Wattenscheid. . Peter Neururer ist der neue Sport-Direktor bei der SG Wattenscheid 09. Im Interview mit der WAZ spricht er über seine Vorstellungen und Vorhaben.
Noch immer schütteln viele Fußball-Fans ungläubig den Kopf. Peter Neururer, Fußball-Lehrer mit jahrzehntelanger Erfahrung und Fußball-Experte mit stets dezidierter Meinung, einer, der sein Leben lang mit dem Profisport zu tun hatte, ist seit dieser Woche Sport-Direktor beim Viertligisten SG Wattenscheid 09. Offenbar aus Überzeugung, sonst hätte der gebürtige Marler und Wahl-Gelsenkirchener keinen Dreijahres-Vertrag unterschrieben. Über seine Vorstellungen, Einstellungen und Vorhaben sprach WAZ-Redakteur Michael Eckardt mit dem 63-Jährigen.
Warum Regionalliga und nicht mehr 2. Bundesliga oder mehr?
Ich hatte immer wieder Angebote, auch aus der 2. Liga. Retteraktionen aus der 1. Liga wurden ebenfalls angefragt. Aber wenn ich nicht von etwas überzeugt bin, dann kann ich nicht helfen. Und was soll mich noch reizen? Den Traum von der Meisterschale zu realisieren ist illusorisch. Ich bin sicher nicht der barmherzige Samariter, aber ich mach’ es im Fußball auch nicht mehr wegen des Geldes. So etwas wie beim VfL würde ich heute auch nicht mehr machen. Die Mannschaft war doch praktisch abgestiegen, als ich 2013 zum zweiten Mal nach Bochum kam.
Sie sind dafür bekannt, kein Blatt vor den Mund zu nehmen und zu polarisieren. Haben Sie hier oder dort etwas zu viel Streit gesucht?
Wo habe ich Streit gesucht? Ich habe Streit gefunden, aber nur weil man an manchen meiner Stationen unehrlich zu mir war. Dass ich permanent irgendwo rausgeschmissen wurde, ist auch eine falsche Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. In 50 Prozent der Fälle bin ich selbst gegangen. Aber weil ich in Deutschland nun mal in ein bestimmtes Fach einsortiert worden bin, wollte ich ins Ausland. Dort hätte ich ohne die ganzen Vorbehalte und Klischees arbeiten können. Es liefen auch schon Gespräche. Aber dann kam der Anruf von Josef Schnusenberg und die Aussicht, praktisch direkt vor der Haustür arbeiten zu können.
Bedeutet aber auch: 4. Liga. Ist das eher ein Abenteuer oder ein Abstieg?
Wäre ich als Trainer gekommen, hätte man sagen können: Es reicht nur noch für die 4. Liga. Aber für mich ist das in dieser Funktion eher ein Abenteuer.
Das sicher Überraschungen bereit hält. Helfer mit viel Herzblut zum Beispiel, die aber ihren Lebensunterhalt anderweitig verdienen müssen, eine nur stundenweise geöffnete Geschäftsstelle oder fehlendes Essen im Mannschaftsbus. Abschreckend?
Ich bin ein positiv denkender Mensch, deshalb sage ich ja auch: Wir schaffen den Klassenerhalt. Und wenn ich die anderen Dinge, die gerade angesprochen wurden, nicht hinbekommen sollte, dann können wir aufhören mit dem Sport. Grundsätzlich bleibt es jedoch dabei: Das Konzept bestimmt der Verein. Man muss mir nur sagen, was ich an Geld zur Verfügung haben werde. Ich kann dem Verein neben meiner eigentlichen Arbeit aber auch Aufmerksamkeit verschaffen und vielleicht damit den einen oder anderen potenziellen Sponsoren wach machen.
Und wenn Ihre Verpflichtung vom Verein lediglich als PR- und Marketing-Coup betrachtet wird?
Das sehe ich ja ganz schnell, deshalb habe ich meine Kompetenzen, zu denen auch die Kommunikation und die Medienarbeit zählen, in den Vertrag schreiben lassen.
Wie sieht, rein sportlich betrachtet, der Fahrplan aus? In Wattenscheid verstellt ja häufig der Blick zurück die Sicht auf die Gegenwart.
In den kommenden Wochen geht es nur darum, in der Regionalliga zu bleiben. In der nächsten Saison wollen wir eine Mannschaft präsentieren, die mit dem Abstieg nichts zu haben wird. Und ein Jahr später ist das Ziel, um den Aufstieg mitzuspielen. Du kannst nicht mit einem Bein in der Oberliga stehen und von der Bundesliga sprechen. Der nächste Schritt ist der schwerste, weil wir ja noch nicht wissen, ob wir in der Regionalliga bleiben.
Und wo kommen die Spieler her, die das bewerkstelligen sollen?
Das Ruhrgebiet bietet viele Möglichkeiten, auch für die SG Wattenscheid 09. Ein Verein wie dieser muss auch wieder Spieler aus den eigenen Reihen rekrutieren. Und dann sind da die Vereine in der Umgebung, die keine U23 mehr haben, aber leistungsstarke U19-Mannschaften. Nach Möglichkeit werden wir künftig junge Spieler holen. Wir wollen eine nachhaltige Basis schaffen.