Essen. Essener müssen feststellen, dass es ein Titelrennen und kein Spaziergang für sie wird. Der Liga-Favorit tut sich schwer gegen kompakte Ahlener.

Es lief nicht, und die Rot-Weissen waren richtig sauer. Nicht nur die rund 50 Fans, die sich in der 11-Freunde-Bar in Rüttenscheid getroffen hatten, um gemeinsam per Livestream das Spiel gegen RW Ahlen zu verfolgen. Nach dem frühen 0:1 (5.) und auch in Hälfte zwei blieb der Bildschirm wegen technischer Probleme lange Zeit dunkel. Die abermalige Panne, schon gegen Wiedenbrück hat es nicht so funktioniert, löste einen Shitstorm in den Sozialen Medien aus, schließlich hatte man für den Service bezahlt. Aber vielleicht war es ja auch besser so, dass sie nicht alles mitansehen mussten.

Immerhin hat RWE mit dem 3:2 (1:2) den ersten Saisonsieg eingefahren, Pflicht erfüllt. Mehr aber auch nicht. Nach drei Liga-Auftritten gibt es eine nicht unerheblich Erkenntnis: Es wird ein Titelkampf und kein Spaziergang für die so hochgelobten Kicker von der Hafenstraße, die nach einer tadellosen Vorbereitung feststellen müssen, dass es ein erheblicher Unterschied ist, ob Test oder Ernst. Einen Durchmarsch, wie in anfänglicher Euphorie erträumt, wird es nach Stand der Dinge jedenfalls nicht geben.

Rot-Weiss Essen wirkt nur selten richtig überzeugend

Dieser Weg wird kein leichter sein. Wenn es noch eines Beweises bedurfte, hat ihn das Duell mit dem Aufsteiger Ahlen geliefert. Der Underdog war richtig heiß und äußerst unangenehm, er stand dem Favoriten auf den Füßen und sorgte zudem mit ansehnlichem Konterspiel für gefährliche Momente vor dem Essener Tor.

Die Gastgeber wirkten nur selten überzeugend, zumindest Einsatz und Moral stimmten. „Wir sind glücklich, dass wir das Spiel gedreht haben. Da muss ich meinen Jungs ein Kompliment machen“, sagte RWE-Trainer Christian Neidhart. Und natürlich war der Platzverweis für den Ahlener Eickhoff (49. Notbremse an Kefkir) letztlich eine große Hilfe. „Danach haben wir es gut gemacht, weil wir ruhig geblieben sind“, so Neidhart.

Abwehr leistet sich zwei gravierende Nachlässigkeiten

Doch es hätte schiefgehen können. Auch weil die Essener Abwehr, die im DFB-Pokal gegen Bielefeld und zuletzt beim Auftritt in Dortmund souverän agiert, diesmal zwei gravierende Nachlässigkeiten einstreute. „Wir fangen uns aus dem Nichts ein Gegentor“, erkannte Siegtorschütze Amara Condé. „Ein Problem könnte sein, dass wir immer zu schön spielen wollen. Vielleicht einfach mal den Ball rausbolzen, es einfacher lösen, dann kommen wir gar nicht erst in die Bredouille.“ Da pflichtet ihm der Trainer bei: „Wenn du keine Anspielstation hast, dann muss du den Ball auch einfach mal ins Aus spielen.“ Vor dem 1:2 der Westfalen hatte Innenverteidiger Alexander Hahn die Kugel aber einfach dem Gegner vor die Füße geköpfte und den folgenschweren Konter einleitete.

Schiedsrichter Nico Fuchs zeigt dem Ahlener Bennet Eickhoff Rot, nach dessen Notbremse.
Schiedsrichter Nico Fuchs zeigt dem Ahlener Bennet Eickhoff Rot, nach dessen Notbremse. © Thorsten Tillmann

Zweimal wurde RWE kalt erwischt in der Vorwärtsbewegung, kann vorkommen und ist dann immer auch ein kritischer Moment, auf den jeder Gegner spekuliert. Aber so erschreckend unsortiert, wie die RWE-Defensive bei beiden Gegentoren war, darf sie nicht sein, zumal die Konterstärke der Ahlener hinlänglich bekannt war.

RWE braucht in der Spielweise die richtige Mischung

Immer nur schön spielen vor dem gegnerischen Tor, das kann auch nicht sein. Da hilft nur eine Binse: „Weißt du nicht wohin mit dem Ball, einfach mal abziehen.“ Condé beherzigte es bei seinem Traumtor und erfüllte damit gleichzeitig die Forderung, dass die Mannen neben Torjäger Simon Engelmann torgefährlicher werden müssen. Schön und rustikal: „Ein Mischung aus beidem würde uns generell ganz gut tun“, findet Condé.

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Am Samstag geht es bereits weiter in Lippstadt. Mal sehen, wer dann in der Startelf stehen wird. Gegen Ahlen war Kevin Grund nicht im Kader, weil ihm Neidhart eine Verschnaufpause gönnte. Auch Felix Backszat, Torschütze in Dortmund, fehlte und manch einer fühlt sich erinnert an Neidharts Vorgänger Christian Titz, der auch schon mal Spiel-Entscheider gleich beim nächsten Auftritt auf die Tribüne gesetzt hatte. „Backa ist noch nicht da, wo wir ihn haben wollen, da hätte es nur für einen Kurzeinsatz gereicht“, erklärte Neidhart. Man habe ihm deshalb lieber tags zuvor eine intensive Trainingseinheit verordnet. Beide dürften in Lippstadt wieder dabei sein.

Tore geben Trainer Neidhart in seiner Personalwahl recht

Und die Entscheidung, Dennis Grote auf die Bank zu setzen? „Wir haben mit Backszat, Grote, Kehl-Gomez und Condé vier Spieler im Zentrum. Es können aber nicht alle spielen“, sagt Neidhart. Und alle vier haben den Anspruch auf einen Platz in diesem Team, das aufsteigen möchte. Kehl-Gomez erzielte das 2:2, Condé den Siegtreffer und Platzek zuvor das 1:1. Ergo: Alles richtig gemacht bei der Personalwahl.