Bochum. Mit dem VfL Wolfsburg stellt sich am Samstag ein Gegner in Bochum vor, der jetzt mit den ganz Großen in der Champions League spielt. Zieht sich der kleine VfL aus dem Ruhrgebiet ordentlich aus der Affäre, muss es nicht der letzte Spieltag für Frank Heinemann als Trainer gewesen sein.
Wer hätte denn damals schon zu prophezeien gewagt, dass der VfL Wolfsburg knapp neun Monate später als Deutscher Meister Einzug in die Champions League halten würde? Damals, im August 2008, als ein gutes und spannendes Bundesliga-Spiel in Bochum mit einem 2:2 endete. Und wer hätte an diesem zweiten Spieltag geglaubt, dass der Gastgeber bis kurz vor Toresschluss um den Klassenerhalt würde ringen und bangen müssen?
Dass die Wolfsburger nach von Rückschlägen geprägten Jahren, in denen sich die Investitionen des Auto-Giganten VW sportlich auch nicht annähernd auszahlten, nun mit noch mehr Geld auf die Überholspur begeben hatten, war zu diesem Zeitpunkt auf dem Rasen nicht mehr als eine Andeutung. Noch schien auch für weniger gut gepolsterte Klubs gegen die Niedersachsen alles möglich zu sein. Das aber war lange vor dem großen Jubel in der Autostadt.
Was heute möglich ist? Ob überhaupt noch was möglich ist? Man weiß es nicht. „Der Meister kommt zum VfL”, sagt Frank Heinemann nur, und: „Sie haben ihr Ziel erreicht und spielen jetzt mit den ganz Großen.” Eine andere Gewichtsklasse also, ein komplett anderes Preissegment sowieso. Nach dem Titelgewinn flossen beim grünen VfL dank der zu erwartenden Champions League-Zuwendungen noch einmal rund 22 Millionen Euro in kostbare neue Beine. Nicht gesprochen wird im finanziellen Kontext über Bleibeprämien für beispielsweise Edin Dzeko oder Gratifikationen für rechtsgültige Unterschriften. Zvjezdan Misimovic, der ehemalige Bochumer, hat den Niedersachsen sein Ja-Wort bis 2013 gegeben.
Das alles und noch viel mehr könnte einem Bochumer Angst machen, wenn man nicht wüsste, dass jedes Spiel erst einmal gespielt werden muss, dass es im Fußball keine Unfehlbarkeit gibt, und dass zwar nicht alles, aber vieles über den Willen gesteuert wird, gesteuert werden kann.
Der 1:0-Sieg in Nürnberg wird von den Bochumer Spielern einerseits als Befreiung betrachtet (Marcel Maltritz: „Es war wichtig zu sehen, dass man es noch kann. Dann traut man sich auch mehr zu.”), andererseits mit dem unausgesprochenen Hinweis auf die Qualität des Gegners relativiert (Anthar Yahia: „Wir haben diszipliniert und ganz gut nach vorne gespielt, aber die Partie war auch nicht sehr intensiv.”). Sollte man jedoch gegen Wolfsburg vom eingeschlagenen Pfad der Tugend abkommen, fügt der Algerier noch in deutscher Deutlichkeit hinzu, „kriegen wir wieder was auf die Fresse”.
Yahia hat sich übrigens zurückgemeldet, die Bauchmuskel-Verhärtung ist fast ausgestanden. Auch Mergim Mavraj, dem nach schlauchender Krankheit noch ein wenig die Kraft fehlt, steht wieder zur Verfügung. Bleiben noch die Fragezeichen hinter Dennis Grote und Diego Klimowicz, während Daniel Imhof wegen nach wie vor großer Schmerzen keine Hoffnungen mehr hat, am kommenden Spieltag dabei sein zu können.
Der nicht der letzte für den Trainer Frank Heinemann sein muss. Zieht sich die Mannschaft auch gegen den Meister ordentlich aus der Affäre, zeigt sie weiterhin Biss und Courage, dann wäre der Handlungsdruck für die VfL-Führung minimiert und man könnte Rücksicht nehmen auf mögliche terminliche Zwänge und Verpflichtungen der oder des bevorzugten Nachfolgekandidaten.
Wem beim Lesen der letzten Zeilen zwanghaft der Name Peter Neururer in den Sinn gekommen ist, der sollte besser ein wenig Distanz wahren zur boulevardesken Aufbereitung des Themas Fußball. Dass Neururer in Duisburg seit geraumer Zeit und in aller Öffentlichkeit seinen Rauswurf betreibt, dürfte ihn in den Augen der Bochumer Verantwortlichen ebenso wenig für ein Comeback beim VfL qualifizieren wie seine alljährlichen Motorrad-Touren mit Heinemann zur Sommerzeit.