Essen. Essener Kanutin hat nach ihrem überstandenen Bandscheibenvorfall den Olympia-Vierer weiter fest im Visier. Coronazeit kommt ihr entgegen.

In den zurückliegenden Wochen fanden bedingt durch die Corona-Pandemie „nur“ zwei Leistungsüberprüfungen des Deutschen Kanu-Verbandes und dann erst vor einer Woche die Deutschen Einer-Meisterschaften auf der Duisburger Wedau statt. Endlich mal ein Wettkampf, bei dem es auch um Medaillen und Titel ging. Bei allen drei Events dabei war auch Caroline Arft, Top-Kanutin der KG Essen. Nicht jedoch aktiv auf dem Wasser, sondern als Zuschauerin am Ufer.

„Und das war, ehrlich gesagt, mal wieder gut, Kanurennsport live zu sehen, wenn für mich persönlich auch etwas komisch vom Ufer aus. Speziell bei den Damenrennen hatte ich tatsächlich reichlich Adrenalin im Blut, denn es war einfach spannend. Auch wenn ich natürlich gerne selber gestartet wäre, hat es Spaß gemacht zuzuschauen – denn mit meiner persönlichen Situation habe ich abgeschlossen und bin damit im Reinen“, so Caro Arft.

Bandscheibenvorfall erforderte minimalinvasive OP

Hintergrund ihrer Anwesenheit passiv am Ufer und nicht im Renngeschehen ist ein nun schon etwas zurückliegender großer Bandscheibenvorfall, diagnostiziert kurz nach Absage der Olympischen Spiele in Tokyo. Es folgte eine minimalinvasive OP, nachdem über Wochen laufende konventionelle Behandlungen nicht zum gewünschten Ziel führten. „Nach Rücksprache mit mehreren Ärzten habe ich mich relativ schnell zu diesem Schritt entschlossen, um nicht zu viel Zeit zu verlieren für eine mögliche Olympiavorbereitung für das kommende Jahr“. Ein verletzungsbedingter Ausfall, der unter normalen Umständen für Caroline Arft nur schwer zu verdauen gewesen wäre, denn er hätte ein Olympia-Aus bedeutet, unabhängig von noch ausstehenden Qualifikationen.

Aber zu einer „normalen“ Saison ist es ja durch die Corona-Pandemie nun nicht gekommen. „Es fällt mir schon auch schwer, dies zu sagen. Aber auf der rein sportlichen Seite hat Corona für mich nun eine positive Konsequenz gehabt. Corona gibt mir die Zeit, mich zu rehabilitieren und im Optimalfall wieder auf Olympia im nächsten Jahr vorzubereiten“. Die OP war gut verlaufen; was folgte, war erst einmal eine sechswöchige Ruhephase. Danach befand sich Caroline Arft im Aufbau- und Mobilitätstraining. Täglich war vormittags Reha angesagt, nachmittags folgen abgesprochene individuelle Einheiten.

Erste sanfte Paddelschläge wurden absolviert

Sogar die ersten sanften Paddelschläge hat sie da schon absolviert. Alles unter regelmäßiger Kontrolle und im Austausch mit den Ärzten. „Wenn alles weiter planmäßig verläuft, kann ab August die Intensität weiter gesteigert werden. Und ich hoffe, dann ab Oktober, nach der Saisonpause für die anderen, wieder voll mit einsteigen zu können“, zeigt sich die Kanutin schon vor einigen Wochen positiv gestimmt. Zumal sie auch viel Zuspruch von ihren Nationalmannschaftspartnerinnen und Bundestrainern erhalten hat, „die mich bestätigt haben, mir jetzt die Zeit zu nehmen, die ich brauche. Und betont haben, dass es noch lang genug ist, für das nächste Jahr wieder fit zu werden“.

Für diese ursprünglich geplante Olympiasaison hatte Caroline Arft viel vor. Und sie hatte es tatsächlich geschafft, sich im Vorjahr in den deutschen Damen-Vierer zu fahren und ist für 2020 in den offiziellen Olympiakader berufen worden mit Perspektive auf eine Olympia-Teilnahme. Gerade die ersten zwei Wochen nach der Diagnose der Verletzung waren nicht ganz einfach für sie und eine große Herausforderung. Da lagen schon so einige Steine im Weg, die es wegzuräumen galt.

Mehr Zeit in die Bachelor-Arbeit investiert

„Ich bin schon jemand, der sehr zielstrebig ist und dann auch sehr intensiv trainiert. Vielleicht war die Verletzung auch ein Signal meines Körpers. Das ist nun meine Erkenntnis und Zielsetzung: etwas mehr auf Signale zu achten, hellhöriger zu werden. Und auch die aktuelle Zeit zu nutzen, an der ein oder anderen Stellschraube zu drehen, was zuvor vielleicht zu kurz gekommen ist“, zieht Arft auch positive Aspekte aus der aktuellen Situation.

„Und ich konnte in den zurückliegenden Wochen mehr Zeit in meine Bachelor-Arbeit (Sportmanagement) investieren, das ist ja auch nicht schlecht“. Und dass zum Zeitpunkt der Deutschen Meisterschaft normalerweise die Olympia-Kanu-Finals stattgefunden hätten, ist für sie nicht mehr von Bedeutung. „Ich habe mich arrangiert und sehe positiv in die Zukunft“. Da passt es gut, dass sie nun gerade bei der Abschluss-Untersuchung grünes Licht oder ein „Go“, wie Caroline Arft es nannte, von den Ärzten erhielt, wieder ins Training einzusteigen. Moderat, und nicht gleich von Null auf Hundert – versteht sich.

Heimtrainer Joaquin Delgado ist zufrieden

„Aber das freut mich natürlich, das ist der Weg in die richtige Richtung. Und ich bin positiv gespannt auf den Prozess, der nun kommt“, blickt Caro der kommenden Zeit erwartungsvoll entgegen. „Immerhin hatte sie im Vorjahr viel gearbeitet, um sich in den heiß begehrten Frauen-Vierer zu fahren. Wenn man es geschafft hat und dann aber so eine Verletzung kommt, ist das schon ein Schlag. Aber sie hat sich dann doch schnell mit der Situation arrangiert und es gut verkraftet. Sie war auch dann super diszipliniert und hat aus meiner Sicht alles richtig gemacht. Die Hauptsache war und ist natürlich immer, sie wird und ist wieder richtig gesund; dann kann auch das intensive Training wieder ins Auge gefasst werden. Was mich aber besonders freut: sie strahlt wieder“, bringt Heimtrainer Joaquin Delgado den Eindruck auf den Punkt, den man tatsächlich von Caroline Arft gewinnt.