Bochum. Die Corona-Krise beschert dem VfL Bochum herbe Verluste. Auf der virtuellen Mitgliederversammlung präsentierte der Zweitligist die Zahlen.

Tiefrote Zahlen präsentierte der VfL Bochum bei der virtuellen Mitgliederversammlung am Dienstagabend. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2019/20 betrug das Minus des Fußballzweitligisten rund 3,1 Millionen Euro. Für die laufende Spielzeit plant der Klub mit einem Verlust von rund 7,5 Millionen Euro. Zusammen genommen entfielen rund 9,2 Millionen Euro der Verluste auf die Effekte durch die Corona-Krise wie etwa fehlende Zuschauereinnahmen sowie sinkende TV-Geld- und Sponsorenerlöse. Dabei geht der Verein in seinem Finanzplan davon aus, bis zum Saisonende keine Ticketerlöse mehr zu erzielen.

Gut 1100 der 2000 angemeldeten Mitglieder verfolgten an ihren Bildschirmen zu Beginn die Begrüßungsworte vom Vorstandsvorsitzenden Hans-Peter Villis, der allen Unterstützern in der Krise ausdrücklich dankte. Die Verluste, erklärte Vereinspräsident Villis, hätten das Eigenkapital aufgebraucht, es ist nun negativ (350.000 Euro). Villis betonte aber, dass eine Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne nicht vorliege, aufgrund stiller Reserven der Marke und langfristig gebundener Spieler. Die laufende Saison sei durchfinanziert. Die Finanzlage habe sich durch das Virus verschärft, aber Villis machte auch Mut: „Wir jammern nicht, sondern wir sind optimistisch, dass wir gemeinsam aus dieser Krise herausfinden.“

Ilja Kaenzig: VfL Bochum muss „aus noch viel weniger noch viel mehr machen“

Auch Ilja Kaenzig, der Sprecher der Geschäftsführung, gab sich ebenso realistisch wie optimistisch: „Ziel ist es, dass der VfL gestärkt aus der Pandemie hervorgeht“, sagte er. Die DNA des Klubs sehe vor, aus wenig viel zu machen. Die aktuelle Aufgabe sei es, so Kaenzig, „aus noch weniger noch viel mehr zu machen“. Gemeinschaft, Zusammenhalt, Fußballkultur, der Wert des Traditionsvereins sind Schlagwörter, die dabei eine Rolle spielen, wie auch Sport-Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz in seinem Bericht erklärte.

Geschäftsführung und Präsidium bei der virtuellen Mitgliederversammlung des VfL Bochum in der Stadtwerke Bochum-Lounge.
Geschäftsführung und Präsidium bei der virtuellen Mitgliederversammlung des VfL Bochum in der Stadtwerke Bochum-Lounge. © VfL 1848 Bochum | VfL Bochum

Und sportlicher Erfolg. So ist der Lizenzspieleretat im Vergleich zum Vorjahr nur leicht gesunken von 12,7 Millionen Euro auf 12,1 Millionen Euro. Man wolle auch in der Krise ambitioniert bleiben, so die Botschaft, Hans-Peter Villis sprach von einer „kontrollierten Offensive“. Nach Platz acht in der Vorsaison wolle man sich „nicht verschlechtern“. Und: Bis 2023 will der Verein auch wirtschaftlich „das Tal der Tränen“, so Ilja Kaenzig, hinter sich lassen.

Investorensuche läuft nun international

Helfen könnte dabei ein Investor. Mittlerweile habe man 60 Kontakte in der ganzen Welt geknüpft, seit September würden unverbindliche Gespräche laufen. „Es ist viel Bewegung drin“, sagte Kaenzig. Wann es zum Einstieg eines oder mehrerer Investoren kommen könne, ist aber nicht absehbar. „Wir suchen die beste und passende, nicht die schnellste Lösung“, erklärte Kaenzig. Weiterhin sind rund 20 Millionen Euro anvisiert, die ein Investor für rund 20 Prozent der Anteile in den Verein stecken soll. Man ahnt: Es kann noch dauern.

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Der Lockdown im März hatte und hat jedenfalls gravierende Folgen. Bochum musste die Liquidität sichern. Dies gelang durch etliche kleinere und größere Maßnahmen wie Gehaltsverzicht, Kurzarbeit und durch den Verzicht vieler Dauerkarten-Inhaber und Sponsoren auf Regresse. Die wichtigste: Der VfL Bochum nahm ein KfW-Darlehen in Höhe von sechs Millionen Euro auf, der über die Sparkasse Bochum abgewickelt wird. Die ersten beiden Jahre sind tilgungsfrei, binnen sechs Jahren muss der Klub den Kredit zurückzahlen. Ein Ballast auch für die Zukunft. Hans-Peter Villis bedankte sich für die Solidarität in der Krise: „Wir haben sowohl von unseren Spielern, dem Staff, den Mitarbeitern und der Geschäftsleitung große Solidarität mit dem Verein erfahren, sei es durch das Einverständnis zur Kurzarbeit bzw. Gehaltsverzicht. Fans, Dauerkartenbesitzer, Partner und Sponsoren haben uns durch ihren Verzicht auf Rückzahlungen mit über einer Million Euro geholfen.“

Der Verein erwirtschaftet ein leichtes Plus

Vorerst hat es der VfL Bochum es so geschafft, durch die Krise zu kommen. Der Verein (VfL Bochum Fußballgemeinschaft e. V.; Jugendfußball bis U 16/Frauenfußball) blieb dabei stabil. Er erwirtschaftete ein leichtes Plus bei einem Umsatz von rund 2,6 Millionen Euro, das Eigenkapital ist positiv (101.000 Euro). Für diese Saison ist bei fast gleich hohem Umsatz eine schwarze Null angepeilt.

Anders aber sieht es in der ausgegliederten und für den Profifußball relevanten VfL Bochum 1848 GmbH & Co. KGaA (Profiabteilung mit U 19 und U 17) aus. Die Corona-Pandemie riss in 2019/20 ein Loch von 2,5 Millionen Euro in die Kasse. Unter anderem durch zwei im Vorjahr nicht geplante Transfers im Winter (Robert Zulj, Vasileios Lampropoulos) sowie Steuernachzahlungen belief sich das Minus insgesamt auf rund 3,1 Millionen Euro – auch, weil es aus Transfers nur 201.000 Euro Einnahmen gab. Im laufenden Geschäftsjahr werden es mindestens 835.00 Euro sein (Verkauf von Vitaly Janelt und Dominik Baumgartner).

Kein Spieler soll voreilig und unter Wert verkauft werden

Unterm Stich hat der VfL nach den positiven Entwicklungen in den Vorjahren zum 30. Juni 2020 wieder ein negatives Eigenkapital (- 350.000 Euro) – vor einem Jahr stand hier noch ein Plus von 2,8 Millionen Euro. Höhere Transfereinnahmen wären ein Gegenmittel. Der VfL plane aber nicht, voreilig und unter Wert einen Spieler zu verkaufen, betonte Kaenzig. Die Netto-Finanz-Verbindlichkeiten betrugen zum Stichtag 2,887 Millionen Euro und stiegen damit im Vergleich zum Vorjahr nur leicht.

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Die Zahlen für diese Saison fallen coronabedingt noch deutlich schlechter aus. Die KGaA plant für das laufende Jahr mit einem mehr als doppelt so hohen Minus (7,5 Millionen Euro/Corona-Effekt: 6,7 Millionen Euro). Vor allem die Zuschauereinnahmen (im Vorjahr 5,7 Millionen Euro) brechen weg, die Erträge sinken nach Plan von fast 34 Millionen Euro in der Vorsaison auf knapp 24 Millionen Euro in 2020/21. Die Kosten werden indes „nur“ um rund 5,5 Millionen Euro gesenkt auf dann noch 31,5 Millionen Euro.

Dabei war die Entwicklung bis zum Lockdown positiv, auch danach gab es viele Hilfen von Fans, Sponsoren, Unterstützern. Anders als bei vielen anderen Klubs etwa stieg die Mitgliederzahl auf 12.276 - ein Rekord. Auch im Merchandising (1,85 Millionen Euro nach zuvor 1,25 Millionen Euro) erreichte Bochum einen neuen Rekordwert, verkaufte zudem mehr als 8000 Sondertrikots.

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