Santo André. Hexenzauber und Gebete können Deutschland nicht schocken. Die Fußball-Nationalelf trifft am Dienstagabend im Halbfinale auf WM-Gastgeber Brasilien - elf gegen 200 Millionen. In der Vergangenheit erwiesen sich DFB-Auswahlen meist als Partykiller. Auch diesmal ist das Team sehr zuversichtlich.

Es könnte sein, dass Thomas Müller noch kurzerhand der Schlag trifft. Ein kleiner Hexenschuss zum Beispiel wäre denkbar. Oder diese ominöse Grippewelle im Umfeld der deutschen Nationalmannschaft, von der neulich alle sprachen. Oder einfach schlappe Beine. Fest steht jedenfalls, dass Müller Opfer eines Sabotageaktes wird. So hat sich das Helio Sillmann nämlich ausgedacht.

Sillmann ist ein Voodoo-Priester aus Rio de Janeiro. Vor dem Halbfinale seines Heimatlandes Brasilien gegen Deutschland am Dienstagabend (22 Uhr/ZDF und in unserem WM-Center) hat er in seinem kleinen Laden in Rios Stadtteil Madureira eine Voodoo-Puppe von Müller gebastelt und ihr die Füße zusammengebunden, damit der echte Müller auf dem Rasen nicht wie gewohnt seine Storchenbeine zum Rennen bringen kann. Mit Anpfiff des Spiels wird der Hexer ein paar Kerzen anzünden und vielleicht auch noch anderweitigen Hokuspokus veranstalten – das verstärkt nämlich den Fluch.

Deutsche Nationalelf will erneut zum Partykiller werden

Es ist also nicht nur eine Fußballmannschaft, die sich Thomas Müller und dem Team von Bundestrainer Joachim Löw im WM-Halbfinale von Belo Horizonte in den Weg stellt. Zu ihr gesellen sich auch noch beschworene, böse Geister. Vor allem aber stehen ihr die Gebete des gesamten WM-Gastgeberlandes gegenüber. Elf Spieler gegen 200 Millionen Brasilianer.

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„Das wird ein Spiel gegen ein ganzes Stadion, ja gegen ein ganzes Land“, sagt Toni Kroos. So oder so ähnlich hörte man das vor dem Halbfinale von den allermeisten deutschen Spielern, aber nach Angst klang das nie. Im Gegenteil: „Solche besonderen Spiele, vor allem gegen so ein positiv fußballverrücktes Land, saugt man richtig auf“, sagt Bastian Schweinsteiger. Da mache das Fußballspielen umso mehr Spaß. „Wir dürfen die Atmosphäre nicht negativ aufnehmen, sondern müssen das nutzen“, sagt Manuel Neuer. Der deutsche Torwart steht ohnehin nicht im Verdacht, sich allzu schnell aus der Ruhe bringen zu lassen, und er empfiehlt seinen Vorderleuten, „die Atmosphäre nicht abzublocken, sondern daraus Schwung mitzunehmen“.

Zu empfehlen wäre vielleicht auch ein Blick in die Geschichtsbücher der WM, denn in der Vergangenheit erwiesen sich deutsche Mannschaften meist als unhöfliche Gäste: Sechs Mal traf Deutschland bisher bei einem Weltturnier auf den Gastgeber und bestand dabei vier Mal unter den Pfiffen der heimischen Fans. Zwei Mal verlor man. 1958 in Schweden schmiss der Gastgeber die DFB-Elf im Halbfinale durch ein 3:1 raus. 1966 scheiterte Deutschland im Finale von Wembley in der Verlängerung auch durch das umstrittenste Tor der Fußballgeschichte an England. 1962 in Chile (Vorrunde), 1982 in Spanien (2. Runde) und 1986 in Mexiko (Viertelfinale) aber besiegte Deutschland stets den WM-Gastgeber und sorgte für Tränen. Zuletzt überstand das deutsche Team auch das Halbfinale der WM 2002 gegen Südkorea in Seoul ein wenig glücklich durch ein Tor von Michael Ballack. Ein ganzes Stadion und ein ganzes Land verstummten. Nun also will Deutschland in Brasilien erneut den Partykiller spielen.

Löw setzt wohl erneut auf Doppelsechs Schweinsteiger und Khedira

Für den Bundestrainer Joachim Löw ist die Partie gegen den Gastgeber „ein Highlight, etwas ganz Spezielles und Großartiges“, sagt er. Doch sein Respekt vor dem brasilianischen Team ist enorm. „Der Gastgeber war von Beginn an

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der große Favorit, und die Spieler sind mit dieser Rolle bisher überzeugend umgegangen“, sagt der 54-Jährige. Den Druck, im eigenen Land die Erwartungen zu erfüllen, habe das Team von Trainer Luiz Felipe Scolari „nicht gelähmt“, sondern „offensichtlich beflügelt“. Zudem seinen der verletzungsbedingte Ausfall von Neymar und die Gelbsperre für Kapitän Thiago Silva keineswegs ein Vorteil für die DFB-Auswahl. „Eher im Gegenteil“, sagt Löw. „Rückschläge setzen oft zusätzliche Kräfte frei und niemand darf glauben, dass unsere Aufgabe nun leichter geworden ist.“

Um in der hitzigen Atmosphäre von Belo Horizonte gegen all die Flüche, Gebete und gegen die neuerliche Härte der Brasilianer („Sie gehen bis über die Grenzen des Erlaubten hinaus“, sagt Schweinsteiger) zu bestehen, wird der Bundestrainer aller Voraussicht nach erneut auf Schweinsteiger und Sami Khedira im zentralen Mittelfeld setzen. Kapitän Philipp Lahm würde dann wie schon gegen Frankreich im Viertelfinale rechts in die Viererkette rücken. Die Entscheidung darüber fälle er allein aus taktischen Beweggründen, sagt Löw, und wiedersprach damit der These, er habe sich im Falle Lahms Volkes Wunsch gebeugt: „Ich verfolge eine klare Linie und werde diese nicht der öffentlichen Meinung anpassen“, sagt der Bundestrainer.

Erneuter Klose-Einsatz gegen Brasilien vorstellbar

Schweinsteiger und Khedira, die sich zu Beginn des Turniers noch den Job im Mittelfeld teilen mussten, weil beide nach Verletzungen nicht fit genug waren, haben nun ihren Rhythmus gefunden. „Zum Anfang war es richtig, dass ich langsam ins Turnier eingestiegen bin. Nun fühle ich mich gut und kann 90 Minuten und mehr gegen Brasilien spielen“, sagt Schweinsteiger. Zudem ist denkbar, dass Löw erneut mit dem alternden Torjäger Miroslav Klose in der Sturmspitze beginnen wird. „Wir haben uns im Laufe des Turniers gefestigt, sind stabil – physisch und psychisch“, sagt Löw. Nun gehe es um Kleinigkeiten, die darüber entscheiden, ob die bisher größte Hürde im Turnier,dieSelecao, überwunden werden kann.

Fußballer-Freizeit mit Freundin

Entspannen mit Freundin: Nach dem Viertelfinale bekamen die Spieler der Fußball-Nationalmannschaft Besuch in ihrem Resort Campo Bahia im brasilianischen Santo Andre. Nicht nur Bastian Schweinsteiger und seine Freundin Sarah Brandner verbrachten Zeit...
Entspannen mit Freundin: Nach dem Viertelfinale bekamen die Spieler der Fußball-Nationalmannschaft Besuch in ihrem Resort Campo Bahia im brasilianischen Santo Andre. Nicht nur Bastian Schweinsteiger und seine Freundin Sarah Brandner verbrachten Zeit... © dpa
...am Strand, auch Team-Kollege Sami Khedira und seine Freundin Lena Gercke hatten Spaß im Sand.
...am Strand, auch Team-Kollege Sami Khedira und seine Freundin Lena Gercke hatten Spaß im Sand. © dpa
Sami Khedira und Lena Gercke beim Beach Ball in Brasilien.
Sami Khedira und Lena Gercke beim Beach Ball in Brasilien. © dpa
Sami Khedira und Lena Gercke beim Beach Ball in Brasilien.
Sami Khedira und Lena Gercke beim Beach Ball in Brasilien. © dpa
Sami Khedira und Lena Gercke beim Beach Ball in Brasilien.
Sami Khedira und Lena Gercke beim Beach Ball in Brasilien. © dpa
Fußballer-Freizeit mit Freundin: Sami Khedira und Lena Gercke.
Fußballer-Freizeit mit Freundin: Sami Khedira und Lena Gercke. © dpa
Fußballer-Freizeit mit Freundin: Sami Khedira und Lena Gercke.
Fußballer-Freizeit mit Freundin: Sami Khedira und Lena Gercke. © dpa
Fußballer-Freizeit mit Freundin: Sami Khedira und Lena Gercke.
Fußballer-Freizeit mit Freundin: Sami Khedira und Lena Gercke. © dpa
Fußballer-Freizeit mit Freundin: Sami Khedira und Lena Gercke.
Fußballer-Freizeit mit Freundin: Sami Khedira und Lena Gercke. © dpa
Fußballer-Freizeit mit Freundin: Sami Khedira und Lena Gercke.
Fußballer-Freizeit mit Freundin: Sami Khedira und Lena Gercke. © dpa
Fußballer-Freizeit mit Freundin: Sami Khedira und Lena Gercke.
Fußballer-Freizeit mit Freundin: Sami Khedira und Lena Gercke. © dpa
Fußballer-Freizeit mit Freundin: Bastian Schweinsteiger und Sarah Brandner.
Fußballer-Freizeit mit Freundin: Bastian Schweinsteiger und Sarah Brandner. © dpa
Fußballer-Freizeit mit Freundin: Bastian Schweinsteiger und Sarah Brandner.
Fußballer-Freizeit mit Freundin: Bastian Schweinsteiger und Sarah Brandner. © dpa
Anfeuern gehört selbstverständlich zu Fußballspielerfreundinnenpflichten: Sarah Brandner beim Viertelfinalspiel gegen Frankreich. Wenn gerade...
Anfeuern gehört selbstverständlich zu Fußballspielerfreundinnenpflichten: Sarah Brandner beim Viertelfinalspiel gegen Frankreich. Wenn gerade... © Getty Images
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...nichts aufregendes passierte, unterhielt sich das Model mit "Germany's next Topmodel"-Juror Thomas Hayo. © Getty Images
Sarah Brandner und Thomas Hayo im Stadion in Rio de Janeiro..
Sarah Brandner und Thomas Hayo im Stadion in Rio de Janeiro.. © Getty Images
Sami Khediras Freundin Lena Gercke beim Viertelfinale in Rio.
Sami Khediras Freundin Lena Gercke beim Viertelfinale in Rio. © imago/Moritz Müller
Lena Gercke beim Viertelfinale in Rio.
Lena Gercke beim Viertelfinale in Rio. © imago/Moritz Müller
Lena Gercke lacht mit Thomas Hayo.
Lena Gercke lacht mit Thomas Hayo. © Getty Images
Fußballer-Freundinnen im Stadion: Montana Yorke (Freundin von Andre Schürrle), Ann-Kathrin Brömmel (Freundin von Mario Götze).
Fußballer-Freundinnen im Stadion: Montana Yorke (Freundin von Andre Schürrle), Ann-Kathrin Brömmel (Freundin von Mario Götze). © imago/Moritz Müller
Sarah Brandner (Freundin von Bastian Schweinsteiger) und Mandy Capristo (Freudin von Mesut Özil) beim Viertelfinale gegen Frankreich.
Sarah Brandner (Freundin von Bastian Schweinsteiger) und Mandy Capristo (Freudin von Mesut Özil) beim Viertelfinale gegen Frankreich. © imago/Moritz Müller
Julian Draxlers Freundin Lena.
Julian Draxlers Freundin Lena. © imago/Moritz Müller
Manuel Neuers Freundin Kathrin Gilch beim Viertelfinale in Rio.
Manuel Neuers Freundin Kathrin Gilch beim Viertelfinale in Rio. © imago/Moritz Müller
Manuel Neuers Freundin Kathrin Gilch beim Viertelfinale in Rio.
Manuel Neuers Freundin Kathrin Gilch beim Viertelfinale in Rio. © imago/Moritz Müller
Mats Hummels' Freundin Cathy Fischer voll...
Mats Hummels' Freundin Cathy Fischer voll... © imago/Moritz Müller
...Begeisterung im Stadion in Rio.
...Begeisterung im Stadion in Rio. © imago/Moritz Müller
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Elf Mal – mehr als jede andere Nation – stand Deutschland bisher in einem WM-Halbfinale (1974 gab es keines), sechs Mal wurde es auch gewonnen. Zuletzt aber scheiterte das deutsche Team zwei Mal hintereinander in der Runde der letzten Vier und erfuhr 2006 gegen Italien am eigenen Leib, wie es ist, als WM-Gastgeber kurz vor dem Erreichen des Finales aus dem Turnier geworfen zu werden. Löw war damals als Assistenztrainer dabei. Vier Jahre später scheiterte er als Cheftrainer im Halbfinale an Spanien. Diesmal ist er zuversichtlich, endlich das Finale zu erreichen. „Wir wollen unbedingt noch einmal in Rio im Maracana-Stadion spielen. Am 13. Juni. Wir sind noch nicht fertig“, sagt Löw. Kein Voodoo-Zauber und keine Gebete sollen das verhindern.

Júlio César

Der 34-Jährige spielt seine dritte WM, obwohl er zuletzt Mühe hatte, überhaupt noch einen Klub zu finden: Aktuell spielt er für den FC Toronto. Der Elfmeter-Held vom Chile-Spiel hat das Trauma von seinem Patzer beim WM-Aus gegen die Niederlande in Südafrika wettgemacht.

Maicon

Der Profi vom AS Rom hat Dani Alves während der WM aus der Startelf verdrängt. Der 32-Jährige gilt als deutlich robuster und kopfballstärker als der Verteidiger vom FC Barcelona, der eher den Vorwärts- als den Rückwärtsgang findet.

Dante

Der deutsche Meister vom FC Bayern München steht vor seiner WM-Premiere und soll den gelb-gesperrten Kapitän Thiago Silva in der Innenverteidigung ersetzen. Er ist die Stimmungskanone im Team mit Sinn für Musik. Trifft auf seine Klubkollegen Müller & Co.

David Luiz

Der 27-Jährige vom FC Chelsea läuft erstmals bei der WM mit der Kapitänsbinde am Arm auf, weil Thiago Silva fehlt. Er ist auch sonst der heimliche Leader im Team. Der teuerste Abwehrspieler der Welt gilt bei seinen Kollegen als Autoritäts- und Respektsperson.

Marcelo

Marcelo: Kämpft bei Real Madrid um seinen Stammplatz, ist bei Nationaltrainer Luiz Felipe Scolari aber gesetzt. Der 26-Jährige hat wie Dani Alves leichte Schwächen im Defensivverhalten, will lieber stürmen als verteidigen. Gilt als Typ "bissiger Wirbelwind".

Luiz Gustavo

Für Scolari "einer meiner wichtigsten Spieler". Der Profi vom VfL Wolfsburg kehrt nach seiner Gelb-Sperre zurück. In der Seleção eine absolut feste Größe und unumstritten. Ruhiger Typ außerhalb des Platzes, auf dem Feld gnadenlos in den Zweikämpfen.

Paulinho

Der 25-Jährige von Tottenham Hotspur war zum Ende der Vorrunde aus der Mannschaft geflogen. Hat nicht überzeugt und blieb vor allem im Spiel nach vorne (zu) blass. Kehrte gegen Kolumbien wegen Gustavos Gelb-Sperre zurück - und nutzte seine Chance.

Willian

Auf den 25-Jährigen aus Chelsea kommt die schier unlösbare Aufgabe zu, den verletzten Neymar zu ersetzen. Dabei hat er jedoch bessere Karten als Bernard, weil er neben seinem Vereinskollegen Oscar auflaufen kann. Sieht sich im Gegensatz zu Neymar mehr als Mittelfeldspieler.

Oscar

So ein bisschen der Toni Kroos der Brasilianer. Einer der unauffälligsten, aber talentiertesten Profis im Aufgebot. Dem 22-Jährigen fehlen noch etwas Ausstrahlung und der letzte Biss. Aber Scolari hält eisern an dem Jeans-Model fest.

Hulk

Das Kraftpaket von Zenit St. Petersburg gilt als Publikumsliebling, genießt fast schon Kultstatus. Benannt nach der grünen Comicfigur. Der 27-Jährige vergab bisher die meisten Chancen der Brasilianer. Kraftvoll und schnell, aber spielerisch mit Defiziten.

Fred

Immer kritisiert, immer infrage gestellt, aber für Scolari ein "Leader" und gesetzt. Der 30-Jährige von Fluminense Rio de Janeiro gilt als einer der intellektuellen Köpfe im Team. Bisher nur ein Tor; traf bei der WM erst, als er sich einen Schnauzer wachsen ließ.

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