Wattenscheid. Die SG Wattenscheid 09 überraschte zuletzt mit dem Sieg gegen Schalke. Nun geht es gegen den etwas anderen Aufsteiger Kaan-Marienborn.

Ein zuverlässiger Gradmesser für eine Prognose ist nur schwer zu finden. Es hat sich bei den beiden Vereinen viel verändert, seit sie den Aufstieg in die Regionalliga geschafft haben. Ohnehin war schon vorher eine ganze Menge anders, wenn es um einen Vergleich zwischen der SG Wattenscheid 09 und dem 1. FC Kaan-Marienborn ging. Die beiden treffen am 14. Spieltag der Regionalliga aufeinander (Sa., 14 Uhr).

Hier der chronisch unterfinanzierte Klub, lange Zeit zuverlässig begleitet von einem selbstdarstellerischen Rundum-Defizit, der aber nur wenig von seiner Faszination und Strahlkraft verloren hat. Auf der anderen Seite der wirtschaftlich sorgenfreie Verein aus der Provinz, der bei Spieler-Transfers selten das Argument der Gänsehaut-Atmosphäre ins Feld führen konnte.

Bei den Känern sitzt die Marie etwas lockerer als im Herzen des Ruhrgebiets, die Werte sind andere. Sportlich aber begegneten sich die beiden Vereine zuletzt auf Augenhöhe.

SG Wattenscheid 09 denkt ungern an die Duelle der Vorsaison

„Kein normaler Aufsteiger“, urteilt Wattenscheids Trainer Christian Britscho, der noch die beiden Spiele aus der vergangenen Saison (1:0 und 1:1) im Kopf hat. In beiden Partien hatten sich die Schwarz-Weißen vom jeweiligen Schiedsrichter ungerecht behandelt gefühlt – und diesem Umstand hinter vorgehaltener Hand auch das Moment des Zufalls absprechen wollen.

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Ganz gleich, wie stichhaltig diese Vermutung ist: Die Gastgeber der Partie haben aus den Duellen mit Wattenscheid 09 vier Punkte mitgenommen und vorzeitig die Regionalliga-Rückkehr perfekt gemacht. Der ehemalige Bundesligist zog am letzten Spieltag nach.

Vor rund 6500 Zuschauerinnen und Zuschauer. Auf dem Land fiel die Party etwas kleiner aus. In puncto Faszination hat die SG 09 ihren Gastgebern heute eine Menge voraus. Wie vielen anderen Vereinen der Regionalliga. Auch Wattenscheid ist ein anderer Aufsteiger.

Marienborn hat andere finanzielle Möglichkeiten als Wattenscheid 09

Die Einschätzung des Gegners durch Trainer Britscho aber fußt auf anderen Vorkommnissen als denen der vergangenen Saison. Kaan-Marienborn konnte Ex-Profi Julian Schauerte von Liga-Primus Preußen Münster loseisen und ihn mit einem lukrativen Vertrag ausstatten. Gut: Schauerte zog aus familiären Gründen in die Nähe, doch auch der 34-Jährige dürfte nicht für eine Dose Erdnüsse und einen feuchten Händedruck in der Regionalliga spielen.

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Weitere Namen gefällig? Daniel Hammel, Daniel Waldrich, Markus Pazurek. Das ist ordentliche Qualität. Und, bei allem Respekt, eine andere Hausnummer als die Errungenschaften der Schnäppchen-Tour, die den heimischen Regionalligisten in dessen kurzer Sommerpause auch durch die Landes- und Verbandsliga führte. Ein anderer Aufsteiger eben.

Trotz des Andersseins – in Wattenscheid heißt das seit drei Jahren „neuer Weg“ – ist 09 wieder da, wo der Verein dem eigenen Selbstverständnis folgend hingehört. Bisher ist das jüngste Kapitel in der Viertklassigkeit aber ein schmerzhaftes und von bitteren Pleiten dominiertes.

Sieg gegen Schalke hat Wattenscheid 09 etwas an Druck genommen

Erst am vergangenen Sonntag klarte der Blick der sportlich Verantwortlichen wieder auf. Der Erfolg über die Schalker U23 hat den Druck genommen. „Wir haben uns den aber selbst gemacht“, versichert Christian Britscho. Das Handeln der Vereinsführung habe er als abwehrend in sämtlichen Unruhe stiftende Richtungen wahrgenommen. „Das finde ich ungewöhnlich, aber ungewöhnlich gut.“ Ein anderer Verein, ein anderer Aufsteiger. Kein normaler.

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Anders als alle anderen zu sein ist nicht einfach, aber möglicherweise erwächst für den Verein daraus neue Kraft. Der zweite Saisonsieg könnte Energie freigesetzt haben. „Wenn man mit einer Rumpftruppe so ein Spiel gewinnt, macht das was mit unseren Köpfen“, behauptet der Trainer. Die Frustration nach den stetigen Misserfolgen dürfte gewachsen sein. „Wir mussten unseren Jungs jede Woche klarmachen, dass sie irgendwann etwas Zählbares holen. Ich bin froh, dass es jetzt geklappt hat.“

Ist der Aufsteiger, der ebenso wie Kaan-Marienborn ein etwas anderer ist, also unberechenbar geworden? Der überraschende Sieg vom letzten Spieltag könnte etwas verändert haben. Und einmal mehr ist ein Gradmesser für eine zuverlässige Prognose weggebrochen.

SG Wattenscheid 09 hofft auf Rückkehr wichtiger Spieler

Läuft alles rund, kann die SG Wattenscheid 09 gegen Ende der Winter-Vorbereitung mit einer Rückkehr von Emre Yesilova rechnen. Der Offensivspieler steht vor einem Eingriff an der Leiste, eine Verletzung aus seiner Zeit im Juniorenbereich macht Yesilova zu schaffen. „Es gibt noch kein Go für die Operation. Aber wir gehen davon aus, dass der Eingriff helfen wird“, sagt Trainer Christian Britscho.

Ein anderer Spieler ist schon ein Stück weiter: Frederik Wiebel, der sich nach einem Kreuzbandriss wieder zurück auf den Platz kämpft, kann schon wieder bei Passübungen mitmachen. Mike Lewicki wiederum wird immer wieder von Rückschlägen geplagt. Der Mittelfeldspieler, der sich ebenfalls schwer am Knie verletzt hatte, war am 2. Spieltag gegen Wuppertal zum Einsatz gekommen, hat seitdem immer wieder Probleme. „Wir merken, dass ihm das langsam richtig zu schaffen macht“, erklärt Britscho.

Klar, dass das Trio im Auswärtsspiel in Kaan-Marienborn nicht zur Verfügung steht, das gilt auch für Kapitän Norman Jakubowski. Dafür gibt es von anderen Sorgenkindern positive Nachrichten: Felix Casalino ist nach seiner Krankheit zurück, Torhüter Bruno Staudt ist nach seiner Grippe wieder zurück im Training. Dennis Lerche und Timm Esser sind ebenfalls wieder bei den Einheiten dabei. Britscho: „Es ist noch nicht rosig, aber es gibt einige Lichtblicke.“