Wattenscheid. Daniel Jasinski ist in Topform. Der Diskusriese hat nun beste Chancen aufs Olympiaticket. So ist der Stand bei den Athleten des TV Wattenscheid.

Daniel Jasinski dreht rechtzeitig vor den Olympischen Spielen richtig auf. Der Bronzesieger der Spiele in Rio de Janeiro 2016 erzielte erstmals seit dem triumphalen Olympia-Jahr, erstmals seit fünf Jahren also eine neue Bestweite. Beim SoleCup in Schönebeck am Mittwochabend schleuderte er den Diskus auf 67,47 Meter. Persönliche Bestleistung und, noch wichtiger: Platz eins in der deutschen Bestenliste.

Zum zweiten Mal knackte Jasinski damit die Olympia-Norm. „Das war auch nötig, die Konkurrenz ist groß“, sagte der Wattenscheider. In Schönebeck bezwang er alle nationalen Konkurrenten, auch das kann entscheidend sein. Fünf deutsche Diskuswerfer haben bereits die Norm erfüllt, weitere lauern – aber nur drei dürfen in Tokio dabei sein. „Daniel hat jetzt allerbeste Karten“, freut sich der Manager vom TV Wattenscheid 01, Michael Huke. „Aber durch ist er noch nicht, er muss stabil bleiben.“

Das sind die Kriterien für ein Olympia-Ticket: Petros und Pfeiffer sind dabei

Mehrere Wege führen zu den Spielen – das sind die Kritieren, das ist der Stand bei den Wattenscheider Kandidaten.

Die erste Nominierung erfolgt Ende Mai, und zwar im Marathon. Wenn nichts mehr passiert, sind Deutschlands Nummer eins und drei, Amanal Petros und Hendrik Pfeiffer vom TV 01, sicher dabei. Petros, Deutschlands Rekordhalter, traut Huke auch in Tokio einiges zu: „Er kann unter die Top 20 laufen.“

Pfeiffer ist indes nach einer Coronavirus-Infektion geschwächt. Mitte März fiel er zwei Wochen komplett aus, hat weiterhin Trainingsrückstand. Petros und Pfeiffer waren zuletzt im Trainingslager in Kenia, Petros bleibt dort auch noch, und beide werden in der kenianischen Höhe ab Ende Juni bis zum Abflug nach Tokio weiter trainieren. Pfeiffer will an diesem Wochenende aber bei einem ersten Saisonstart, einem Halbmarathon, seine Form überprüfen.

DM in Braunschweig: Der Deutsche Meister mit Olympianorm ist in Tokio dabei

Die zweite Nominierungschance gibt es bei der Deutschen Meisterschaft, die am übernächsten Wochenende, 5. und 6. Juni, in Braunschweig stattfindet, nach einem Hygienekonzept vor 2000 zugelassenen Zuschauern. Wer Deutscher Meister wird und die Norm erfüllt hat, ist für die Spiele gesetzt. Das ist das Ziel von Jasinski der nach vielen Verletzungsproblemen seit Rio 2016 endlich wieder zu alter Stärke gefunden hat. „Seit Dezember bin ich ohne große Probleme durchgekommen, das Training ist gut aufgebaut, die Kraftwerte stimmen, das spiegelt sich auch im Werfen“, sagt Jasinski. Bei der DM „geht es jetzt um die Wurst“.

Viele Kriterien und eine internationale Rangliste spielen eine Rolle

Die weiteren, also die meisten Leichtathleten – maximal drei pro Einzeldisziplin – werden Ende Juni vom Deutschen Leichtathletikverband vorgeschlagen und dann vom Deutschen Olympischen Sportbund nominiert. Es gibt verschiedene Kriterien: die Erfüllung der Norm, Stabilität, Bestleistungen, Ergebnisse bei Wettkämpfen untereinander etwa. Streng nach Jahresbestenliste geht es eben nicht.

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Zudem greift ein Punktesystem des Weltleichtathletik-Verbandes (WA/ehemals IAAF). In das Ranking fließen mit unterschiedlicher Gewichtung Ergebnisse aus den letzten drei Jahren ein, das „Coronajahr 2020“ zählte nicht mit. Wenn es etwa über 10.000 Meter 27 Olympia-Teilnehmer gibt und ein Athlet auf Rang 26 geführt wird, kann er bei den Spielen dabei sein, wenn ihn sein Verband nominiert. Über dieses Ranking dürfen sich etliche Athleten des TV Wattenscheid 01 Hoffnung machen.

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Erik Balnuweit ist auf Olympia-Kurs - Pamela Dutkiewicz-Emmerich dagegen nicht

Erik Balnuweit zum Beispiel. Der Hürdensprinter läuft eine solide Saison bisher ohne Ausreißer nach oben oder unten, ist derzeit Nummer drei in Deutschland, das könnte am Ende reichen. Dagegen gilt bei Hürdenstar Pamela Dutkiewicz-Emmerich eher das Prinzip Hoffnung. Die Vize-Europameisterin 2018, seit 2019 von Verletzungspech gebeutelt, laboriert an Oberschenkelproblemen, erklärt Vereinsmanager Huke. Sie hat noch keinen Wettkampf absolviert in diesem Jahr. Auch ihr Start bei der DM ist noch nicht sicher. Klappt das nicht, müsste die WM-Dritte von 2017 im Juni schon starke Zeiten abliefern.

Jessie Maduka hat noch die realitische Chance, sich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren.
Jessie Maduka hat noch die realitische Chance, sich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren. © Getty Images | Matthias Hangst

Gut sieht es indes bei Robin Erewa aus, über das WA-Ranking auch ohne Norm bei den Spielen dabei zu sein. Mit mehreren 20,60er Zeiten über 200 Meter bei widrigen Bedingungen (Regen, Gegenwind, Kälte) ist er „sehr gut in die Saison“ gekommen, so Huke. Die Norm - 20,24 Sekunden (!) - dürfte aber zu hoch angesetzt sein für Erewa, der bei der DM den Titel anpeilt, und seine deutschen Kollegen. Das gilt auch für Maurice Huke, der sich nach 10,32 Sekunden über 100 Meter noch Hoffnung auf eine Staffel-Nominierung machen kann. Allerdings steht sein Einsatz bei der DM auf der Kippe wegen Leistenproblemen.

Böhm, Maduka und Vogt können auf ein Ticket hoffen

Ebenfalls in ordentlicher Frühform präsentierte sich 400-Meter-Hürdenläuferin Djamila Böhm, auch sie könnte über das Ranking das Tokio-Ticket lösen. So sieht es auch bei Dreispringerin Jessie Maduka aus, dafür sollte sie aber noch zweimal die 14-Meter-Marke knacken. Das Potenzial dafür hat sie, sagt Huke, bisher schaffte Maduka in der ja gerade erst begonnenen Saison 13,75 Meter.

Auch der frisch gekürte Deutsche Meister über 10.000 Meter, Nils Voigt, hat eine kleine Chance. Da hier nur 27 Teilnehmer zugelassen sind bei den Spielen, wird es aber trotz seiner herausragenden Form und Platz eins in Deutschland schwer für den Wattenscheider. Talent Julia Ritter hat im Kugelstoßen nur eine kleine Außenseiterchance auf ein Ticket – ihre Zeit könnte in vier Jahren kommen.

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Christina Honsel ist angeschlagen - Marius Probst steigt jetzt erst richtig ein

Pech hat vielleicht Hochspringerin Christina Honsel. Ihre Topergebnisse im Vorjahr zählen nicht im Ranking, aktuell schmerzt bei jedem Sprung der Fuß. Sie beißt sprichwörtlich auf die Zähne, aber die nötigen Sprünge über 1,90 Meter sind so schwer zu realisieren. Trotzdem will sie bei der DM alles versuchen.

Das gilt ohnehin für Marius Probst. Zwischenzeitlich gesundheitlich angeschlagen und daher noch mit Trainingsrückstand belastet, will der in der Halle so glänzend aufgelegte Mittelstreckenläufer am Wochenende in Belgien erstmals seine Form checken in dieser Saison. Bei der DM will er attackieren. Huke sagt: „Marius hat auf jeden Fall eine Chance, bei den Spielen dabei zu sein.“