Wattenscheid. . Sein erster Coup hat Schlagzeilen gemacht. Und Josef Schnusenberg, der ehemalige Schalke-Chef, hat noch viel vor mit der SG Wattenscheid 09.

Es ist ja keineswegs so, als hätte der Mann Langeweile. Josef Schnusenberg darf man getrost als multibeschäftigt bezeichnen. Der 78-Jährige ist Steuerberater mit eigener Kanzlei in Rheda-Wiedenbrück, er ist ehrenamtlich aktiv, unter anderem als Vorsitzender seiner TSG Rheda, seit 1972 schon.

Und doch hat er Ja gesagt, „sofort und spontan“, wie er im Telefongespräch mit dieser Redaktion zwischen zwei Terminen sagt. „Ja“ zur Anfrage von Wattenscheids Aufsichtsrats-Vorsitzenden Oguzhan Can, als er ihn um Unterstützung bat, zunächst als kooptiertes Aufsichtsrats-Mitglied des Regionalligisten SG 09. Warum? „Weil es mir Spaß macht.“

Seit Januar mischt er bei der SG 09 mit, bringt sein Netzwerk ein, klingelt bei potenziellen Sponsoren an, sucht Verstärkungen für die Führungscrew. Am kommenden Freitag will er sich den Mitgliedern bei der Versammlung zur Wahl stellen für den neuen Aufsichtsrat.

Schnusenbergs erster Coup: ein Volltreffer

Schnusenbergs erster Coup sorgte gleich für Aufsehen. Bundesweit. Der Ex-Schalke-Chef, der von 1994 bis 2007 stellvertretender Vorsitzender und Finanzchef des Bundesligisten war und von 2007 bis 2010 der Vorstandsvorsitzende, holte den Ex-Schalke-Trainer Peter Neururer an Bord. Neururer ist nun Sportdirektor der Wattenscheider, ausgestattet mit einem Dreijahres-Vertrag.

Freilich: Den Spaßfaktor würde Schnusenberg wohl schnell verlieren, wenn es bei der SG 09 so weiter ginge wie in den letzten Jahren, zusammenfassend also: drunter und drüber. Zur Vergangenheit auslassen will er sich aber nicht, lieber vorausblicken. Finanziell, versichert der Wirtschaftsexperte, müsse man sich „keine Sorgen machen“ um die SG Wattenscheid 09, „eher sportlich“: Denn der Klassenerhalt in der vierten Liga ist offenbar die Basis für alle größeren Pläne. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir die Klasse halten“, sagt Schnusenberg.

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Peter Neururer (2. v.l.) und Wattenscheids Aufsichtsratsvorsitzende Oguzhan Can (r)
Von Martin Herms un Michael Eckardt

Von Verbindlichkeiten in Höhe von 570.000 Euro sprach Oguzhan Can bei seinem Amtsantritt, bei der letzten Mitgliederversammlung im November 2017. In den folgenden fast anderthalb Jahren ist viel passiert. Unter anderem traten fünf der sechs Aufsichtsratsmitglieder zurück, übrig blieb nur Can. Das millionenschwer angelegte Projekt mit dem Hamburger Start-Up Haalo, das via Digitalisierung und Co. die SG Wattenscheid 09 in neue Dimensionen führen sollte, ist krachend gescheitert. Und damit die geplante Finanzierung.

Viele Wattenscheider haben geholfen

Mittels einer vierwöchigen Crowdfunding-Aktion konnte die SG 09 zu Jahresbeginn gerettet werden. Zahlreiche Mitglieder und Anhänger spendeten und sammelten und halfen ihrem Verein. 140.000 Euro kamen beisammen, den Rest steuerte Can bei. 350.000 Euro insgesamt, hieß es, fehlten ja, um allein diese Saison abzusichern und damit die Insolvenz abzuwenden.

Can steht als Vorsitzender bereit

Oguzhan Can selbst hat nach eigenen Angaben bereits mehr als eine Millionen Euro in den Verein gesteckt. Geld, das der Immobilienunternehmer naturgemäß nicht verloren sehen will. Can stünde auch nach diesem Freitag weiter als Aufsichtsrats-Vorsitzender bereit, erklärte er der WAZ. „Das soll er mal ruhig machen“, sagt Schnusenberg.

Der Ex-Schalke-Boss ist nicht der einzige, der in den Rat gewählt werden soll. Neben ihm ist auch Hasan Simsek bereits kooptiertes Mitglied des Aufsichtsrates. Zudem wollen Hans Mosbacher vom Sponsor Stölting Service Group – Schnusenberg ist Beiratsmitglied des Unternehmens –, und Horst Poganaz in den Aufsichtsrat gewählt werden. Poganaz (80) und Schnusenberg kennen sich bestens: Poganaz zählte von 2002 bis 2014 zum Aufsichtsrat des FC Schalke 04.

Ein neuer Vorstand soll her

Zu tun gibt es genug. Die dringlichsten Aufgaben: eine professionellere Struktur und eine breitere Finanzierung. „Wir müssen die Finanzierung auf eine andere Basis stellen, dazu müssen wir auch die Vergangenheit noch aufarbeiten“, sagt Schnusenberg. Mehr, auch größere Sponsoren also sollen die vierte Liga schultern, das perspektivische Ziel sieht ja gar die 3. Liga vor. Und, so Schnusenberg: „Es muss auch ein vernünftiger Vorstand her.“ Zurzeit präsentiert den lediglich Dragan Markovic, der in Cans Sport- und Fitness-Center WTC in Wattenscheid arbeitet und öffentlich kaum in Erscheinung tritt.