Bochum. Linden-Dahlhausen tritt zum Spiel bei DJK AfB Bochum nicht an. Es herrsche Angst vor Gewalt. Die Hintergründe und Reaktionen zu den schweren Vorwürfen.

Der 14. April 2024 ist kein Kreisliga-Sonntag wie jeder andere: In der Kreisliga-Staffel B2 hat die SG Linden-Dahlhausen ihr Auswärtsspiel bei der DJK AfB Bochum abgesagt. Die Begründung: Angst vor Gewalt. Es ist das erste Mal, dass ein Fußballspiel in Bochum nicht angepfiffen wird, weil eine Mannschaft Angst vor dem Gegner hat.

Die SG Li.-Da. hat am Sonntagmorgen eine Stellungnahme der ersten Mannschaft veröffentlicht, in dem die Spieler den Nichtantritt erklären: „Wir haben uns überlegt, welches Zeichen wir nach dem Hinspiel setzen wollen“, heißt es - dieses war nach Tätlichkeiten und Beleidigungen abgebrochen worden. Ein AfB-Spieler wurde vom Sportgericht verurteilt, einer freigesprochen; der Schiedsrichter lastete den Abbruch der DJK AfB an.

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Kreisliga-Absage in Bochum: Mehrheit der Mannschaft ist dafür, nicht zu spielen

Vor dem Rückspiel gab es nun in Linden-Dahlhausen Sorge vor erneuten Auseinandersetzungen: „Es ist klar, dies würde kein normales Kreisligaspiel werden.“ Die Mehrheit der Mannschaft habe dafür gestimmt, nicht anzutreten.

Lindens Vorsitzender Armin Kasche unterstützt das: „Die spielen aus Hobby Fußball, beim Hinspiel kam es aber zum Beispiel zu einer Kopfnuss. Da kann ich diese Entscheidung verstehen.“ Linden-Dahlhausens erste Mannschaft schreibt dazu von einem Schlag und Tritten: „Kreisligafußball soll Hobby sein. Kein Angstraum.“

Erst vor einigen Wochen hatte ein anderes Team, der SV Waldesrand Linden, nach 50 Minuten gegen AfB Bochum den Platz verlassen, „aus Angst vor körperlichen Angriffen und Verletzungen“, wie es nun in der Stellungnahme der SG Li.-Da. heißt. Das Sportgerichtsverfahren dazu steht noch an. Beim Duell der beiden Lindener Teams vor einer Woche tauschten sich die Teams auch über ihre Erfahrungen mit AfB aus - das trug zur Entscheidung bei, nun nicht anzutreten.

„Es gibt die Haltung, dass die bei AfB eine kurze Zündschnur haben“

Staffelleiter Christian Müller hat das Spiel abgesetzt, die Punkte werden diesmal an die DJK AfB gehen. Er kennt den Verein als Staffelleiter, aber auch als Schiedsrichter und warnt davor, den Klub aus Bochum-Hofstede voreilig zu verurteilen: „Von solchen polemischen Äußerungen halte ich nichts. Meine Erfahrungen mit dem Verein sind auch andere, und jeder Fall ist anders. Man muss jeden Sachverhalt neu bewerten.“

Die DJK AfB Bochum stieg im vergangenen Sommer in die Kreisliga B auf - hier eine Szene aus der Aufstiegsrunde gegen Eppendorf.
Die DJK AfB Bochum stieg im vergangenen Sommer in die Kreisliga B auf - hier eine Szene aus der Aufstiegsrunde gegen Eppendorf. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

AfB-Geschäftsführer Bernhard Dettlaff reagiert im Gespräch mit der WAZ vor allem mit Unverständnis auf die Spielabsage und die Äußerungen aus Linden-Dahlhausen: „Das Hinspiel ist ein halbes Jahr her, auch die Lindener hatten ihren Anteil am Spielabbruch mit Beleidigungen.“

Er sei seit 44 Jahren im Vorstand des Vereins und fühlt den Verein in eine Ecke gestellt, weil dort vor allem Spieler am Ball sind, deren Familien aus der Türkei oder anderen Ländern kommen. „Es wird viel untereinander erzählt und es gibt die Haltung, dass die bei AfB eine kurze Zündschnur haben - und dann versuchen die alles mögliche und schmeißen sich auf den Boden.“

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DJK AfB Bochum hat einen schlechten Ruf

Die DJK AfB Bochum hat in der Tat einen schlechten Ruf in der Bochumer Kreisliga-Szene. In 22 Spielen sah die Mannschaft acht Platzverweise - viermal Gelb-Rot, viermal Glattrot. Damit liegt AfB in der Ligaspitze. Mehrfach war der Klub in Abbrüche oder Ausschreitungen verwickelt - nicht nur im Hinspiel gegen Linden-Dahlhausen und zuletzt Waldesrand Linden.

Hinweis: An dieser Stelle war auf Basis der offiziellen Daten auf fussball.de eine falsche Zahl der Platzverweise aufgeführt - wir haben die Zahl nach Rücksprache mit dem Kreis Bochum korrigiert.

Im vergangenen Sommer kam es zu Rangeleien bei einem Spiel der Aufstiegsrunde gegen den FC Bochum. Im Herbst musste der Klub mehr als 1000 Euro Strafe zahlen, weil im Spiel gegen Sevinghausen ein Schiedsrichter von einem Zuschauer angegangen und von einem Unbekannten bespuckt wurde, dazu gab es eine 10-Spiele-Sperre für einen Spieler. An der Hallenstadtmeisterschaft durfte AfB aufgrund eines offenen Sportgerichtsverfahrens nicht teilnehmen, wurde am Ende laut Müller allerdings freigesprochen.

„Es ist zu einfach, dass AfB immer die Bösen sind“

Müller nimmt den Klub teilweise in Schutz: „Man muss immer auch auf den Auslöser gucken“, sagt der Staffelleiter. „Wenn etwas passiert, heißt es: Ach, das war mal wieder AfB. Aber es liegt eben nicht immer an AfB.“ Jörg Kaminski, Vorsitzender im Kreis-Fußballausschuss, findet auch: „Es ist zu einfach, dass AfB immer die Bösen sind.“ Die Verantwortlichen des Fußballkreises haben auch die Sorge, dass Spieler mit türkischen Wurzeln vorverurteilt werden.

Jörg Kaminski vom Fußballkreis Bochum (re.), mit Axel Zimmermann.
Jörg Kaminski vom Fußballkreis Bochum (re.), mit Axel Zimmermann. © FUNKE Foto Services | Michael Schwalm

Der Kreis geht mit verschiedenen Maßnahmen gegen Mannschaften vor, die wiederholt auffällig werden: Vor der Saison gibt es Deeskalations-Trainings und im Saisonverlauf einen regelmäßigen Austausch; dazu verhängen die Sportgerichte nicht nur lange Sperren, sondern auch verhältnismäßig hohe Geldstrafen als Abschreckung. Mehrfach war auch eine Kreisaufsicht bei Spielen der DJK AfB, teilweise auf expliziten Wunsch des AfB-Gegners. Ergebnis: Alles im Rahmen - typische Kreisliga-B-Spiele.

Das Vertrauen, dass alles im Rahmen bleibt, hat die erste Mannschaft der SG Linden-Dahlhausen offensichtlich nicht mehr: „Der Kreis tut wenig bis nichts“, heißt es. Und: „Wir hoffen, dass diese Aktion den Kreis zu einer nachhaltigen Tat in dieser Angelegenheit bewegt. So kann es doch nicht mehr weitergehen.“