Bottrop. Corona bremst auch den Schachsport, sorgt aber auch für steigende Mitgliederzahlen. Der SV Bottrop bangt um seine Feierlichkeiten.

Dass die Corona-Pandemie für steigende Mitgliedszahlen und einen kleinen Boom im Schachspiel sorgt, damit kann sich der SV Bottrop 21 sehr gut arrangieren. Nicht aber damit, dass im Jahr des 100-jährigen Vereinsbestehens alle angedachten Feierlichkeiten ins Wasser zu fallen drohen.

Das Spiellokal im Gemeindehaus der Liebfrauengemeinde ist seit November geschlossen. Wie alle anderen Sportanlagen in Bottrop auch. Für die Mitglieder des SV Bottrop 21 bedeutet das zunächst einmal Verzicht. Sie können sich schon seit über drei Monaten nicht mehr Auge in Auge mit anderen Gegnern messen.

Fünf Spieler haben sich dem Verein in der Corona-Pause angeschlossen

Dabei wäre die direkte Begegnung gerade jetzt wichtig. Jetzt, wo sich so viele neue Spieler angemeldet haben. „In den letzten drei Monaten sind fünf Spieler dazugekommen. Vor allem Jugendliche interessieren sich wieder für uns. Schade, dass sie bislang noch nicht die Gelegenheit hatte, den Verein wirklich kennen zu lernen“, bedauert Jens Stadtmann. Der Vorsitzende des SV Bottrop 21 ergänzt: „Ausgerechnet im Jahr unseres 100-jährigen Bestehens, in dem wir uns als Verein herausputzen und präsentieren wollten.“

Unter normalen Bedingungen treffen sich die Schachbegeisterten des knapp 50 Mitglieder starken Vereins vor allem freitags zum Spiel im Gemeindehaus der Liebfrauengemeinde. Der Tag startet mit einem Trainingsangebot für Jugendliche und Anfänger und setzt sich dann mit Schachduellen unter den Mitgliedern fort.

Der SV Bottrop 21 schickt fünf Teams in den Ligabetrieb

An Sonntagen messen sich die Bottroper mit ihren insgesamt fünf Mannschaften im Ligabetrieb mit anderen Vereinen. Die erste Mannschaft tritt in der Verbandsliga an, die fünfte spielt in der Kreisliga. Die letzte Saison fiel jedoch der Corona-Pandemie zum Opfer, kein einziger Mannschaftskampf konnte ausgetragen werden. „Wir hatten auch Hygienekonzepte. Aber beim Schachspiel ist es nicht so einfach, den geforderten Abstand zum Gegenspieler zu halten“, erklärt Jens Stadtmann.

"Viele entdecken dabei das Schachspiel wieder. Wir freuen uns natürlich über den Zulauf", sagt Jens Stadtmann. © Michael Dahlke

Dass der Verein trotz der Umstände wachsende Mitgliederzahlen verzeichnet, ist für Jens Stadtmann keine große Überraschung: „Ich Lockdown suchen viele Menschen nach einer sinnvollen Beschäftigung. Viele entdecken dabei das Schachspiel wieder. Wir freuen uns natürlich über den Zulauf.“

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Aber auch Netflix trug seinen Teil dazu bei, dass Schachvereine in ganz Deutschland neue Mitglieder begrüßen dürfen. Die erfolgreiche Mini-Serie „Damengambit“ sorgte für einen regelrechten Run auf Schachbretter und Schach-Apps. Aber eben auch für einen Zulauf in den Vereinen.

Und auch wenn im Spiellokal momentan keine Schachduelle ausgefochten werden können, ist das Vereinsleben des SV Bottrop 21 aktiver denn je. „Wir haben uns ab November intensiv mit den Möglichkeiten des Online-Schachs auseinandergesetzt“, sagt Stadtmann.

Regelmäßige Blitzturniere im Internet

Seit dem tragen die Bottroper regelmäßig Blitzturniere auf der französischen Onlineschach-Plattform „Lichess“ aus. „Anfangs habe ich fast jedes einzelne Mitglied unseres Vereins angerufen und zum Mitmachen aufgefordert. Mittlerweile sind wir dort mit 40 Mitgliedern vertreten und die Sache ist zum Selbstläufer geworden“, erklärt Stadtmann.

Auch in der virtuellen Umgebung ist der Freitag der Tag der Woche, an dem die Mitglieder des Vereins zusammenkommen. Stadtmann freut sich über eine positive Entwicklung: „Beim ersten Blitzturnier im November waren fünf Spieler dabei, am letzten Freitag waren es 21.“

Ehemalige melden sich zurück

Weil im Internet die räumlichen Grenzen keine Rolle spielen, freut sich der SV Bottrop auch noch über einen weiteren Effekt. Stadtmann erklärt: „Einige ehemalige Mitglieder, die es aus beruflichen Gründen in andere Ecken Deutschlands verschlagen hat, melden sich wieder bei uns und sind dabei, wenn wir online unsere Blitzturniere austragen.“

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Das Online-Schachspiel soll auch nach der Corona-Pandemie einen festen Stellenwert im Vereinsleben des SV Bottrop 21 behalten. Jens Stadtmann hat die Vorteile zu schätzen gelernt: „Du kannst dich dort zu jeder Zeit mit einem Gegner deiner Spielstärke messen. Und der Trainingseffekt ist groß, weil du dein Spiel im Anschluss genau analysieren kannst. Ich persönlich habe heute schon fünf Partien gespielt. Auf den Gegner musste ich immer nur wenige Sekunden warten.“

Lebendige Erinnerungen an die Blütezeit in den 1970ern

Den Schachklub ersetzen werden die Zusammenkünfte bei Lichess aber nicht. Die Mitglieder des SV Bottrop 21 sind stolz auf ihren Verein, der in diesem Jahr sein 100-jähriges Jubiläum feiert. Jens Stadtmann kann sich noch gut an die Blütezeit des Vereins in den 1970er Jahren erinnern: „Unsere Mannschaft spielte in der zweithöchsten Liga, der Bundesklasse. Einige Spieler vertraten die Vereinsfarben sogar bei Deutschen Meisterschaften. Und unsere Jugendmannschaft wurde 1975 NRW-Meister.“

Den kommenden Sommer wollen Stadtmann und Co. dazu nutzen, die bewegte Geschichte des von Bergleuten gegründeten Vereins in die Öffentlichkeit zu tragen. Geplant ist ein Simultan-Wettkampf mit einem Großmeister, „am liebsten in der Öffentlichkeit, vielleicht auf dem Berliner Platz“, sagt Stadtmann.

Großer Festakt zum 100-Jährigen im Forsthaus Specht

Anfang September ist auch ein großer Festakt im Forsthaus Specht vorgesehen: „Wir können nur hoffen, dass uns Corona keinen Strich durch die Rechnung macht.“ Bis dahin soll sich der positive Mitgliedertrend möglichst fortsetzen. Stadtmann und Co. empfangen alle Schach-Interessierten mit offenen Armen.

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Wer den Schachklub SV Bottrop 21 näher kennenlernen möchte, findet auf der Homepage des Vereins alles Wissenswerte. Der Vorsitzende Jens Stadtmann gibt auch gerne per E-Mail (praxisstadtmann@web.de) oder telefonisch Auskunft: 02041/27578. Wer den Verein unverbindlich kennenlernen möchte, kann nach Beendigung der Corona-Zwangspause auch freitags unangemeldet im Spiellokal (Gemeindehaus der Liebfrauengemeinde, Buchenstraße 18) vorbeischauen.

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