Essen. Die Essener streben in die Dritte Liga. Mit dem Sieg im DFB-Pokal stehen sie im Achtelfinale und machen bundesweit auf sich aufmerksam.
"Der RWE ist wieder da!" Und wie er sich in diesem Jahr zurückgemeldet hat - auf regionaler und nationaler Bühne. Rot-Weiss Essen ist in der Regionalliga nach 20 Spielen ungeschlagen und auf dem besten Weg in die Dritte Liga. Rot-Weiss hat neun von zehn Heimspielen gewonnen und jetzt im DFB-Pokal dem Ganzen noch die Krone aufgesetzt. Eine fantastische Saison.
Rot-Weiss Essen mit Power und Leidenschaft
Nach dem Erstligisten Arminia Bielefeld (1:0) strauchelte nun auch der Zweitligist Fortuna Düsseldorf an der Hafenstraße. Und das nicht einmal unglücklich, sondern der Favorit unterlag verdient einem bärenstarken Gastgeber mit Power, Herz und Leidenschaft. "Rot-Weiss Essen ist kein normaler Viertligist", hatte Fortuna-Trainer Uwe Rösler noch vor dem Anpfiff gewarnt. Wie recht er hat.
Die Rot-Weissen hüpften kurz nach Schlusspfiff noch im Kreis wie Kinder um den Weihnachtsbaum, mit dem "alten" Haudegen Marcel Platzek als Vortänzer. "Nur der RWE", schallte es durchs leere Stadion, während draußen vor den Toren bereits ein Hupkonzert begann.
Fans auf Triumphmarsch zum Stadion
Etwa 200 Fans waren nach dem Schlusspfiff spontan in ihr Auto gestiegen und zum Stadion gefahren. Dort parkten sie es einfach am Straßenrand, Blinker an und ab zum Stadion. Böller krachten, Raketen glitzerten am Himmel und Bengalos tauchten den Triumphmarsch in ein gleißendes Rot.
Vor dem Stadion angekommen, gerieten die Corona-Auflagen in Gefahr, doch die Polizei gab später zu Protokoll, dass alles okay gewesen sei.
"Das war heute ein Sieg für die Fans", sagte der RWE-Vorsitzende Marcus Uhlig. "Wir wissen, was wir für eine Basis haben, die hinter uns steht, auch wenn sie gerade nicht da sein darf. Wir wissen, dass sie trotzdem da sind." Und an diesem Abend mussten sie unbedingt ihre Mannschaft sehen.
RWE mit dem Ziel, ungeschlagen zu bleiben
Am Fernseher hatte der Anhang eine glänzende Vorstellung erlebt. Die Rot-Weissen kämpften nicht nur und hielten dagegen, sondern auch spielerisch war das wirklich ansehnlich auf dem tiefen Boden. "Wir sind mächtig stolz. Wir sind in das Spiel reingegangen mit dem Ziel, ungeschlagen zu bleiben. Es wurde der Pokalfight, den wir wollten. Wir konnten kompakt verteidigen und unsere Konter fahren", fasste Essens Trainer Christian Neidhart zusammen.
Die nächste Sensation: Rot-Weiss Essen wirft Fortuna aus dem Pokal
Feierlichkeiten am Stadion: RWE-Fans jubeln mit reichlich Feuerwerk
"In einer solchen Partie entscheiden Kleinigkeiten – wir kennen das aus dem Liga-Alltag. Die Kleinigkeiten waren heute auf unserer Seite."
Mit welcher Leidenschaft seine Mannschaft dem Favoriten die Stirn bot, zeigte Innenverteidiger Daniel Heber nach gut einer halben Stunde mit einer Monstergrätsche gegen Karaman. So etwas lieben die Fans - nicht nur in Essen.
Favorit nur mit ganzen wenigen klaren Chancen
Und so beherzt, wie die Hausherren vor dem eigenen Tor aufräumten, das war aller Ehren wert. RWE hat bisher die wenigsten Gegentore in der Liga kassiert, nun konnte jeder ahnen, warum das so ist, denn die Düsseldorfer, die zuvor viermal in Folge gewonnen hatten, kamen nur zu ganz wenigen klaren Chancen.In der ersten Hälfte wirkten die Rheinländer noch strukturiert und abgeklärt, doch in der zweiten Halbzeit mit dem Rückstand auf den Schultern und der Zeit im Nacken wurden auch sie fahriger, machten Fehler und brachten kaum noch etwas Konstruktives zustande.
"Irgendwann sieht man keinen Unterschied mehr", hatte Christian Neidhart zuvor gehofft und bezog sich dabei allerdings mehr auf den Gleichstand im Ergebnis. Doch seine Jungs hatten durch Simon Engelmann (16.) und Marco Kehl-Gomez (39.) in der ersten Hälfte geführt und in der zweiten durch Oguzhan Kefkir erhöht (70.), der von Amara Condé glänzend in Szene gesetzt worden war.
Auch Condé war ein persönlicher Gewinner bei diesem denkwürdigen Pokalduell, denn im Liga-Alltag hatte er zuletzt keinen Platz in der Startelf. Doch diese Leistung war eine Empfehlung, obwohl sein Chef ja weiß, was er in ihm hat. "Amara Condé hat ein richtig starkes Spiel gemacht. Ich freue mich da riesig drüber", lobte Neidhart.
RWE muss am Ende noch zittern
Aber RWE musste am Ende noch zittern, weil Rouwen Hennings per Foulelfmeter den Anschluss zum 2:3 (87.) erzielte (Hahn hatte Hoffmann am Trikot gezerrt). Vier Minuten Nachspielzeit. Christian Neidhart konnte es nicht fassen, so viele Unterbrechungen hatte es seiner Ansicht nach doch gar nicht gegeben. Aber es ist ja gut gegangen, weil RWE nicht nachließ. "Grundsätzlich gehen wir schon auf dem Zahnfleisch", so Neidhart, "aber man sieht, dass wir in einer guten Verfassung sind. Ich bin froh, dass wir diese Leistung heute abrufen konnten."
Der Spielverlauf habe seiner Mannschaft in die Karten gespielt. Nach der Führung "kriegst du 'ne breite Brust. Dann wird's ein Pokalfight und für uns einfacher."
Düsseldorfs Trainer Rösler tief enttäuscht
Düsseldorfs Trainer Uwe Rösler analysierte tief enttäuscht: "Wir haben sehr gut angefangen, Einstellung und Wille waren da. Wir hatten viel mehr den Ball. Aber wir haben unsere Chancen nicht zum richtigen Zeitpunkt genutzt. Rot-Weiss Essen hat uns konterstark vor Probleme gestellt. Auch gegen Essen werden Fehler gnadenlos bestraft. Die Niederlage tut weh und die muss auch weh tun. Wir müssen daraus die Lehren und die Motivation für die nächsten Aufgaben ziehen."
Weitere Motivation werden auch die Rot-Weissen aus diesem grandiosen Erfolg ganz sicher saugen. Für sie war es der krönende Abschluss eines außergewöhnlichen, herausragenden Fußballjahr. "Wir sind restlos zufrieden. Wir haben einen guten Zweitligisten viel mehr als nur gefordert. Besser kann es ja nicht laufen", freute sich Marcus Uhlig. "Corona hat uns alles abverlangt. Unsere Fans und unsere Sponsoren haben uns durch die schwere Zeit getragen. Wir sind sehr zufrieden, sehr glücklich - trotz Corona, trotz aller Probleme. Und trotz der Tatsache, dass wir hier die Saison unseres Lebens ohne Zuschauer spielen. Aber wir machen gerade das Beste daraus." Jetzt könne man in Ruhe Weihnachten feiern.
Pokal-Auslosung ist am 3. Januar
Am 4. Januar startet Rot-Weiss wieder ins Training, am 16. Januar geht es weiter in Wiedenbrück. Es ist noch ein weiter weg bis zum Titel. Aber eine gutes Stück hat Rot-Weiss Essen ja schon hinter sich. Und mal sehen, was der DFB-Pokal noch so für Überraschungen parat hält.
Die dritte Runde wird am 3. Januar ausgelost. Und für das Achtelfinale im neuen Jahr (2./3. Februar 2021) wird RWE auch noch mit einer weiteren sechsstelligen Prämie belohnt.
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