Wattenscheid. Casalino spricht über sein YouTube-Statement, den Lerche-Rauswurf, den Trainerwechsel und erklärt: Wattenscheid kann den Tabellenführer schlagen.

Oberliga-Schlusslicht SG Wattenscheid 09 hat eine bewegte Woche hinter sich: Nach dem 0:5 in Münster eskalierte die Situation intern, Stürmer Dennis Lerche wurde freigestellt. Mannschaftsinteressen stünden über Einzelinteressen, hieß es. Am Mittwoch folgte das emotionale 3:2 im Krombacher-Westfalenpokal gegen den ASC Dortmund. Unter den Torschützen: Felix Casalino, auf dem nach Lerches Rauswurf noch mehr Verantwortung lastet.

Im Interview vor dem Heimspiel gegen Tabellenführer Lotte (So., 15 Uhr, Lohrheidestadion) spricht der 25-Jährige über den Trainerwechsel, seine Führungsrolle in der Mannschaft – und sein YouTube-Statement, in dem er erklärt hatte, vorerst seine Aktivitäten zurückzufahren: „Ich bin an einem Punkt, an dem ich mich nicht mehr hier hinsetzen und über meine Mitspieler reden möchte“. Bis dato hatte er für seine knapp 30.000 Follower nach jedem Wattenscheider Spiel ein Video hochgeladen, dabei vor allem Fehlschüsse, Gegentore, Niederlagen kommentieren müssen. Umso glücklicher war er nach dem Sieg über den ASC.

Herr Casalino, herzlichen Glückwunsch zum Sieg, zum Tor. Der erste Heimsieg in 2023 – wie fühlt es sich an, den zu feiern?

Felix Casalino: Das ist brutal wichtig. Uns ist so ein krasser Stein vom Herzen gefallen, auch mal ein Spiel durchgebracht zu haben. Nicht jede Saison-Leistung von uns dieses Jahr war schlecht. Wir haben es einfach nur selten geschafft, das Spiel zu Ende zu bringen. Auch jetzt haben wir nicht den Gegner abgeschossen, aber wir haben dreimal geführt und am Ende 3:2 gewonnen. Eine unfassbare Mannschaftsleistung und einfach verdient.

Wattenscheid 09: „Jeder hat gezeigt, auf was für einem Niveau er zocken kann“

Es gab viele Parallelen zum Ligaspiel gegen den ASC, das 1:2 verloren ging. Ihr Führungstor, der Ausgleich nach der Pause, ein spätes Freistoß-Gegentor. Warum sind Sie, anders als zuletzt, nicht auseinandergefallen?

Felix Casalino zieht ab: Gegen den ASC Dortmund erzielte er das frühe 1:0.
Felix Casalino zieht ab: Gegen den ASC Dortmund erzielte er das frühe 1:0. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Richtig, ich stand da auch und dachte das gleiche: Warschewski hatte seinen dritten Freistoß und der war dann drin. Das war in der Liga genauso. Es war ziemlich viel gleich heute, aber wir haben es einfach über die Zeit gebracht. Unsere Wechsel haben brutal eingeschlagen. Wir waren heute nicht nur elf Mann auf dem Platz, sondern auch jeder, der reinkam, hat gezeigt, auf was für einem Niveau er zocken kann. Und wir haben ein bisschen gezeigt, dass wir auch Fußball spielen können.

Trainer und Vorstand haben zuletzt betont, Mannschaftsinteressen über Einzelinteressen zu stellen – dann folgte der Schritt, Dennis Lerche freizustellen. Können Sie beschreiben, was in der Mannschaft in den vergangenen Tagen und Wochen los war?

Es ist ein Trainerwechsel, und jeder Trainer hat halt seine Philosophie. Engin (Trainer Yavuzaslan, d. Red.) bringt halt seine Philosophie sehr ein, das merkst du durch solche Schritte – und die Mannschaft nimmt das auf. Auch für die Mannschaft ist das neu. Auch für mich ist es der erste Trainerwechsel in meiner Laufbahn. Von daher müssen alle damit neu umgehen, und das ist eine spannende Phase für alle. Wir versuchen, den bestmöglichen Weg zu gehen und haben hier den ersten Schritt gemacht.

Casalino verdient mit YouTube-Geld – aber es muss auch Spaß machen

Es könnte der erste Schritt gewesen sein. Sie haben zuletzt ihr YouTube-Statement abgegeben, haben gesagt, Sie fahren an der Stelle ein bisschen runter. War das auch so ein Schritt zu sagen: Ich nehme mich selber mal ein bisschen raus und stelle die Mannschaft nach vorne? Würden Sie das auch in den gleichen Kontext einordnen?

Auf der einen Seite stelle ich mich in den Sinn der Mannschaft. Auf der anderen Seite ist es auch einfach schwierig, sich hinzusetzen und zu kommentieren, wie man fünf Stück von Münster bekommt. Das Projekt muss mir auch Spaß machen, auch wenn ich damit mein Geld verdiene. Das ganze Projekt hat eingeschlagen, wir stehen mit dem Ding sehr in der Öffentlichkeit. Wir reden da nicht offen in der Kabine darüber, dass jeder sagt, wie er das Projekt findet. Und ich weiß nicht, ob den einen oder anderen das vielleicht auch manchmal belastet. Ich weiß nicht, wie das wirkt. Und für mich ist das eine Schraube gewesen, wo ich sage, ich richte einfach nicht die Öffentlichkeit darauf. Das hat in der Kabine großen Zuspruch bekommen, und das freut mich. Wenn das dazu beigetragen hat, dass wir gewonnen haben, freut mich das, aber das weiß ich nicht.

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Es war also Ihre Entscheidung? Oder haben Sie ein Signal bekommen, aus der Mannschaft, oder vom Trainer?

Komplett. Ich bekomme vom Verein, vom Vorstand, vom Trainer viel Zuspruch, ich kann da machen, was ich will. Das war meine Entscheidung.

Casalino sagt: Wattenscheid kann Tabellenführer Lotte schlagen

Dennis Lerche ist nicht mehr da, mit Fynn Broos geht ein weiterer Stürmer auf Krücken – es wird personell dünn im Sturm. Inwiefern sind Sie mehr gefordert oder sehen Sie sich mehr in der Pflicht?

Ich bin auch so in der Pflicht gewesen. Ich bin Führungsspieler in der Mannschaft, bin mittlerweile einer der Ältesten. Egal, ob auf oder neben dem Platz, ich bin wichtig und meine Gesundheit, dass ich fit bin. Das hat natürlich jetzt noch mal ein bisschen zugenommen. Aber es haben jetzt auch andere Tore gemacht, Arda Nebi oder Sero Kacmaz. Es kommt nicht nur auf mich an, sondern wir haben super viele, die sich vorne einschalten, die vor der Kiste ruhig bleiben, und von daher mache ich mir keinen Stress.

Jetzt kommt der Tabellenführer. Ist die Brust so breit, dass Sie sagen: Jetzt schlagen wir auch Lotte?

Die Brust ist immer breit. Auch wenn man das von außen nicht so denkt, wir sind schon echt eine selbstbewusste Mannschaft. Der Sieg gegen Dortmund hat gezeigt, die sind Zweiter: Jede Mannschaft in der Liga ist schlagbar, da gehört Lotte auch zu. Wir müssen einfach die Leistung wieder abrufen, und dann glaube ich, dass das ein Spiel auf Augenhöhe wird. Und das kann das gleiche Ende haben. Dafür müssen wir aber kämpfen, 90 Minuten.

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