hätten. Einen Schlussstrich ziehen, wünschen sich meistens nur die Täter. Die Saat war gelegt, die Feindschaft in Stein gemeißelt.

Ultra-Gruppierungen pflegen die „Tradition“

Es blieb nicht bei verbalen Auseinandersetzungen. Gerade in den 80ern waren Schlägereien unter den Fangruppierungen keine Seltenheit. Mitglieder der“ „Essener Löwen“ und Hools der „Gelsenszene“ tauschten schmerzhafte wie schlagfertige Argumente aus. Mit Goethes Faust kam man da nicht weit, höchstens ins Krankenhaus.

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Ultra-Gruppierungen beider Clubs pflegen diese „Tradition“ nicht minder intensiv, notgedrungen außerhalb der Stadien. Wer durch Essen geht oder fährt, kann anhand von Graffitis, Schmierereien und Aufklebern erahnen, wie gerne sich die jeweiligen Gruppierungen mögen. Egal in welcher Liga, egal welcher Virus die Welt bedrohen mag, Rot-Weiss Essen und Schalke 04 bleiben Rivalen unter roter Sonne - und manchmal scheint der Himmel auch blau.

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