Essen. . Patrick Wiencek ist als Junioren-Weltmeister noch ein Lehrling. Jetzt will er sich beim besten Handball-Klub der Welt einen Platz erkämpfen. Am Sonntag spielt er mit Kiel bei seinem früheren Verein in Essen.

„Doch. Sicherlich“, Patrick Wiencek zögert keine Sekunde bei der Frage, ob er noch in der Ausbildung sei: „Ich bin ein Lehrling.“ Mit 23 Jahren. Ein Lehrling unter lauter Meistern. Ein Auszubildender, der 2009 Junioren-Weltmeister geworden ist und 2011 mit dem VfL Gummersbach den Europacup der Pokalsieger gewonnen hat. Aber in der Startruppe des Turnvereins Hassee - Winterbek Kiel ist Wiencek fast ein Nobody, denn der THW Kiel ist der beste Handball-Klub der Welt. Am Sonntag kommt der 17-malige Deutsche Meister ins Ruhrgebiet. Um 15 Uhr geht es gegen Tusem Essen im Sportpark Am Hallo um Bundesliga-Punkte.

Für Patrick Wiencek ist es ein besonderes Spiel, auch wenn der Sieger der ungleichen Partie eigentlich schon vor dem Anpfiff feststeht. Der Titelverteidiger, der zuletzt ohne Gegenpunkt Meister geworden ist, gegen den Aufsteiger aus Essen, der in der laufenden Saison noch keinen Zähler gewonnen hat. „Für mich ist es ein schönes Gefühl, zum ersten Mal wieder nach Essen zurückzukehren“, sagt Wiencek, „hier habe ich zwei schöne Jahre gehabt.“

2008 wechselte Wiencek nach Essen

Als Wiencek 2008 von der Reserve der HSG Düsseldorf zu Tusem Essen wechselte, wäre niemand auf die Idee gekommen, dem gebürtigen Duisburger einen solchen Aufstieg zu prophezeien. Der Spätentwickler, der in der Jugend noch nicht groß auf sich aufmerksam gemacht hatte, sollte eigentlich gar nicht direkt im Essener Bundesligateam auf dem Parkett stehen, sondern mit einem Zweitspielrecht beim Oberligisten TV Jahn Hiesfeld Erfahrung sammeln. Es kam anders. Erstens geriet der finanziell bedrohte Essener Klub in personelle Nöte. Zweitens erkannte der damalige Tusem-Trainer Kristof Szargiej, welche Fähigkeiten in Wiencek verborgen waren.

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Szargiej selbst war in den großen Zeiten des dreimaligen Deutschen Meisters Tusem Essen ein exzellenter Kreisläufer. Er sah sofort, dass der 2,01 Meter große Wiencek alles mitbrachte, was ein Topmann am Kreis mitbringen muss. Handballer sind ohnehin schon harte Kerle, ein Kreisläufer muss noch ein Vielfaches mehr im Kampf um den Ball einstecken. Wiencek steigerte sich von Spiel zu Spiel und wurde nach dem finanziellen Aus der Essener vom VfL Gummersbach geholt.

In Kiel ist Wiencek Kreisläufer Nummer drei

Der richtige Verein zur richtigen Zeit. Wiencek sicherte sich einen Platz im Nationalteam und gewann mit Gummersbach den Europapokal der Pokalsieger. So rasant Wiencek eine Sprosse nach der anderen auf der Karriereleiter nahm, so unerwartet kam dann der Lockruf des THW Kiel.

In Kiel spielt die Creme de la Creme des Welt-Handballs. Und bei allem Talent, von der Weltklasse ist Wiencek noch ein Stück entfernt. So beginnt er erst einmal als Kreisläufer Nummer drei. Vor ihm stehen der Schwede Marcus Ahlm, THW-Kapitän und einer der Weltbesten in seinem Fach, und der dänische Europameister Rene Toft Hansen. „Von ihnen kann ich jeden Tag eine Menge lernen“, sagt Wiencek, „ich bin stolz, ein Teil des Kieler Teams zu sein. Der THW ist für einen Handballer das Größte.“

Wiencek hängt sich in jedem Training rein, kämpft um seinen Platz und erhält auch schon ausreichend Einsatzzeit. „Bamm-Bamm“ wird Wiencek genannt, weil er ähnlich kräftig ist wie der Sohn von Barney und Betty Geröllheimer, der in der Zeichentrickfernsehserie „The Flintstones“ zwar noch Windeln trägt, aber schon außergewöhnlich stark ist und sogar Dino hochheben kann. „Bamm-Bamm“ Wiencek hat für sein großes Ziel, Stammspieler beim besten Klub der Welt zu werden, den Gürtel enger geschnallt. Viel Eiweiß, wenig Zucker. Zehn Kilo hat Wiencek abgespeckt. Von 118 auf 108. Die Muskeln sind dafür noch dicker geworden. Der Lehrling am Kreis tut alles, um ganz schnell ein Meister zu werden.