Bochum. Nachwuchs-Karateka Carolin Drüke (15) vom SZ Bochum schafft bei Corona-bedingten E-Turnieren den Sprung an die Weltspitze. Lohn für harte Arbeit.

In Sekundenbruchteilen treffen mehrere Tritte und Schläge das Gesicht eines Trainings-Dummies. Präzise, schnell und sauber führt Carolin Drüke die Übungen aus – es ist das Ergebnis von jahrelangem Karate-Training. Nicht umsonst trägt sie den ersten Kyu – den dritten braunen Gurt über ihrem schneeweißen Anzug. Die 15-jährige Schülerin, die beim Sportzentrum Bochum trainiert, gehört somit nicht nur zu den Fortgeschrittenen im Verein. Sie steht bei den Mädchen der Altersklasse U16 auf Platz eins der E-Weltrangliste.

Wie alle anderen Hallensportarten auch, traf der Lockdown im Frühjahr die Karatekas des Sportzentrums Bochum hart. Die Stadt verbot zeitweise das Training in den Räumen des evangelischen Jugendzentrums an der Lindener Straße. Ähnliches gilt für den zweiten Lockdown, der Anfang November startete. Es folgten Konsequenzen für die regionale und nationale Turnierlandschaft. Aufgrund der vielen Teilnehmer, die sich auf engstem Raum aufhalten, lassen sich die Hygieneregeln nicht einhalten. „Außerdem ist es bei bestimmten Übungen unmöglich, Abstand zu halten“, erklärt Trainer und Jugendleiter Horst Schwarz mit Blick auf die Partnerdisziplin Kumite – der Lieblingsdisziplin von Carolin Drüke.

In der Corona-Krise: E-Turniere ermöglichen einen internationalen Vergleich

Doch die Karate-Welt zeigt sich während der Corona-Pandemie von ihrer innovativen Seite und nutzt die Möglichkeiten des Internets, um in Form von E-Turnieren eine andere Wettkampfform ins Leben zu rufen – mit einigen Vorteilen gegenüber den klassischen Veranstaltungen auf lokaler, Landes- oder Bundesebene. „Die E-Turniere sind nicht an die verschiedenen Verbände gebunden und international offen für alle Karatekas“, erklärt Drüke und ergänzt: „So bin ich beispielsweise mal gegen eine Gegnerin aus Chile angetreten. Da kommt dann ein internationaler Vergleich zustande, den es normalerweise nur selten gibt.“

Die 15-jährige Karateka Carolin Drüke beim Training im Dojo des Sportzentrums Bochum in Linden Mitte Oktober.
Die 15-jährige Karateka Carolin Drüke beim Training im Dojo des Sportzentrums Bochum in Linden Mitte Oktober. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Bei einem solchen Turnier führen beide Kontrahentinnen ihre Übungen an einem Ball aus – gefilmt von einer Kamera im heimischen Dojo . Wichtig: Tritte und Schläge dürfen den Ball nicht berühren. Im Anschluss geben internationale Kampfrichter ihr Feedback. Die Resultate fließen danach in die Weltrangliste ein, an deren Spitze nun Carolin Drüke steht. Damit das so bleibt, fordert sie Andreas Fichtel im Leistungstraining viermal pro Woche.

Während des Lockdowns trainiert Carolin Drüke auch im Garten

Auch während der Corona-Zwangspausen setzte die ambitionierte Nachwuchssportlerin nicht aus. Familie Drüke besorgte sich alte Matten und legte sie je nach Wetter im Wohnzimmer oder auf der Terrasse aus. „Da wurde es schonmal etwas lauter“, sagt die Schülerin lachend.

Vor rund neun Jahren begann Drüke mit der japanischen Kampfkunst. Diese formte nicht nur ihren sportlichen Ehrgeiz, sondern auch ihren Charakter. „Durch Karate bin ich viel disziplinierter und selbstbewusster geworden. Früher hätte ich es mich beispielsweise nicht getraut, in der Schule meine Texte vorzulesen. Zudem habe ich gelernt, mit Niederlagen umzugehen“, sagt Drüke, deren jüngere Schwestern Amelie (11) und Lisann (8) sowie Vater Georg ebenfalls Karate betreiben.

Ihr großes Ziel: Die Teilnahme an einer Weltmeisterschaft

Geht es nach der 15-Jährigen, sollen die Niederlagen künftig auf ein Minimum sinken. „Das Gute an Karate ist, dass man nie ausgelernt hat. Man kann sich immer weiter verbessern“, schildert Drüke und nennt ihr ehrgeiziges Ziel: „Langfristig möchte ich bei regulären Wettkämpfen öfter gewinnen und auch an einer Weltmeisterschaft teilnehmen.“

Dan-Prüfung findet erst nach dem Ende der Coronakrise statt

Der nächste große Schritt ist hingegen kein Turnier, sondern die Prüfung zum ersten Dan – dem ersten schwarzen Gurt. „Wir bereiten uns darauf vor. Allerdings wird diese Prüfung erst stattfinden, wenn wieder voller Körperkontakt erlaubt ist – also erst nach Corona oder nach Einführung eines Impfstoffes“, bremst Trainer Horst Schwarz. Bis dahin muss sich Carolin Drüke gedulden. In der Zwischenzeit steht allerdings noch die Verteidigung von Rang eins der E-Weltrangliste auf dem Programm.

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