Bocholt. 2:3 bei Mitaufsteiger Bocholt – ein herber Dämpfer für die SG Wattenscheid. Trainer Britscho kritisiert sein Team, aber auch den Schiedsrichter.

Enttäuschung, Frust und Wut – Spielern und Verantwortlichen der SG Wattenscheid 09 war auf dem Rasen der Bocholter Stölting-Arena am Samstagnachmittag eine Menge negativer Emotionen anzusehen. Und anzuhören: „Mega enttäuscht“ zum Beispiel beschrieb Angreifer Felix Casalino seine Stimmungslage nach dem 2:3 (2:2) bei Mitaufsteiger 1. FC Bocholt. Sein Trainer Christian Britscho dagegen bewegte sich zwischen genervt und sauer.

„Das fühlt sich sehr, sehr mies an“, sagte Britscho auf der Pressekonferenz. „Noch schlimmer als die Klatsche in Ahlen, weil das heute wirklich unnötig war.“ Zumindest einen Punkt hätte man mitnehmen müssen, „das wäre nicht toll gewesen, aber okay“, meinte Britscho. Aber es reichte nicht dafür.

Die SG Wattenscheid verlor ein hitziges, teilweise wildes Spiel mit fünf Toren, davon zwei Eigentore, zwei Lattentreffern, einem Platzverweis und reichlich Diskussionsstoff. Britscho: „Wenn man sieht, welche Chancen wir nach dem 3:2 liegenlassen, müssen wir zumindest einen Punkt mitnehmen.“

SG Wattenscheid 09 hat in der Schlussphase mehrere gute Chancen auf den Ausgleich

Dennis Lerche mit rechts zielte zwar direkt auf die Fäuste von Bocholts Keeper Wickl, gab damit aber das Auftaktsignal zu einer heißen Schlussphase (75.). Sekunden später sah Bocholts Abel nach einem Foul an Sindermann Gelb-Rot. In Überzahl drückte Wattenscheid und hatte zwei Riesenszenen: Nach einer Ecke wurde Timm Essers Schuss aus kurzer Distanz von der Linie gekratzt.

Lerche hatte mit einem Freistoßkracher in der 86. Minute Pech, dass der Ball von der Latte zurück ins Feld sprang – aber auch Bocholt hatte in dem umkämpften Spiel mehrere Chancen, die Partie zu entscheiden.

Ein „wildes Spiel“ hatten sowohl Britscho als auch sein Gegenüber Marcus John gesehen. Zumindest im Ansatz war das geplant. Britscho hatte einen anderen, etwas offeneren Ansatz als zuletzt gewählt. Er setzte mit der Hereinnahme von Nico Lucas und Geburtstagskind Mohamed Cissé für Norman Jakubowski (privat verhindert) und Dennis Lerche (angeschlagen) auf mehr Tempo mit dem Ball am Fuß statt Dominanz in der Luft.

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Casalino lobt Lucas für perfekten Abschluss beim Führungstor

Der Plan ging auf, zumindest teilweise: „Wir haben uns und Bocholt analysiert und die Punkte gesehen, wo wir anzupacken haben, das haben wir auch beim 1:0 gezeigt“, so Britscho. Umut Yildiz eroberte den Ball, lief nach vorne, verzögerte kurz und legte dann auf Lucas ab, der überlegt ins Eck abschloss. Von Mittelstürmer Casalino gab es Anerkennung: „Den will Nico genau so haben, das ist extrem gut gemacht.“

Christian Britscho, Trainer der SG Wattenscheid 09.
Christian Britscho, Trainer der SG Wattenscheid 09. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Die frühe Führung sorgte aber nicht für mehr Sicherheit. Bocholt kam zu reichlich Standardsituationen und zum Ausgleich durch Florian Abel, der im Mittelfeld keinen Gegenspieler hatte und unbedrängt vom Sechzehner abschließen konnte – Unterkante der Latte, Tor, 1:1. Auf Wattenscheider Seite dagegen bemängelte Britscho zu viele nicht richtig, nicht wie vorher besprochen ausgespielte Situationen. Sonst wäre mehr drin gewesen, meinte er.

An der besten Szene war Casalino beteiligt: Aus spitzem Winkel entschied er sich aber gegen einen Abschluss und für den Querpass auf Cissé, der aber nicht an den Ball kam. Ärgerlich, wobei Casalino sagte: „Ich habe Mo aus dem Augenwinkel gesehen. Wenn er ihn kriegt, ist es ein Tor. Wenn ich es selbst mache und nicht treffe, heißt es, ich hätte querlegen müssen. Es ist 50:50. Man sollte sich nicht daran kaputtdenken.“

Hektische Schlussphase der ersten Halbzeit

Besonders die Minuten zum Ende der beiden Halbzeiten hatten es jeweils in sich. In der ersten Hälfte passierte das: Erst traf Timm Esser mit einer Slapstick-Einlage ins eigene Tor: Er rutschte aus, lenkte so den Ball an Staudt vorbei ins eigene Tor (41.). Umut Yildiz antwortete direkt, ging nach Zuspiel von Tom Sindermann auf rechts energisch in den Strafraum und erzwang nur eineinhalb Minuten nach dem Rückstand mit einer scharfen Hereingabe das nächste Eigentor, diesmal war es Bocholts Goralski – 2:2 (43.).

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Es folgte eine hektische Nachspielzeit und ein Foul von Marcel Platzek an Timm Esser – der Torjäger kam einen Schritt zu spät, traf Esser mit den Stollen auf dem Sprunggelenk. „Dass er danach noch auf dem Platz war, darüber müsste man sich mal mit dem Schiedsrichter unterhalten“, meinte Britscho. Platzek war es später, der das einzige Tor der zweiten Hälfte machte und das ärgerte Britscho nicht nur wegen der Vorgeschichte: „Es sind zwei Wege, die wir in der Defensive nicht mitmachen. Dadurch haben wir das Spiel komplett weggeschenkt, das ist etwas, worüber wir reden müssen.“

Das dritte Tor nahm auch Casalino mit auf seine Kappe, er habe seinen Gegenspieler verloren. Am Ende der Bocholter Kombination konnte Platzek den Ball durch die Beine von Staudt zum 3:2 einschieben (65.). Es war eine verdiente Führung für die Bocholter, die in der Offensive zielstrebiger waren als die Wattenscheider, die in der zweiten Hälfte streckenweise lässig, unachtsam, fahrig wirkten.

Drang nach vorne fehlt der SGW in Hälfte zwei

Casalino antwortete auf die Frage, was den Wattenscheidern gefehlt habe: „Weiter den Drang nach vorne zu haben. Wir waren in der ersten Hälfte offensiv stark, haben viele Räume genutzt. Das hat uns in der zweiten Hälfte gefehlt.“

Nach zwei kämpferischen und stabilen, defensiv fast fehlerfreien Auftritten war das Spiel beim Mitaufsteiger die schmerzhafte Erinnerung für die SGW, wie klein der Wattenscheider Spielraum für Fehler in der vierten Liga ist. „Glückwunsch zu einem sehr, sehr wichtigen Dreier“, sagte Britscho zu seinem Trainerkollegen John nach dem ersten Bocholter Saisonsieg. Und schob nach: „Für uns wäre er genauso wichtig gewesen.“

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