Duisburg. Das letzte Auswärtsspiel des Jahres beim FC St. Pauli ist für die Fans des MSV wie üblich ein Feiertag. Der Trainer mahnt zur Ernsthaftigkeit.
Ilia Gruev hat den Satz eigens zur Pressekonferenz mitgebracht: „Wir fahren nicht nach St. Pauli, um Weihnachtslieder mitzusingen.“ Die Warnung scheint berechtigt. Die Partie nahe der Reeperbahn, sonntags um halb zwei, fühlt sich an wie ein vorgezogener Heiligabend für die MSV-Fans. Die 2500 Karten für die Auswärtsfahrt des Fußball-Zweitligisten waren schneller weg, als Santa Claus „Hohoho“ rufen kann. Das Stadion am Millerntor ist mit 29 546 Zuschauern ausverkauft, und wenn dann noch leise der Schnee rieselt und die Mannschaft drei Punkte unter die Tanne legt . . .
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Gruev also mahnt sein Personal zur Ernsthaftigkeit und zur Disziplin, zum Kampf um jeden Ball und dazu, sich selbst ein Geschenk zu machen. Doch selbst der sonst so nüchterne Trainer kann sich nicht ganz dem Zauber der Partie verschließen. „Spiele gegen St. Pauli sind immer was Besonderes. Die Spieler werden Lust und Spaß haben, da zu spielen.“ Was die Reise zudem zu einem Bonusspiel macht: Der MSV hat bereits 22 Punkte auf dem Konto und damit das Soll für die Hinrunde bereits erfüllt. Gruev gibt zu: „Wir haben nicht solch einen Druck wie der Gegner.“
Der Gegner hat den Trainer gewechselt
Die Hausherren haben zuletzt sieben Mal nicht gewonnen und unter der Woche Trainer Olaf Janßen schmucklos gefeuert. Nach dem 0:4 in Fürth und dem 0:5 in Bielefeld übernahm Markus Kauczinski die Verantwortung. Die Jungs in Braun, auf Rang 14 abgerutscht, stehen gewaltig unter Dampf. Lukas Fröde, der Sechser schlechthin, erwartet einen „heißen Tanz, denn in St. Pauli ist immer Druck auf dem Kessel“. Ob der Trainerwechsel für den MSV kein Nachteil sein müsse? In kurzer Amtszeit kann Kauczinski kaum mehr gelingen, als die Seele seiner Kicker zu streicheln. Taktische Finten kommen später.
Die Vorfreude aufs „Fußballfest“ hat freilich auch Fröde gepackt: „Das ist ein schönes Spiel.“ Vor 30 000 Zuschauern spiele man nicht alle Tage in der Zweiten Liga. Nach den Erfolgen der vergangenen Wochen fahre man „mit breiter Brust“ in den Norden.
Gruev formuliert für St. Pauli das Fürth-Prinzip
Der Festtagstisch ist aufs Feinste gedeckt, wäre da nicht ein Fleck auf dem Tafelsilber. Moritz Stoppelkamp fällt mit seiner Bänderverletzung im Sprunggelenk aus. Gruev sprach am Freitag lange über die Qualitäten des Außenbahnläufers, Chefstrategen, Führungsspieler und Leistungsträger. Ersetzen will er ihn „im Kollektiv“. Übersetzt heißt das: Stoppelkamp ist nicht zu ersetzen. Um den Verlust auszugleichen, sollen alle die Aushilfe nach Kräften unterstützen. Ahmet Engin, der Lieblingseinwechselspieler des Trainers, wird wohl zum ersten Mal in der Saison den Anpfiff nicht sitzend erleben. Tugrul Erat ist der einzige andere verfügbare Außenspieler. Gruev spricht auch von der Variante mit Kevin Wolze links vorn und Dan-Patrick Poggenberg dahinter. Das klingt freilich mehr nach Gegner-Verwirren als nach einem konkreten Plan. Kein Thema auf der Außenbahn ist für den Rest des Jahres Nico Klotz, der mit muskulären Problemen weiter ausfällt.
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Die taktische Ausrichtung bleibt die gewohnte. Gruev formuliert das Fürth-Prinzip: „Defensiv kompakt und gut stehen und dann im richtigen Moment die Tore erzielen.“ Das genügte für die „Aktion sorglos“ durch das feine 2:0 daheim. Lukas Fröde ergänzt: „Letztlich geht es um drei Punkte, die zu holen, ist für uns Spieler das oberste Gebot.“ Dass man sich bei aller Festtagsstimmung von der Euphorie übermannen lässt und den Kopf verliert, fürchtet er nicht: „Das ist uns einmal passiert, aber das passiert uns kein zweites Mal.“ Für das Absingen von Weihnachtsliedern bleibt auf der Rückfahrt Zeit genug.