Santo André. . Lukas Podolski und André Schürrle kämpfen um den frei gewordenen Platz in der Startelf. Nach der Verletzung des Dortmunders Marco Reus hat Bundestrainer Joachim Löw die Qual der Wahl. Beide Kandidaten empfahlen sich mit starken Leistungen in der WM-Vorbereitung.
In der Vermarktungsmaschine des modernen Fußballs ist es für Spieler mittlerweile wichtig, sich einen unverwechselbaren Markenkern zu erschaffen. Lukas Podolski zum Beispiel hat sich beharrlich den Ruf des Gute-Laune-Onkels erworben. Im DFB-Flieger nach Brasilien am Wochenende kam der 29-Jährige als einziger Nationalspieler nach hinten in die Maschine, wo die Journalisten saßen, riss ein paar Witze und ließ die Reporter glückselig zurück.
Podolskis Werk war damit aber noch nicht vollendet: Sitznachbar Bastian Schweinsteiger war auf dem Flug eingepennt, und Podolski postete später ein Foto im Internet, das ihn breit grinsend mit dem Schlafenden zeigte. Podolski ist also immer noch der Klassenclown – der Poldi, wie früher. Schweinsteiger übrigens revanchierte sich dann mit einem ähnlichen Foto des weggenickten Podolski im Teamquartier Campo Bahia.
Unter dem ganzen Karnevalimage des Bergheimers aber ging in den vergangenen Jahren irgendwie der Fußballprofi Lukas Podolski verschüttet. Fast vergessen, dass es da ja irgendwann auch mal einen anderen Markenkern gegeben hat: den des schussgewaltigen Linksfusses mit brachialem Zug zum Tor.
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Löw entscheidet nach Trainingseindrücken
Das lag nicht vornehmlich an Podolski selbst, sondern am Erstarken des Dortmunders Marco Reus, der ihn in der Nationalelf auf dem linken Flügel verdrängtet. Reus aber ist nun wegen einer schweren Fußverletzung in Brasilien nicht dabei. Eine der vielen Fragen, die Bundestrainer Joachim Löw noch bis zum ersten Gruppenspiel gegen Portugal am Montag beantworten muss, ist die nach dem Reus-Ersatz. Er entscheide nach Trainingseindrücken, sagt Löw. „Welche Spieler machen bis zum Spiel gegen Portugal noch Fortschritte – technisch, taktisch, körperlich.“
Da trifft es sich gut, dass Podolski gerade selbst ein bisschen Bergungsarbeit in eigener Sache verrichten kann, um seinen eigentlichen Wert für die Mannschaft wieder zu Tage zu fördert. Bei den Testspielen gegen Kamerun und Armenien war der Angreifer des FC Arsenal der auffälligste Spieler. „Wenn Lukas seine Dynamik entwickelt, ist er kaum zu halten“, schwärmt Löw. In der Premier League musste Podolski vier Monate lang wegen eines Muskelbündelrisses pausieren und kehrte erst Ende des vergangenen Jahres zurück in den Spielbetrieb. Ob er sich nun wohl in Topform befinde? „Das kann sein. Ich versuche, Gas zu geben, wenn ich spiele“, sagt Podolski.
Er hat derzeit die besten Chancen auf den Reus-Platz in der Startelf. Für ihn wäre es die Rückkehr zum alten Standing im DFB-Team, das er vor allem bei den Weltmeisterschaften 2006 und 2010 mit insgesamt fünf Turniertoren prägte.
Schürrle war Gewinner der WM-Vorbereitung
Für André Schürrle dagegen, dem zweiten Anwärter auf die Reus-Position, wäre es ein überraschender Karrieresprung, sollte er gegen Portugal in der Startelf stehen. Der 23-Jährige war einer der großen Gewinner der WM-Vorbereitung und überzeugte in den Testspielen. Durch seinen Wechsel zum FC Chelsea vor einem Jahr sei er gereift, sagt Schürrle. „Ich fühle mich heute viel besser. Ich habe mich weiterentwickelt – körperlich und was die Mentalität betrifft.“ Sein Klubtrainer José Mourinho trage daran großen Anteil: „Er hat diese totale Gier nach Siegen und mich damit besser gemacht.“
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Löw hatte stets moniert, Schürrle fehle noch die Robustheit. Nun hat sich das geändert: „André und Lukas sind körperlich sehr dynamisch, sehr stark. Man hat das Gefühl, dass sie in England, in dieser körperlich sehr robusten und intensiven Liga, zugelegt haben“, sagt der 54-Jährige. Statt Reus hat Löw nun Verstärkung von der Insel.
Ansprüche auf einen Startelfeinsatz will Schürrle freilich nicht stellen, sagt aber: „Der Bundestrainer kennt meine Stärken. Ich denke, ich habe in der Vorbereitung meine Sache gut gemacht.“
An seinem Markenkern hat André Schürrle übrigens schon mehrfach geschraubt. In Mainz wurde er einst vom zentralen Mittelfeldspieler zum Flügelstürmer umgeschult und verärgerte seinen Trainer Thomas Tuchel mit Popstarauftritten im Fernsehen. Das Image des „Bruchweg-Boys“ ist längst abgestreift. Bei dieser WM könnte das des Überraschungsspielers neu entstehen.