Wattenscheid. Das 4:5 gegen Preußen steht sinnbildlich für Wattenscheids Saison. Britscho widerspricht Münster-Coach Hildmann, Schurig gibt ein Versprechen ab.
Auch wenn die SG Wattenscheid 09 gegen den SC Preußen Münster verloren hatte – so richtig als Verlierer fühlten sich die Schwarz-Weißen nachher nicht. Von 1:4 auf 4:4 zurückgekommen, erneuten Ausfällen vor dem Spiel und einem Platzverweis getrotzt, dem Tabellenführer einen mitreißenden Schlagabtausch geliefert. Das 4:5 (1:4) im Lohrheidestadion kann man als Spiel des Jahres bezeichnen, das überregionale Presse-Echo war laut. Für nicht wenige der 2709 Fans im Stadion war es vielleicht das aufregendste Spiel, das sie jemals live erlebt hatten.
Wattenscheids Trainer Christian Britscho kombinierte sein Spielfazit auch gleich mit einer Liebeserklärung: „Wir hätten diesen Punkt mehr als verdient gehabt – aber so schizophren ist Fußball. In den letzten beiden Spielen hatten wir nicht mal den Dreck unter den Fingernägeln verdient und holen sechs Punkte. Heute hatten wir alles verdient und stehen mit leeren Händen da. Das ist das Schöne, das ist das Miese an diesem Sport.“
Preußen Münsters Trainer Sascha Hildmann bekommt Widerspruch von Britscho
„Ich hab lange nicht mehr so ein geiles Spiel gesehen“, meinte er, und widersprach damit Münsters Trainer Sascha Hildmann, der zwar einsah, dass es für die Fans ein tolles Spiel gewesen sei. Er selbst hatte aber gemischte Gefühle angesichts einer „schlechten zweiten Halbzeit“ in diesem „Wahnsinns-Spiel“. Nicht der einzige Punkt, in dem die Trainer sich – neben einigen Schiedsrichter-Entscheidungen – uneins waren.
„Wir machen den Gegner stark“, klagte Hildmann, dass seine Mannschaft eine eigentlich perfekte Ausgangsposition nach dem frühen 2:0 und dem 4:1 zur Pause nicht ausspiele, „wir machen es uns selber schwer“ – und erntete Britschos Widerrede. „Ich muss widersprechen: Münster hat uns nicht stark gemacht, wir waren von Anfang an stark“, sagte er, und bekam Applaus im Presseraum. „Dass es 1:4 zur Halbzeit steht, sind unsere eigenen Fehler, da müssen wir uns an die eigene Nase packen. Wir waren die bessere Mannschaft.“
Mit der Ansicht war er nicht alleine. Der Spielverlauf war symptomatisch für diese Wattenscheider Saison, im Schlechten wie im Guten. Nicht zum ersten Mal in dieser Saison ärgerte sich Britscho über „Slapstick-Tore“ nach eigenen groben Schnitzern, wie Samstag vorm 0:1 und 0:2. Gegentreffer in Spielen gegen Ahlen, Bocholt oder Lippstadt sind nur ein Ausschnitt aus der Liste der kuriosen bis bitteren Gegentore, und das Phänomen ist unabhängig vom Personal. Die SG Wattenscheid liegt oft hinten, wenn sie das gar nicht müsste, sie lässt Punkte liegen und steht deshalb zurecht auf einem Abstiegsplatz.
Schurig stolz über Leistung gegen „gefühlte Millionentruppe“
Aber, und das ist der Fortschritt: Wattenscheid kann im Gegensatz zu den Spielen zu Saisonbeginn bei Rückständen antworten. Das Team hat viel Wucht, Willen, aber auch fußballerische Qualität entgegenzusetzen. Die Mannschaft scheint in der Liga angekommen, wurde personell fortlaufend verstärkt.
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Auch die unbeugbare Moral aus der Aufstiegssaison scheint zurück, trotz oder vielleicht auch wegen aller Rückschläge auf und neben dem Platz – siehe Schalke, siehe Düren, siehe Düsseldorf, siehe Münster. Deshalb macht sich Wattenscheid zurecht wieder größere Hoffnungen auf den Klassenerhalt, auch wenn ein unerwarteter Punkt gegen Münster natürlich geholfen hätte. Aber das Ergebnis trat in den Hintergrund.
„Wir sind eine Einheit, auch mit dem Stadion, mit den Fans, mit dem gesamten Verein“, schwärmte Kapitän Marvin Schurig trotz aller Bitterkeit, „deshalb konnten wir heute einer gefühlten Millionentruppe Paroli bieten.“
Seit dem Saisonbeginn hat sich viel getan bei der SGW
„Wir legen alles in die Waagschale“, beschrieb Umut Yildiz. „Das heute soll uns mal einer nachmachen. Wir haben einen Riesenschritt nach vorne gemacht in den letzten Wochen, wir arbeiten hart und geben Gas im Training.“ Das gilt es jetzt weiter zu beweisen, bis zum Winter noch in Wuppertal und zu Hause gegen Ahlen. Die Hinspiele gingen 1:4 und 0:8 verloren, mit zahlreichen gravierenden Abwehrfehlern.
Seitdem hat sich einiges getan. Im Kader, aber offensichtlich auch in den Köpfen. Dafür war das 4:5 gegen Münster ein erneuter Beleg und deshalb durften die Wattenscheider nicht nur Schmerz, sondern auch Stolz fühlen. „Wir haben die erste Halbzeit fehlerbehaftet gespielt“, formulierte Schurig das Fazit gegen Münster, aber auch: „Wir wussten in der Halbzeit: Wir können das!“ Ein Satz, den die Wattenscheider gern auf die zweite Saisonhälfte übertragen würden. Schurigs Versprechen: „Wir sind da und wir werden auch die nächsten Wochen da sein. Darauf könnt ihr euch verlassen.“
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