Bochum. Lilly Schmidt ist taub und spielt mit hörenden Teamkolleginnen. Das bringt Schwierigkeiten - und Chancen. Sie fordert ihre Mitmenschen auf, keine Angst vor Gehörlosen zu haben.
Die kleinen und großen Gesten gehören zum Sport dazu. Sei es der kurze Fingerzeig in Richtung einer Mitspielerin, das Nicken, um anzudeuten: Jetzt geht es los. Oder der Trainer, der an der Seitenlinie steht und mit rudernden Armen noch einmal alle nach vorne treibt. Es sind Hilfen, um ohne Worte, viel zu sagen. Für Lilly Schmidt sind sie viel mehr.
Die Gesten sind alles, worauf sie sich während eines Spiels verlassen kann. Die 18-jährige Basketballerin ist taub und hat doch ohne Probleme einen Platz in der Landesliga-Mannschaft des TV Gerthe gefunden.
„Am Anfang wollte ich nicht in einer hörenden Mannschaft spielen“, erklärt sie per Chat-Nachricht. „Aus eigener Erfahrung ist es oft schwierig mit Hörenden. In Deutschland wird leider wenig über Gehörlose aufgeklärt. Deshalb sind die Leute oft hilflos und wissen nicht, wie sie mit uns umgehen sollen.“ In Gerthe, wo sie seit knapp zwei Jahren spielt, sei das kein Problem. „Ich habe mich hier sofort wohl gefühlt“, sagt sie.
Schmidt schaffte den Regionalliga-Aufstieg mit TV Gerthe
Zunächst hatte sie mit Leichtathletik angefangen. Mit ihrem Bruder, der wie ihre gesamte Familie auch taub ist, begann sie dann mit Street-Basketball, ehe es sie über einen Gehörlosen-Verein in Essen 2022 zum TV Gerthe verschlug.
„Mein Gehörlosen-Trainer hat damals gesagt, dass es wichtig ist, auch in einer hörenden Mannschaft zu spielen, weil ich mich schnell entwickle“, sagt sie. Und in der U18 der Gerther bestätigte sie das. „Wir wurden Oberliga-Meister und sind in die Regionalliga aufgestiegen. Der Teamgeist war stark und besonders. Es war eine schöne Zeit.“
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Ohnehin versprüht Schmidt eine gehörige Portion Optimismus. Diskriminierung hat sie noch nicht in großem Ausmaß erfahren. „Es gibt oft Kleinigkeiten, aber die sind meistens eher unbewusst“, erklärt sie. „Es verletzt mich nicht, aber es ist trotzdem manchmal anstrengend.“
Schmidt: „Sport ist eine große Kultur für Gehörlose“
Schließlich wolle sie ja nur Basketball spielen. „Ich finde es wichtig, dass wir Gehörlosen zeigen können, dass wir auch etwas können und nicht durch unsere Hörbehinderung eingeschränkt sind. Der Sport ist eine große Kultur für Gehörlose“, meint sie. Und Schmidt ist mittendrin – auch wenn es noch Herausforderungen gibt. „Die Kommunikation beim Basketball ist nicht immer einfach. Ich schaue meistens, was meine Mitspielerinnen machen, und verstehe es“, sagt sie.
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Ganz ohne Gesten geht es eben auch nicht. Bei Auswechslungen wird auf die jeweilige Ersatz-Frau gedeutet, ähnlich läuft es, wenn Schmidt eingewechselt werden soll. „Wenn der Trainer mir während des Spiels etwas sagen will, macht er meistens Gesten, damit ich es verstehe. Wenn das nicht klappt, tauscht er mich aus und erklärt noch einmal, was ich machen soll“, sagt sie. Für bestimmte Strategien haben sich die Gerther Basketballerinnen spezielle Handzeichen überlegt.
Mit ihren 18 Jahren steht Schmidt noch am Anfang ihrer Basketball-Karriere, hat aber klare Ziele. „Ich würde gerne für die deutsche Gehörlosen-Nationalmannschaft spielen, leider ist die zurzeit nicht aktiv“, sagt sie. „Aber mein Ziel ist es jetzt, immer besser zu werden und in einer höheren Liga zu spielen.“
Und das will Schmidt darüber hinaus noch betont wissen: „Wir können alles trotz Taubheit schaffen. Und habe keine Angst, dich mit Gehörlosen einzulassen.“