Duisburg. . Nach der Entlassung von Trainer Oliver Reck wird rund um den MSV Duisburg wild über einen Nachfolger spekuliert. Wegen der finanziellen Schwierigkeiten des Vereins richtet sich der Blick dabei vornehmlich in untere Ligen. Kurzfristig übernehmen Manager Grlic und MSV-Legende Dietz.
Sollte der MSV Duisburg am Freitag bei 1860 München mit 4:0 gewinnen, muss sich Ivica Grlic keine Sorgen machen, dass jemand ihn bedrängen könnte, das Amt des Cheftrainers beim Fußball-Zweitligisten zu übernehmen. Grlic hat weder Trainerschein noch Zeit, um den Posten zu übernehmen. Aber er macht es nun nach der Entlassung von Trainer Oliver Reck bis zum nächsten Spiel. „Fünf Tage werde ich das schon hinbekommen“, so der 37-Jährige am Sonntag.
Grlic wird ab Montag – um 11 Uhr beginnt die Trainingseinheit an der Westender Straße – einen prominenten Helfer an der Seite haben. MSV-Legende und Fußball-Lehrer Bernard Dietz (64) stellt sich für 14 Tage zur Verfügung und war schon am Sonntag an der Westender Straße lange vor Ort. Nach dem Spiel war „Ennatz“ am Samstag konsterniert: „In über 40 Jahren habe ich noch nicht erlebt, dass Polizei auf dem Platz anrücken musste. Ich bin fassungslos und traurig.“
Polizei verhindert Sturm des Platzes beim MSV Duisburg
Nach dem Abpfiff der Partie gegen Dynamo Dresden drohte die Situation in der Schauinslandreisen-Arena zu eskalieren. Die Mannschaft wollte sich nach der 1:3-Niederlage den wütenden Fans, die sie zuvor schon mit Gesängen verhöhnt hatten, stellen. Rund 100 Anhänger bereiteten hingegen bereits den Sturm des Platzes vor, ehe die Polizei aufmarschierte.
Die Zeit von Oliver Reck als Trainer war zu diesem Zeitpunkt zwar noch nicht offiziell, aber faktisch abgelaufen. Genau genommen bereits beim unfassbar schwach geschossenen Elfmeter von Goran Sukalo dürfte Reck gewusst haben, dass sein Abschied besiegelt war. Die vermeintlichen Führungsspieler Sukalo und Branimir Bajic versagten am Samstag. Oder ließen sie ihren Trainer im Stich?
Piwonski erlebte einen emotionalen Moment
Es folgte in den Katakomben der Arena der übliche Showdown, vieles erinnerte an den letzten Arbeitstag von Rudi Bommer vor vier Jahren. Zeugwart Manni Piwonski (70) erlebte seinen persönlichen emotionalen Moment: „Nach dem Schlusspfiff war ich für einige Augenblicke mit Oliver Reck alleine in der Umkleidekabine. Er hat mich in den Arm genommen und gedrückt. Das war in den Monaten zuvor kein einziges Mal der Fall. Ich denke, in dem Moment wusste Olli: Das war es beim MSV.“
Oliver Reck ist seit Samstag-Nachmittag abgetaucht, der ebenfalls beurlaubte Assistenztrainer Uwe Schubert war schon gestern wieder in Meiderich am Start und sah sich eine Halbzeit der MSV-U-19 gegen Borussia Dortmund (0:3) an. Wie Grlic betonte, wird Schubert als Jugendcheftrainer und Leiter des Nachwuchs-Leistungszentrums im Amt bleiben. „Alles ist eine Frage der Qualität“, verwies Schubert am Samstag noch vor seiner Beurlaubung auf die Zusammenstellung der Mannschaft. „Ich habe schon früh vor dem Saisonstart gewarnt und deutlich gemacht, dass es eine ganz schwierige Spielzeit wird“, so der 52-Jährige.
Grlic hat klare Vorstellungen: Mischung aus Sasic und Reck
Ivica Grlic arbeitete mit der Mannschaft am Sonntag über zwei Stunden – das war mehr als ein übliches Auslaufen. Naturgemäß erfand der Manager bei der Trennung von Reck keine neuen Rituale. „Am Freitag stellt sich die Charakterfrage. Die Mannschaft muss sich dem neuen Trainer zeigen“, so Grlic. Der neue Mann soll beim Spiel in München idealerweise bereits feststehen, aber erst danach seine Arbeit aufnehmen. Bedingt durch die Länderspielpause wird der Reck-Nachfolger mehr Zeit haben, die Mannschaft für das dann folgende Spiel beim 1. FC Kaiserslautern vorzubereiten.
Da mit Oliver Reck und Milan Sasic nun schon zwei beurlaubte Trainer auf der Gehaltsliste des MSV stehen, ist die Verpflichtung eines weiteren Coaches für den Verein ein Schlag ins Kontor. Bereits öffentlich gehandelte Namen wie Friedhelm Funkel und Ewald Lienen sind in mehrfacher Hinsicht unrealistisch. „Ich habe klare Vorstellungen vom neuen Trainer. Ich habe auch schon Gespräche geführt“, so Grlic.
Kosta Runjaic von Darmstadt 98 gilt als Kandidat
Der Manager bevorzugt eher den jungen Trainer-Typ mit Perspektive. Auf die Frage nach dem genauen Anforderungsprofil nannte Grlic eine Kombination: „Ein bisschen Oliver Reck, ein bisschen Milan Sasic. Jeder Typ ist natürlich anders, aber diese Mischung wäre im Prinzip genau richtig.“
Im Frühjahr standen bereits der jetzige Augsburger Coach Markus Weinzierl und Kosta Runjaic von Darmstadt 98 auf der Liste. Runjaic, der mit den Lilien am Sonntag 1:1 gegen Hansa Rostock spielte, gilt nach wie vor als Kandidat. Aus der 3. Liga ist auch Frank Schmidt vom 1. FC Heidenheim ein für den MSV interessanter Mann. Allerdings: Schmidt kann in Heidenheim nach Belieben walten und hat dort einen bis 2015 gut dotierten Vertrag. Dirk Schuster (Stuttgarter Kickers) und die vereinslosen Michael Oenning (ehemals Hamburger SV) und Matthias Hamann (zuletzt LASK Linz) passen ins Anforderungsprofil der Duisburger.