Bottrop. Saisonvorbereitung: Die Kicker des SV 1911 Bottrop steigen ins Training ein und gehen dabei zunächst ihrem Trainer auf den Leim.

Die Pause zwischen zwei Spielzeiten ist vorbei. Viele freie Tage haben oft starke Auswirkungen auf die Verhaltensweisen in Kreisliga-Klubs. Der eine lässt seine Fußballkolumne eine Woche pausieren, der nächste nimmt ein paar Kilo zu und wieder ein weiterer heiratet seine Frau.

Wenn der Trainer heiratet, darf dann auch mal das Training ausfallen, ansonsten aber sind alkoholbedingte Absagen ein absolutes No-Go in den Augen des Übungsleiters. Neben seiner Vermählung hat Coach Carter (er durfte seinen Nachnamen behalten) noch etwas zu feiern. Zum 15. Juni wurden die Beschränkungen für den Kontaktsport gelockert. Das bedeutet, dass wieder wild trainiert werden darf.

24 Spieler melden sich zum ersten Training

Somit wurde am 16. Juni auch offiziell die Sommervorbereitung eingeläutet. 24 entschlossene Ascheathleten trafen sich an den Weywiesen, um den Ball endlich wieder mit gewohntem Körperkontakt laufen zu lassen. Alle richteten sich auf einen großen Spaß ein. Denn traditionell wird bei der ersten Einheit der Vorbereitung ein großes Trainingsspiel absolviert, bevor es dann in den kommenden Wochen an die Substanz der Spieler gehen wird.

Aber wohl nicht dieses Mal. Coach Carter blickte in erschreckte Gesichter, als seine Jungs erkannten, was dort auf dem Platz aufgebaut wurde. Hütchen über Hütchen, gespickt mit liegenden Leitern und Sprossen, die zusammen immer für großangelegte Laufeinheiten stehen. „Ist das sein Ernst?“, hört man es aus verschiedenen Richtungen tönen. „Wäre ich mal zu Hause geblieben und hätte Gladbach geguckt“, stöhnt Max, der aufgrund einer Geschmacksverirrung den Fohlen vom Niederrhein die Treue schwört.

Warum liegen hier überall Hütchen?

Kritische Gesichter beim Kreis vor Trainingsbeginn, wo der Trainer immer eine improvisierte Ansprache hält. Heute aber ist da relativ wenig improvisiert, denn Coach Carter zückt auf einmal einen Zettel. Selten erlebte Professionalität, die so ein Zettel auf einem Ascheplatz kreiert. „Ab heute will ich hier nur Vollgas sehen. Wir brauchen wieder mehr Fitness“, beginnt der 30-jährige Wahl-Ratinger. „Ich möchte nicht sehen, dass hier jemand abschaltet, denn ein Spiel kann nur mit allen elf Spielern gewonnen werden.“

In einer anderen Runde hätte man wohl schon das Phrasenschwein klingeln gehört. Aber Recht hat er ja. Nur könnte man nicht mit diesen anstrengenden Fitnessübungen an einem anderen Tag anfangen? Wir sind 24 Leute und haben das perfekte Fußballwetter. „Wir teilen die Gruppe jetzt in zwei Hälften auf. Die eine Hälfte geht rüber zum Henne und absolviert ein paar Laufeinheiten. Die andere Truppe bleibt bei mir und läuft auch. Aber halt ein wenig mit dem Ball dabei.“

Zweimal 30 Minuten echte Gefühle

Witzbold. Niemand hat hier so richtig Lust darauf. Nur will hier aber auch niemand etwas dagegen sagen, weil die flammende Motivationsrede war ja schon ganz gut. Außerdem will auch jeder normale Fußballer eine erfolgreiche Saison spielen, wofür Fitness unabdingbar ist. Außer vielleicht bei Schalkern. Denen reicht ja auch eine ordentliche Hinrunde. „Nee, aber mal ernsthaft“, leitet Coach Carter die Pointe ein. „Packt die Hütchen weg und holt Bälle und Leibchen raus. Die Mannschaften sind ja bereits gemacht, wir zocken jetzt zwei Mal 30 Minuten Fußball!“

Jubelnde Spieler folgen den Anweisungen und bereiten sich auf das erste Trainingsspiel seit einer gefühlten Ewigkeit vor. Alles klappt noch nicht, aber das will das Trainergespann ja auch noch ändern. Dafür ist das Bild nach dem Training ein Gewohntes. Bei diversen hopfenhaltigen Getränken - begleitet von der Bundesliga-Konferenz - wird der Abend beendet. Es geht endlich wieder los!

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1911 Freunde sollt ihr sein

Lukas Schneider ist Bottroper und leidenschaftlicher Amateurfußballer. Der 24-Jährige ist Torhüter des SV 1911 Bottrop und teilt mit uns in seiner Kolumne „1911 Freunde“ den Blick auf das nicht selten skurril komische Innenleben des kleinsten Bottroper Kreisliga-Vereins. Mindestens einmal wöchentlich nach den Spieltagen.