Essen. Essener Bundesligist darf weiter von Pokal-Finale träumen. Aber 3:1-Sieg im Viertelfinale in Potsdam liefert auch eine ganz andere Schlagzeile.

Mit ihrem Schlenzer zum zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich leitete Nicole Anyomi für die SGS Essen die Wende im DFB-Pokal-Viertelfinale bei Turbine Potsdam ein. Am Ende zogen die Bundesliga-Fußballerinnen von der Ardelhütte dank eines 3:1-Erfolgs in die Vorschlussrunde ein.

Mehr noch als über ihren Treffer wird derzeit über Anyomis Torjubel gesprochen: In Gedenken an den dunkelhäutigen US-Amerikaner George Floyd, der vor gut einer Woche in Folge von Polizeigewalt starb, setzte die 20-Jährige mit ihrem Kniefall ein Zeichen: gegen Rassismus. So, wie einige ihrer männlichen Bundesliga-Kollegen auch.

Aktiv werden und noch mehr gegen Rassismus tun

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„Ich möchte mich damit Jadon Sancho, Marcus Thuram und einigen anderen anschließen. Freuen würde mich, wenn nicht nur dunkelhäutige Sportlerinnen und Sportler mitmachen. Das würde noch einmal einen ganzen anderen Einfluss auf die aktuelle Lage nehmen“, findet die Abiturientin. „Erschreckend ist doch, dass auch 2020 noch eine so ausgeprägte Art von Rassismus vorhanden ist.“

Daher müsse man gerade jetzt aktiv werden und noch mehr dagegen tun. Anyomi weiß, wovon sie spricht. Die deutsche U-20-Nationalspielerin ist in Krefeld geboren, ihre Eltern stammen aber aus Afrika: Ihre Mutter kommt aus Ghana, ihr Vater aus Togo. „In meiner Jugendzeit bin ich beim Fußball mit dem N-Wort beschimpft worden. Das hat mich sehr schockiert und getroffen“, erzählt die Angreiferin.

Nationalspielerin Lena Oberdorf ist leicht angeschlagen.
Nationalspielerin Lena Oberdorf ist leicht angeschlagen. © Michael Gohl

Wolfsburg trifft im zweiten Halbfinale auf Zweitligisten

Die öffentliche Bühne, die das Pokal-Viertelfinale in Potsdam bot, kam da gerade recht, um ein Statement zu setzen. Und möglicherweise gibt es sogar bald noch eine größere Bühne, auf der sich dann auch die Mitspielerinnen dieser Botschaft anschließen könnten: Ein Sieg im Halbfinale gegen Bayer Leverkusen am kommenden Mittwoch (16 Uhr) fehlt noch, um das Finalticket zu lösen. Und die SGS geht gegen den Tabellenneunten durchaus als Favorit ins Rennen. Im anderen Halbfinale stehen sich der VfL Wolfsburg und Zweitligist Arminia Bielefeld gegenüber.

Noch aber versucht SGS-Trainer Markus Högner die Gedanken an den Pokal bestmöglich zu verdrängen. Zunächst ist seine Elf schließlich im Liga-Alltag gefragt: Am kommenden Sonntag (14 Uhr) geht es zum abstiegsbedrohten 1. FC Köln. Dort möchten die Essenerinnen den vierten Tabellenplatz von Frankfurt zurückerobern.

Lena Oberdorf leicht angeschlagen vor Köln-Spiel

„Dort am Ende der Saison zu stehen, muss unser Ziel sein“, erklärt Högner, der bei seiner Aufstellung vor einer besonderen Herausforderung steht: Es gibt im Moment keine Verletzten. Auch Lena Oberdorf, die in Potsdam wegen Oberschenkelproblemen fehlte, ist wieder dabei. „Es ist keine muskuläre Geschichte, sondern hat mit einem eingeklemmten Nerv zu tun. Das ist eine gute Nachricht“, sagt Högner. Möglicherweise rührte die Verletzung von einem 100-Meter-Lauf der Nationalspielerin, den sie für ihre Abiturprüfung in Sport absolvieren musste. Ob Oberdorf am Sonntag bereits wieder zum Einsatz kommt, hält sich Högner offen.

Sonderreglung für Pokalfinale

Der DFB hat das Pokalfinale für den 4. Juli angesetzt.

Die SGS, würde sie das Endspiel erreichen, stünde vor dem Problem, dass Spielerinnen, deren Verträge zum 30. Juni auslaufen, dann nicht mehr für Schönebeck auflaufen dürften.

Betroffen sind unter anderem Marina Hegering und Lea Schüller. „Es wird eine Sonderregelung geben, damit alle Spielerinnen, die ihren Verein am Saisonende verlassen, in Köln noch dabei sein können“, beruhigt SGS-Manager Florian Zeutschler.

Zumal die SGS in den kommenden Wochen enorme Belastungen erwartet und praktisch alle vier Tage auf dem Platz stehen wird. „Unsere Nationalspielerinnen kennen das. Aber natürlich ist eine gezielte Steuerung dabei wichtig. Man muss schauen, dass man Einsatzzeiten variiert.“ Doch die Entscheidung, ob er einer Spielerin eine Pause gönnt oder sie im Rhythmus lässt, ist gar nicht so einfach. „Kommunikation und Fingerspitzengefühl sind dabei wichtig“, weiß Högner.

Bitterer Ausgleich in der Nachspielzeit

Die Möglichkeit, fünf Mal im Spiel auszuwechseln, kommt ihm dabei sehr gelegen. Gegen Potsdam machte der Trainer davon bereits Gebrauch. Großartige Veränderungen sind nun gegen Köln nicht zu erwarten. Denn Högner weiß auch in Hinblick auf die folgende Pokalaufgabe um die Bedeutung der Partie an diesem Sonntag: „Weitere Erfolgserlebnisse zu sammeln, ist ungemein wichtig für uns.“

Gastgeber Köln hat gerade das Gegenteil erfahren: Im Abstiegsduell gegen den MSV Duisburg kassierten die Domstädterinnen in 92. Minute den bitteren 1:1-Ausgleich und stehen nun mit dem Rücken zur Wand.