Essen. . Ein Toter, viele Verletzte, noch mehr Anzeigen — obwohl die WM-Feiern überwiegend friedlich verliefen, kam es hier und da zu Zwischenfällen. Und nicht immer gingen die so glimpflich aus wie in Oberhausen, wo ein Fan beim Autokorso aus dem Kofferraum fiel.
Millionen Fans haben in der Nacht den WM-Sieg der deutschen Mannschaft gefeiert. Die meisten Public-Viewing-Veranstaltungen blieben friedlich, wenn man von den üblichen Schlägereien, Verletzungen und Diebstählen absieht. Aber es kam auch zu einigen ernsthafteren Zwischenfällen.
Besonders dramatisch war ein Zwischenfall beim Public Viewing in einem Kino in Bremen: Bei einer Messerstecherei kurz vor Spielende wurde ein Mann lebensgefährlich verletzt — er starb in der Nacht im Krankenhaus. Offenbar war es zu einem Streit gekommen.
In Bergheim bei Köln wurde eine junge Frau im Auto angeschossen. Die 23-Jährige fuhr gegen Mitternacht mit zwei Freundinnen im Autokorso auf der Köln-Aachener-Straße, als die drei einen lauten Knall hörten. Dann sahen sie Blut an der Schulter der Fahrerin. Die geschockte Frau kam ins Krankenhaus, besonders schwerwiegend ist die Verletzung aber nicht. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei hat ein Unbekannter mit einer Kleinkaliberwaffe geschossen.
Mann fackelt eigenes Haus mit Feuerwerkskörper ab
In Meerbusch bei Düsseldorf wurde eine Frau verletzt, die den WM-Titel mit dem Zünden einer Rakete feiern wollte — allerdings in ihrer Wohnung. Der Feuerwerkskörper verfing sich im Vorhang und setzte die Einrichtung in Brand. Die 48-Jährige kam mit einer Rauchvergiftung ins Krankenhaus.
Ein Feuerwerkskörper richtete in Espelkamp im Kreis Minden-Lübbecke weit größeren Schaden an: Ein Mann schoss die Rakete in den Dachstuhl seines Hauses. Der Dachstuhl brannte komplett ab, der Schaden liegt bei rund 300.000 Euro.
In Essen und Mülheim fieberten rund 17.000 Fans auf öffentlichen Plätzen mit. Sämtliche Public Viewings waren schon weit vor Spielbeginn voll. Nach Spielende sperrte die Polizei einige Straßen und Kreuzungen, damit die Fans sicher nach Hause kamen. Aber es kam auch zu Zwischenfällen: Am Hauptbahnhof Essen nahm die Polizei zwei Personen fest, die offenbar mit einer Schreckschusswaffe um sich geschossen haben. Verletzt wurde niemand. In Essen-Rüttenscheid warf ein betrunkener Mann eine Scheibe ein und wurde festgenommen. Auf der Oberhausener Straße in Mülheim nahm die Polizei zwei Männer fest die aneinander geraten und sich der Polizei widersetzt hatten.
In Duisburg feierten Tausende Fans beim Public Viewing, unter anderem am Delta-Park in Hamborn und am Hotel Sittardsberg. Die Polizei musste mehrfach einschreiten, weil Feuerwerkskörper in der Menschenmenge gezündet wurden. Zwölf Fans müssen wegen Verfahren wegen Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz rechnen. Zudem gab es mehrere Körperverletzungen — insgesamt wurden 15 Personen angezeigt.
Kofferraum-Stürze und Angriffe auf die Polizei
Das Public Viewing auf dem Friedensplatz in Dortmund war schon vor 20 Uhr überfüllt. Fans, die zu spät kamen, mussten wieder gehen. Noch vor Spielbeginn stellten Beamte bei zwei Besuchern Drogen sicher ein. Beim Spiel wurden immer wieder Böller und Bengalos gezündet. Nicht immer blieb das folgenlos: Ein Franzose (21) aus Lille zündete einen illegalen Böller. Bei dem Knall wurden fünf Fans leicht am Gehör verletzt — zwei Frauen (16/23) aus Kamp-Lintfort erlitten Brandverletzungen. Zwei Besucher zeigten Diebstähle an: An einem parkenden Auto wurden Fan-Utensilien gestohlen, aus einer Tasche verschwand ein Handy. Außerdem wurden zwei Körperverletzungen angezeigt.
Auch in Oberhausen feierten Tausende Fans. Die Polizei war mit allen verfügbaren Kräften bis 4 Uhr im Dauereinsatz. Die größten Public-Viewing-Veranstaltung fanden in der Arena Oberhausen, in der Turbinenhalle und im Revierpark Vonderort statt — allesamt störungsfrei. Bei den anschließenden Autokorsos kam es zu drei Unfällen: Auf der "Alte Walz" fuhr ein Auto einer Fußgängerin über den Fuß, an der Werksgasthaus-Kreuzung kollidierten drei Autos, und auf der Mülheimer Straße fiel ein Fan aus dem offenen Kofferraum und wurde schwer verletzt. Auf der Essener Straße hielt die Polizei gegen 2 Uhr einen Lkw an, auf dessen Ladefläche 18 Fans feierten. Der Fahrer wurde angezeigt.
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Beim Public Viewing im Westpark in Bochum feierten rund 10.500 Fans. Beim Spiel selbst wurden zehn Personen wurden wegen Bengalos und Körperverletzungen angezeigt. Ein Polizist wurde verletzt, als ein aggressiver Zuschauer um sich schlug. Nach Spielende kam es überall zu spontanen Jubelfeiern und Autokorsos. In Bochum wurden drei, in Witten zwei Personen leicht verletzt. In Herne stürzte eine betrunkene 44-Jährige am Bahnhof und verletzte sich am Kopf. Bei den Jubelfeiern wurden in Bochum elf, in Herne zwei und in Witten eine Anzeige gestellt. Zwei Personen wurden festgenommen — acht bekamen einen Platzverweis.
Aggressive Fans in Hamm müssen ausnüchtern
Für zwei Fans in Hamm endete der WM-Abend in der Ausnüchterungszelle. Die Männer (25 und 39 Jahre) hatten gegen 23.23 Uhr beim Public Viewing am Rathaus zugeschlagen. Nach einer verbalen Auseinandersetzung traten und schlugen sie auf einen Security-Mitarbeiter ein und verletzten ihn leicht. Als die Polizei eingriff, schlugen die Männer um sich, beleidigten und traten die Polizisten. Ein Beamter wurde leicht verletzt. Erst zusätzliche Polizisten bekamen die aggressiven Betrunkenen in den Griff — und setzten dafür auch Pfefferspray ein.
Im Kreis Recklinghausen verfolgten rund 13.000 Fans das Spiel bei Public Viewings — 8000 Fans feierten in der Arena am Rathaus in Recklinghausen mit, 1700 Fans in Gladbeck, 1000 Fans in Marl. Beim Spiel selbst wurden elf Personen vorübergehend festgenommen oder erhielten einen Platzverweis, meist wegen Körperverletzung oder Bengalos. Nach dem Spiel feierten die Fans mit Autokorsos bis weit nach Mitternacht. Zu Verkehrsbehinderungen kam es kaum. In Gladbeck wurde der Kreisverkehr der Humboldstraße kurzfristig gesperrt, in Bottrop die Osterfelderstraße und in Marl der Bereich Bergstraße/Lipper Weg.
Im Kreis Wesel schätzt die Polizei 14.500 Zuschauer bei den Public Viewings. Durch die Autokorsos brach in mehreren Innenstädten der Verkehr zusammen. In Moers warfen Dutzende Feiernde gegen 1.30 Uhr mit Feuerwerkskörpern und Flaschen. Die Polizei griff ein — aber erst gegen 2.30 Uhr beruhigte sich die Lage. An der Eissporthalle in Dinslaken kam es zu einem Auffahrunfall mit Blechschaden. Ebenfalls in Moers lief ein Fußgänger vor ein Auto. Als die Polizei zum gemeldeten Unfallort kam, waren beide Beteiligten aber schon weg. Ebenfalls Am Kornmarkt in Wesel mussten die Polizisten nach dem Spiel eine Schlägerei schlichten.
Das Deutschlandweit größte Public Viewing war die Berliner Fanmeile: Hier feierten 250.000 Fans den Sieg der deutschen Mannschaft. Schon Stunden vor Anpfiff war die "Straße des 17. Juni" zwischen Siegessäule und Brandenburger Tor dicht. Zehntausende Fans mussten sich andere Public-Viewing-Plätze suchen. In Hamburg drängten sich 50.000 Menschen auf dem Heiligengeistfeld. Auf der Zülpicher Straße in Köln sperrte die Polizei die Kneipenmeile für den Verkehr. Die Frankfurter Commerzbank-Arena (50.000 Fans) und das Münchner Olympiastadion (33.000 Fans) waren schon Tage vor dem Spiel ausgebucht. (mit dpa)