Wattenscheid. Hönicke hat für Wattenscheid 09 in der Regionalliga gespielt. Zur Krise sagt er: „Was wir aufgebaut haben, haut der Verein rücksichtslos um.“
Im Kreisliga-Spiel zwischen dem SV Mauritz und dem SC Münster 08 gelangen Nils Hönicke zwei wunderschöne Tore, eins davon in der Nachspielzeit. Der frühere Mittelfeldspieler der SG Wattenscheid 09 war aus Sicht des Münsteraner Vereins der Mann des Tages, tags darauf waren seine Gedanken, vor allem aber seine Emotionen, bei einem ganz anderen Klub. Und dass das so ist, zeigt, welche Strahlkraft dieser Club immer noch hat. Für Hönicke und auch für andere Fußballfans.
Die SG Wattenscheid 09 dümpelt in beängstigender Konstanz im Keller der Oberliga Westfalen umher, eine Besserung der katastrophalen Lage ist derzeit nicht in Sicht. Da helfen keine Durchhalteparolen, auch nicht das wiederholte Loben der Trainingsleistung der Mannschaft. Hönickes Meinung: „Alles, was wir vor einigen Jahren mit den Händen mühsam aufgebaut haben, haut der Verein gerade rücksichtslos um.“
Seit einiger Zeit bereits stelle er fest, dass bei dem ehemaligen Bundesligisten einiges im Argen liegt. Das fange beim aus seiner Sicht zu langen Festhalten an Trainer Christian Britscho an, gehe weiter über die Zusammenstellung des Kaders und Ende beim Umgang mit verdienten Spielern. „Ich höre immer wieder, dass der Kader stärker sein soll als der, mit dem wir 2022 in die Regionalliga aufgestiegen sind. Ich frage mich, wie man das behaupten kann. Wenn ich mir die Tabelle anschaue, habe ich arge Zweifel daran.“
Hönicke: „Wattenscheid 09 fehlen die Führungsspieler“
Als Tabellenzweiter war Wattenscheid vor rund anderthalb Jahren aufgestiegen, Hönicke hatte den Verein damals aus beruflichen Gründen verlassen. Was er in der aktuellen Mannschaft vermisst, sagt er klar und deutlich: „Ich habe vor drei Jahren gesagt, dass es in einer Mannschaft Spieler gibt, die mitlaufen, und Spieler, die führen. In der aktuellen Mannschaft sehe ich keinen Spieler, der richtig führt. Das fehlt, und es wäre aktuell wichtig so jemanden zu haben.“
Wenn er auf die Tabelle schaue, mache ihn das traurig: „Nie im Leben hätte der Verein aus der Regionalliga absteigen müssen. Es wurden so viele Geschenke gemacht, und um Dennis Lerche hätte man ein stabiles Konstrukt aufbauen können. Denn einen Spieler, der 15 Tore in einer Saison schießt, bekommt man auch in der Regionalliga nicht so schnell.“
Lerche ist inzwischen nicht mehr Teil des Teams, wurde freigestellt. Er musste den Verein aus disziplinarischen Gründen verlassen, andere Akteure wiederum sind im Guten mit dem Verein auseinander gegangen. Hönicke vermisst da jedoch den guten Stil vonseiten der SGW und verweist beispielhaft auf seinen ehemaligen Mannschaftskollegen und guten Freund Norman Jakubowski, der trotz Langer Zeit in Wattenscheid und eines großen Treuebekenntnisses nach der Insolvenz keine offizielle Verabschiedung bekommen hatte. „Das ist nicht die Art und Weise, wie ein Verein, der von Emotionen lebt und das auch immer wieder betont, mit Leuten umgehen sollten, denen er viel zu verdanken hat.“
Hönicke kritisiert auch den Umgang mit verdienten Spieler der SG Wattenscheid 09
In seinen Augen hat die Wattenscheider Vereinsführung zu viel Wert darauf gelegt, Ruhe im Verein zu halten. „Das ist nicht immer gut. Man muss sich ständig selbst hinterfragen, sich ständig verbessern wollen, und dazu gehört, dass man auch unangenehme Wahrheiten zulässt. Ich habe nicht das Gefühl, dass das möglich ist. Auch als ich dort gespielt habe, waren unangenehme und gegenläufige Meinungen nicht das, was alle gern gehört haben. Dabei hätte das eine oder andere uns sicher weitergeholfen.“
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Hönicke spielt inzwischen in der Kreisliga in Münster. Dort wohnt er und bereitet sich auf seine Lehrer-Laufbahn vor. Für ambitionierten Amateurfußball hat er kaum noch Zeit, trotzdem beschäftigt ihn sein Verein weiter, auch wegen einer Geste aus dem Umfeld des Clubs. Zu seinem 30. Geburtstag hatten Fans der schwarz-weißen eine Fahne unterschrieben und ihm Grüße übermitteln lassen. Hönicke: „Da hatte ich Gänsehaut und habe Tränen in den Augen gehabt.“