Tokio. KG Essen schickt nach fast 30 Jahren erstmals wieder eine Frau zu Olympischen Spielen. 25-jährige Sportsoldatin kann Glück kaum in Worte fassen.
Da staunte Caroline Arft von der KG Essen nicht schlecht, als sie erfuhr, dass sie nach fast 30 Jahren die erste Kanutin aus Essen ist, die sich für die Olympische Spiele qualifizieren konnte. Zuletzt war es 1992 in Barcelona Katrin Borchert, die dann auch damals mit der Silbermedaille im 500 Meter-Viererkajak nach Hause zurückkehrte.
In den folgenden Jahren waren es immer die Kajak-Männer sowie Canadier-Ass Tomasz Wylenzek, die von der KG Essen bei Olympia antraten – und zugleich Medaillen gewannen, Max Hoff und Max Rendschmidt 2016 in Rio sogar jeweils eine goldene. „Das ist ja krass, das wusste ich gar nicht. Und dann ist es doch gut, dass ich es nun ändere“, freut sich die 25-jährige Olympia-Debütantin. Angefangen hatte Arft mit Judo und Turnen, dann im Alter von zehn Jahren wurde sie von einer Freundin an ihrem damaligen Wohnort in Rheydt mit zum Paddeln genommen – und dieser Sportart ist sie treu geblieben.
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Als junge Kanutin ins Essener Sportinternat gezogen
Fasziniert war sie von Beginn von der Möglichkeit, draußen unter freiem Himmel aktiv zu sein, Wassersport zu betreiben und gleichzeitig zu laufen und Kraft zu trainieren. Schnell zeigte sie bei den ersten Wettkämpfen Ehrgeiz. Nicht ganz unbeteiligt an der weiteren Entwicklung war dann auch ihr KGE-Teamkollege Max Rendschmidt, der ebenfalls aus Rheydt stammt.
Er machte ihr das Essener Internat in Rüttenscheid schmackhaft, in dem er selbst viele Jahre gewohnt hatte. „Caro“ zog 2010 dann für vier Jahre dort ein. Schon damals begann die junge Frau davon zu träumen, „einmal an Olympischen Spielen teilzunehmen“. Diesen Traum hat sie sich nun erfüllt. Am kommenden Montag geht sie in Tokio im ersten Wettkampfblock der Rennkanuten im 500 Meter-Zweierkajak an den Start.
Wechselbad der Gefühle in den vergangenen zwei Jahren
Welch ein Wechselbad der Gefühle Caroline Arft in den zurückliegenden zwei Jahren mitgemacht hat, das möchte sie aktuell gar nicht mehr so in den Vordergrund stellen. 2019 hatte sie zunächst im Vierer für den Deutschen Kanu-Verband (DKV) schon einmal vier wichtige Quotenplätze für Tokio eingefahren. Ein Jahr später erlitt sie eine schwere Rückenverletzung, doch zu ihrem Glück wurden die Olympischen Spiele wegen Corona verschoben. Arft bekam die Chance, sich wieder ins Nationalteam heranzukämpfen.
Studentin und Sportsoldatin
Caroline Arft studiert an der Ruhr-Universität Bochum Sportmanagement und steht kurz vor dem Abschluss zum Bachelor.Zudem ist sie als Bundeskader-Athletin seit 2016 Sportsoldatin. Das hält ihr finanziell den Rücken frei: „Das ist mehr als hilfreich“, sagt Arft. „Ohne dem ginge es gar nicht, den Sport so auszuüben.“
Als das Nationalteam zwei weiterer Quotenplätze für den DKV sicherte, konnte die Essenerin nicht aktiv eingreifen. Aber die Mannschaftskolleginnen machten ihre Sache gut und so sind in Tokio nun sechs Kajak-Damen am Start: eine von ihnen Caroline Arft. Und das ist es, was zählt. „Als ich offiziell nominiert wurde, war das schon ein super Gefühl. Darauf hatte ich lange hingearbeitet. Einfach toll zu wissen, dass man dabei ist.“
Kampagne zur ungleichen Berichterstattung über Frauen und Männer
Nur einen Tag nach der Nominierung ging es im Trainingslager Kienbaum zur Einkleidung, ein weiteres Highlight auf dem Weg nach Tokio. „Das ist einfach ein eindrucksvolles Erlebnis und eine große Ehre. Ich kann gar nicht in Worte fassen, was das für mich bedeutet“, so Caroline Arft.
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Aufgegriffen wurde bei der Einkleidung übrigens auch das Thema der Gleichstellung. Mit großer Freude präsentierte „Caro“ Arft ein Teil des Outfits, bei dem symbolisch ein gelber heruntergezogener Strumpf gegenüber dem hochgezogenen weißen auf die ungleiche Medienberichterstattung zu Ungunsten weiblicher Sportler aufmerksam gemacht werden soll.
Wie im Flug ist nach eigenen Angaben dann die Zeit vergangen. Voll ausgefüllt waren die Tage mit umfangreichen Trainingseinheiten, der Fokus ausgerichtet auf den sportlichen Höhepunkt. Dass es Spiele der besonderen Art werden, damit hat sie arrangiert. Die Kanutin der KGE ist sehr froh, dass sie schon einmal 2019 zu einem Test-Wettkampf in Tokio war: „Da konnten wir uns vieles ansehen, Land und Leute kennenlernen, was nun coronabedingt nicht möglich ist.“
Caroline Arft will Olympische Spiele maximal genießen
Dennoch möchte Arft versuchen, vor Ort so viel vom olympischen Gefühl mitzunehmen, wie es geht. „Alles maximal genießen und stolz darauf sein.“ Sportlich geht es darum, im Rennen das Leistungsoptimum abzurufen. Dann sollte auch die Müdigkeit der letzten Trainingseinheiten verschwunden sein. „In den letzten Tagen vor dem Start gilt es noch einmal, an der Spritzigkeit und Renneinteilung zu arbeiten“, so die Essenerin.
Erstmals sind bei diesen Olympischen Spielen in den Kleinbooten übrigens zwei Boote je Nation zugelassen. Und so wird die Essenerin Caroline Arft gemeinsam mit ihrer Zweierpartnerin Sarah Brüßler (Karlsruhe) neben der internationalen Konkurrenz auch auf ihre Verbandspartnerinnen Sabrina Hering-Pradler und Tina Dietze (Hannover/Leipzig) zum internen Duell treffen.
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