Essen. Fassungslosigkeit bei Rot-Weiss Essen nach dem 2:2 in Wiedenbrück. Ausgleich in letzter Minute - RWE verspielt sogar eine beruhigende 2:0-Führung.
Nach dem Abpfiff ging in der Spielerkabine die Party los: „Oooh, RWE“, dröhnte das Adiolé vom Band und aus vielen Spielerkehlen durch das Mauerwerk. Kleiner Schönheitsfehler für die Essener: Die Party kam aus der Wiedenbrücker Kabine. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Die Gastgeber feierten das späte 2:2, das sich für sie wie ein Sieg anfühlte, das sie sich über die 93 Minuten aber auf jeden Fall verdient hatten.
Und RWE? Das Grauen der letzten Minuten geht unverdrossen weiter. Diesmal reichte sogar eine komfortable 2:0-Pausenführung nicht, wobei der zweite Treffer mit dem Halbzeitpfiff fiel, was normalerweise den gegnerischen Teams den Genickschlag versetzt. Dieses Mal hatten die Gäste in Ostwestfalen aber im Gegensatz zum BVB-Spiel keine Sicherheit ausgestrahlt und auch nicht die ständige Spielkontrolle.
Traditionell wird es bei RWE wieder eng
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SCW-Trainer Alfons Beckstedde, der sich zurecht über den nimmermüden Einsatz seiner Elf freuen durfte, traf es in seiner Analyse schon ziemlich genau: „Essen hat sich auf effektive Standards konzentriert, fürs Spiel haben sie nicht so viel getan.“ So war es. Kopfbälle von Kapitän Moritz Fritz und Richard Weber, jeweils nach Standards von Kevin Grund, fanden ins Ziel, unter freundlicher Assistenz von Torhüter Marcel Hölscher, der grundsätzlich zu spät aus seinem Kasten kam.
Ansonsten geriet das RWE-Angriffsspiel mal wieder oft zu Stückwerk, zu selten kam einmal ein Pass in die Spitze auf Marcel Platzek oder Marwin Studtrucker an, die dennoch Ende der zweiten Hälfte die Chance zum entscheidenden (?) 3:1 liegen ließen. Allerdings war die Parade von Hölscher bei Studtruckers Gewaltschuss (88.) in den rechten Winkel auch nicht von schlechten Eltern. So wurde es nach Twyrdys schönem Anschlusstreffer (50.) per Seitfallschuss traditionsgemäß wieder eng.
RWE-Coach Siewert will es "den Spielern reinprügeln"
Mit dem bekannten Ende: Weite Flanke von außen, nicht zufällig die Seite von Patrick Huckle, der diesmal vom eingewechselten Herbert Bockhorn die Schnelligkeit des Flügelspiels aufgezeigt bekam. Und in der Mitte mogelte sich RWE-Schreck Kamil Bednarski durch die Innenverteidigung und brauchte nur noch einzudrücken. RWE-Coach Jan Siewert, der sich grün und blau ärgerte, zum immer wiederkehrenden Muster: „Ein taktischer Fehler, wie wir die Flanke zulassen, wie wir zu spät verschieben, um dies zu verhindern, und dann stehen wir in der inneren Linie einfach ganz schlecht.“
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Siewert vermutet dahinter aber kein mentales Problem, keine Kopfsache, die sich unter Hinzuziehung eines Psychologen vielleicht lösen ließe. Da greift er dann doch lieber zu bewährten Hausmittelchen: „Das ist einfach ein taktischer Fehler, das müssen wir den Spielern reinprügeln, damit das ausgemerzt wird.“ Da ist er also doch noch, der verspätete Knecht Ruprecht, wenn auch in anderer Verkleidung.
"Fluch der Nachspielzeit" ist bei RWE zurück
Moritz Fritz hatte indessen gehofft, um diese Prügelstrafe herumzukommen: „Ich hatte gedacht, dass dieser Lernprozess längst vorbei wäre, ich dachte, dass wir es mit Kompaktheit bis zum Schluss über die Bühne bringen, wenn es auch ein dreckiger Sieg gewesen wäre“, so der Kapitän, der bekannte, mit einem bitteren Nachgeschmack in die Spielpause zu gehen.
Die wenigen mitgereisten Fans, die das Spielgeschehen eher schweigend verfolgten, fühlten sich – so sie denn das nötige Alter haben – an vergangene Zweitligazeiten erinnert, als es pünktlich ganz zum Schluss immer die kalten Duschen setzte, nur hießen die Gegner damals Wacker Burghausen, 1. FC Köln, Eintracht Frankfurt oder SC Paderborn. „Der Fluch der Nachspielzeit“ – er ist längst zurück.
Die Partie in Zahlen
SC Wiedenbrück - RW Essen 2:2 (0:2)
RWE: Heller, Huckle, Weber, Zeiger, Obst, Rabihic, Baier, Fritz, Grund, Studtrucker (88. Olwa-Luta), Platzek.
Tore:; 0:1 Fritz (2.), 0:2 Weber (45.), 1:2 Twyrdy (50.), 2:2 Bednarski (90.+1)
Zuschauer: 981