Berlin. . Dagur Sigurdsson steht beim Europameister vor dem Absprung. Japan lockt den Erfolgcoach. Der Leipziger Christian Prokop steht als Nachfolger bereit.

Schienenverkehr zur Beförderung von Personen gibt es in Island nicht. Und trotzdem ist Dagur Sigurdsson für Bob Hanning so etwas wie ein Lokomotivführer. „Dagur hat den Zug wieder auf die Gleise gestellt“, sagt der Vizepräsident des Deutschen Handballbundes (DHB). Seit dem Amtsantritt des Isländers im August 2014 geht es mit der deutschen Auswahl bergauf, auf den viel umjubelten EM-Titel 2016 folgte im Sommer Olympia-Bronze in Rio. Dennoch steht der 43-Jährige vor dem Absprung, er soll nach der WM im Januar in Frankreich die japanische Nationalmannschaft übernehmen.

Auf Wunschkandidaten geeinigt

Dem Isländer liegt eine unterschriftsreife Offerte aus Japan vor, die er derzeit prüft. Sigurdsson kann seinen bis 2020 laufenden Vertrag bis zum Jahresende kündigen. Der deutsche Verband hat sich jetzt auf einen Wunschkandidaten als möglichen Nachfolger geeinigt. So könnte Christian Prokop, Trainer des Bundesligisten SC DHfK Leipzig, den deutschen Handball in die Zukunft führen, sollte Sigurdsson tatsächlich von seiner Ausstiegsklausel Gebrauch machen.

„Ich habe mit Christian Prokop ein Sondierungsgespräch geführt und ihn gefragt, ob er im Fall einer Notwendigkeit eine grundsätzliche Bereitschaft hat“, sagt Hanning, mahnt aber an, das primäre Ziel sei es, Sigurdsson zu halten. „Wir haben kein Interesse an einem Wechsel, warten daher die Entscheidung von Dagur Sigurdsson ab.“

Prokop sorgte für Furore

Dennoch bastelt der DHB parallel am Plan B. Mit Prokop, der in der vergangenen Spielzeit als „Trainer der Saison“ ausgezeichnet worden war, favorisiert der Verband einen Coach, dem die großen Meriten noch fehlen. Immerhin aber sorgt der 37-jährige frühere Bundesligaprofi (HC Wuppertal und GWD Minden) mit Leipzig in der Bundesliga derzeit für Furore (Platz fünf) und erinnert in seiner Zielstrebigkeit an den jungen Sigurdsson, den einst auch nur Experten kannten. „Der deutsche Handball braucht nicht unbedingt den besten und erfolgreichsten Trainer, sondern den, der am besten zu unserem Konzept passt“, sagt Hanning und fügt an: „Wir brauchen jemanden, der die richtige Strategie hat und die DHB-Philosophie am meisten in sich trägt.“

Prokop besitzt in Leipzig jedoch einen Vertag bis 2021 – ohne Ausstiegsklausel. „Das würde natürlich einer Lösung bedürfen“, sagt Hanning. Prokop soll aber sehr interessiert sein am DHB-Job. Verhandlungen mit den DHfK-Verantwortlichen über eine vorzeitige Freigabe laufen. „Selbstverständlich wird der Trainer nicht allein die Entscheidung treffen, sondern in erster Linie die Verantwortlichen“, sagt Hanning: „Für uns gilt es, auf die Leipziger Interessen Rücksicht zu nehmen.“ Prokop soll die Arbeit beim DHB im Sommer 2017 aufnehmen.