Wattenscheid. Dieses Bezirksliga-Spiel wird Nils Hönicke nie vergessen. Ein Mitspieler bleibt nach einem Zusammenprall liegen. Der Ex-Wattenscheider ist als erster bei ihm.
Ein Bild, das drei Männer zeigt, möglicherweise sind sie sogar Freunde, sie stehen dort schließlich Arm in Arm. Sie stehen auf Kunstrasen, hinter ihnen ein Flutlichtmast, die drei Männer sehen glücklich aus, entspannt.
Es ist ein Foto, das nach jedem beliebigen Fußballtraining hätte entstehen können. Auf der linken Seite ist Nils Hönicke zu sehen, ehemaliger Oberliga- und Regionalliga-Spieler der SG Wattenscheid 09. Rechts steht sein Mannschaftskollege Yannick Niehues von der DJK SV Mauritz.
Der Mann in der Mitte wiederum ist Nikolas Hüls. Auf dem Bild hält er seine beiden Lebensretter im Arm.
Ex-Wattenscheider Hönicke ist als erster beim bewusstlosen Spieler
Am 6. Oktober spielt der Klub aus Münster in der Bezirksliga beim Borghorster FC. Nikolas Hüls steigt zum Kopfball hoch, sein Gegenspieler trifft ihn mit Wucht am Kopf, Hüls wird noch in der Luft bewusstlos, bleibt danach am Boden liegen. Nils Hönicke ist zuerst da, dann kommt schnell Yannick Niehues dazu. „Nikolas hat nicht mehr geatmet, das konnte man direkt sehen“, sagt Hönicke.
Er und Niehues handeln sofort. „Wir haben seinen Kopf überstreckt, das half aber immer noch nicht“, sagt Hönicke. „Dann habe ich in seinen Mund gegriffen und den Atemweg befreit.“
Die Geschichte mit Lebensretter Hönicke nimmt eine Wendung
Hüls überlebt, seine Erinnerung reicht aber nur zurück bis zur Fahrt im Rettungswagen. Inzwischen, sagt er, gehe es ihm wieder gut. Doch so einen Unfall steckt niemand so schnell weg. In den Trainingseinheiten nach seiner Pause habe er noch Schwindel gespürt, in Zweikämpfen sei er zurückhaltender.
In den Tagen nach dem Ereignis bekommen der Bezirksligist und die beiden Lebensretter viel Aufmerksamkeit. Etliche Lokalzeitungen schreiben darüber, auch das lokale Fernsehen kommt vorbei. Sogar bundesweit wird der Fall bekannt: Auf seinem Instagram-Auftritt berichtet das Contentnetzwerk Funk (ARD und ZDF) darüber. Und dann nimmt die Geschichte eine Wendung.
Userin unterstellt den Lebensrettern falsche Handlungsschritte
Eine Userin kommentiert den Beitrag, kritisiert die Art der Rettung und unterstellt dem Duo falsche Handlungsschritte. Hönicke liest das und ist fassungslos. „Junge, junge“, sagt er kopfschüttelnd, „du kannst in Deutschland einem das Leben retten, aber manche Leute finden trotzdem noch Fehler. Es gab so viele positive Reaktionen. Und dann kommt eine um die Ecke und haut sowas raus.“
Jetzt habe er gelernt, es sei besser gewesen, er hätte seinen Mitspieler zunächst in die stabile Seitenlage gebracht, dann dessen Kopf überstreckt. „Weiß ich fürs nächste Mal“, schiebt der Mittelfeldspieler nach. Doch ganz egal, wie er und Yannick Niehues gehandelt haben: Die beiden haben gehandelt - und Nikolas Hüls lebt.
Ex-Wattenscheider Hönicke besucht einmal pro Jahr einen Erste-Hilfe-Kurs
„Manchmal“, sagt Hönicke, „denke ich darüber nach, wie es gelaufen wäre, wenn niemand gewusst hätte, was wir tun sollen. Ich war so voller Adrenalin, habe mir aber in Erinnerung gerufen, was ich im Erste-Hilfe-Kurs gelernt habe.“ Den mache er bereits regelmäßig, das Erlebte habe ihn dazu bewegt, mindestens einmal pro Jahr so einen Kurs zu besuchen. Als Sportlehrer sei ihm das besonders wichtig, wer weiß, was noch kommen werde?
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In der Schule, in der Hönicke arbeitet, absolvierte Nikolas Hüls zum Zeitpunkt des Unfalls sein Praxissemester. Die beiden kannten sich schon vorher, hatten da bereits ein gutes Verhältnis. So fiel es Hönicke auch nicht schwer, seinem Mannschaftskollegen den einen oder anderen Spruch zu drücken.
Hönicke: Wenn mir mal einer das Leben retten sollte, darf er dabei gerne einen Fehler machen“
Als Hüls wegen der Folgen des Unfalls für einige Tage nicht arbeiten konnte, wurde der frühere Wattenscheider als Vertreter bestimmt. „Ich habe ihm dann geschrieben: ‚Ey, erst rette ich dir das Leben, jetzt muss ich dich auch noch vertreten!‘“ Nikolas Hüls konnte darüber schon wieder lachen.
Weniger lustig fand Hönicke die Reaktion der Instagram-Userin. Der Kommentar beschäftigte ihn noch lange. Der frühere Wattenscheider formulierte eine Antwort, die schickte er aber nicht ab. Im Gespräch mit dieser Zeitung liest er seinen letzten Satz vor, denn der ist ihm wichtig: „Wenn mir mal einer das Leben retten sollte, darf er dabei gerne einen Fehler machen.“
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