Bottrop. Am Sonntag kaufte er für seine Spieler noch Getränke und Müsliriegel, am Montag erklärt Kudret Kanoglu, warum er den VfB Bottrop verlassen wird.
Vor dem alles entscheidenden Saisonspiel gegen den SC 20 Oberhausen musste Kudret Kanoglu noch Besorgungen machen: Getränke, Schokolade, Müsli-Riegel und Kuchen landeten in seiner Einkaufstüte. Der Kapitän des VfB Bottrop war am Sonntag der erste Spieler im Jahnstadion. Er hing in der Kabine die Spielertrikots an die Haken, platzierte seine Einkäufe auf einem kleinen Tisch. Kanoglu: „Mir war wichtig, den Jungs ein gutes Gefühl zu geben. Ich wollte, dass wir uns als Einheit fühlen und alle topmotiviert in das Spiel gehen.“
Vier Stunden später ist die Saison vorbei. Der VfB Bottrop hat das Spiel mit 1:0 gewonnen, ist Meister und Aufsteiger in die Landesliga. Kudret Kanoglu steht mitten auf dem Spielfeld in einem Kreis, den seine Mitspieler gebildet haben. Der Kapitän dankt seinen Jungs und erklärt, wie stolz er auf jeden einzelnen ist. Aber Kanoglu spart auch nicht an Kritik.
Kudret Kanoglu: Das war vielleicht die schwerste Saison meiner Laufbahn
„Das war vielleicht die schwerste Saison meiner ganzen Laufbahn“, sagt er später, „vom Kopf her war das enorm anstrengend. Auch, weil im Umfeld der Mannschaft ganz essenzielle Dinge nicht gestimmt haben.“ In der zweiten Saisonhälfte habe das Team kaum noch Unterstützung erhalten. Kanoglu bleibt in seiner Kritik vage: „Wir haben uns alleingelassen gefühlt. Vor allem nach der Niederlage beim SuS 21 Oberhausen. Da hat nur noch das Trainerteam an uns geglaubt.“
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Durch die Pleite an der Schleuse verpassten es die Bottroper, den Rückstand auf Tabellenführer Sterkrade auf zwei Punkte zu verkürzen. Acht Spieltage vor dem Saisonende schien der Aufstieg bei fünf Punkten Rückstand außer Reichweite. Der Glaube des Vereins an die Mannschaft hatte einen neuen Tiefststand erreicht.
„Kurioserweise ist die Mannschaft dadurch nur noch stärker zusammengewachsen“, sagt Kudret Kanoglu, „Danny Steinmetz hat es wenige Tage später nach der Sterkrader Niederlage in Hamborn auf den Punkt gebracht, als er meinte: Wir müssen nur die acht Spiele gewinnen, dann sind wir Meister.“
Nur das Topspiel gegen Sterkrade 06/07 sei leichtgefallen
Nach dem Spiel an der Schleuse kehrten einige Spieler dem VfB Bottrop den Rücken. Das dezimierte Team raufte sich unter Dusan Trebaljevac und Co-Trainer Necip Eren aber zusammen. „Fast alle Spieler blieben nach den Trainingseinheiten noch lange zusammen. Wir haben gemeinsam gegessen, haben uns viel unterhalten“, so Kanoglu, „da hat sich ein ganz neuer Teamgeist entwickelt.“
Trebaljevac, der erst im Winter gekommen war, habe vom ersten Tag an viel Ruhe ausgestrahlt: „Er war immer besonnen. Er hat klare Ansagen gemacht, aber auch die Führungsspieler mit ins Boot geholt. Er hat großes Vertrauen in mich gesetzt. Ich durfte in der Kabine einige Male das Wort führen. Mir persönlich hat das viel gegeben“, sagt Kanoglu.
Das habe die Lage leichter, aber nicht leicht gemacht: „Wir sind Sterkrade 175 Tage lang hinterhergelaufen. Und wir haben in jedem einzelnen Spiel diesen Druck gespürt. Das waren intensive Wochen.“ Leicht sei nur eins gewesen: „Das Topspiel gegen Sterkrade. Ich wusste, dass wir gewinnen. Das konnte ich schon Tage vorher in den Augen meiner Mitspieler ablesen. Alle hatten einfach nur große Lust auf dieses Spiel.“
Kanoglu: Ich kann diesen Stress nicht mehr ertragen
Und jetzt? Wie geht es weiter nach der Meisterschaft und der Rückkehr in die Landesliga? „Puh“, sagt Kudret Kanoglu. Sein Bruder Samet hatte schon vor einigen Wochen angekündigt, in der neuen Saison für Arminia Klosterhardt zu spielen. Auch Kudret Kanoglu tendiert dazu, das Kapitel VfB Bottrop zu schließen.
„Mir liegt viel am VfB, aber diesen Stress kann ich nicht mehr ertragen, den habe ich die ganze Saison über immer wieder auch mit nach Hause genommen. Das hat mir nicht gutgetan.“ Viel deutet darauf hin, dass sein Weg ins Münsterland führt, zurück zum SC Reken, den er erst im letzten Sommer verlassen hatte: „Der Kontakt zum SC ist nie abgerissen. Ich habe mich dort sehr wohlgefühlt.“ Ob seine Entscheidung schon gefallen sei: „Zu 99 Prozent.“
Update: Der Wechsel ist seit den Mittagsstunden beschlossene Sache. Kudret Kanoglu wird in der Saison 2024/25 wieder für den SC Reken spielen. Der Bezirksligist gab den Wechsel um 16 Uhr bekannt.
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