Hamburg. . Das Final-Four-Turnier um den DHB-Pokal, den deutschen Handball-Pokal, ist erst 20 Jahre alt, hat aber schon einen Ruf wie Donnerhall. Dabei fehlt Dauer-Sieger THW Kiel in diesem Jahr. Dennoch ist der Wettbewerb alles andere als ein Trostpflaster.

Es hat den Ruf als „Wembley des Handballs“. Was einerseits ketzerisch klingt, weil das Final-Four-Turnier um den Pokal des Deutschen Handballbundes (DHB) erst 20 Jahre alt ist – Wembley, die Traditionsstätte des englischen Fußballs, entstand 1923. Aber andererseits gilt das Pokal-Final- Four, das an diesem Wochenende in der O2-World in Hamburg gespielt wird, ja als der atmosphärisch dichteste Handball-Event der Welt. Als Sehnsuchtsort des deutschen Handballs. „Hier ist schon das Zentrum der Handballwelt“, sagt Frank Bohmann, der Geschäftsführer der deutschen Handball-Bundesliga.

In diesem Jahr fehlen der Titelverteidiger THW Kiel und auch der Champions-League-Sieger HSV Handball, der Pokalsieger der Jahre 2006 und 2010. Dennoch, versichert Bohmann, brauche man sich um die Qualität beim Pokal-Final-Four keinerlei Sorgen zu machen. „Sportlich ist dieses Turnier, wenn vier der ersten sechs Teams aus der Bundesliga antreten, eine hochkarätige Veranstaltung.“

13.000 Fans, ausverkauftes Haus

Gleich zum Auftakt treten die Rhein-Neckar-Löwen gegen die SG Flensburg-Handewitt an, dieses erste Semifinale am Samstag gilt als vorweggenommenes Endspiel (15 Uhr, live bei Sport1) – beide Klubs sind auch im Viertelfinale der Champions League vertreten und können theoretisch noch das „Triple“ aus Meisterschaft, Pokal und Königsklasse schaffen. Im zweiten Halbfinale duellieren sich die Außenseiter Füchse Berlin und MT Melsungen (17.45 Uhr).

Natürlich fühlt es sich seltsam an ohne die THW-Profis, die den Pokal in den letzten sieben Jahren sechsmal in die Höhe stemmten. Und so werden die 13.000 Fans in der ausverkauften O2-World womöglich eine Premiere erleben: Von den vier Teilnehmern Melsungen, Berlin, Mannheim und Flensburg kann nur das Team von der dänischen Grenze nationale Titel auf dem Briefpapier nachweisen. Die Flensburger unterlagen zuletzt dreimal in Serie im Finale gegen den THW Kiel.

Titel als mögliche Initialzündung

Diese lange Geschichte der Depression und Frustration beantwortet die Frage, ob der diesjährige Pokalwettbewerb ein Trostpflaster darstelle. „Das ist niemals ein Trostpreis“, sagt Flensburgs Trainer Ljubomir Vranjes. „Das ist eine Ehre, da zu sein. Hamburg ist ja eines der größten Highlights im deutschen Handball, überhaupt im europäischen Handball.“ Auch alle Manager der vier Klubs haben diese Frage brüsk verneint. Sie wissen, dass dieser Titel eine Initialzündung für ihre Mannschaften darstellen kann.

Nicht selten nämlich wurde ein Pokalsieg als Start in eine glorreiche Zukunft betrachtet. In der Retrospektive würdigten die Verantwortlichen des SC Magdeburg den Pokalsieg des Jahres 1996 als Auftakt jenes famosen Aufstiegs, der 2002 mit dem Triumph in der Champions League gekrönt wurde. Der TBV Lemgo musste erst 1995 den Pokal gewinnen, bevor im Jahr 1997 dann die erste Deutsche Meisterschaft nach Ostwestfalen wanderte.

Der Karriere-Höhepunkt

Als die SG Flensburg-Handewitt 2003 mit dem Silberpokal endlich den ersehnten nationalen Titel gewann, war endlich der Weg frei für das erfolgreichste Jahr der SG-Vereinsgeschichte 2004. Und auch der erste Pokalsiegs Hamburgs im Jahr 2006 war zentral für das ambitionierte Projekt, erfolgreichen Profihandball in der Hansestadt zu etablieren – diese Pokalsiege waren sämtlich ein Brustlöser auf dem Weg zu den höheren Zielen.

Speziell für die bislang titellosen Löwen, die seit Wochen in Topform sind, wäre der Triumph besonders süß, weil sie den THW Kiel in dessen Ostseehalle aus dem Wettbewerb eliminiert haben. „Dieser Titel würde unendlich viel für uns bedeuten“, sagt Löwen-Manager Thorsten Storm daher vor dem Handballfest am Samstag und Sonntag.

Kein Profi, so viel ist gewiss, würde den Titel im Pokal als Trostpreis abqualifizieren. Sondern feiern als Karriere-Höhepunkt.