St. Leonhard. Nach dem Unfall während eines Sponsorentermins am Dienstag erwägt der Deutsche Fußball-Bund Konsequenzen für zukünftige Termine. Gleichzeitig beteuern der DFB und Sponsor Mercedes, dass die Strecke sicher gewesen sei. Und die Spieler mühen sich um eine Rückkehr zur Normalität.

Am Tag danach, als die deutschen Nationalspieler um zehn Uhr den Trainingsplatz betreten, ist die Südtiroler Welt wieder ein bisschen mehr in Ordnung. Nicht nur meteorologisch. Am Dienstag hatte es bis in den Mittag hinein aus dunklen Wolken geschüttet. Noch am Nachmittag waren die Straßen feucht, an manchen Orten rann das Wasser in ununterbrochenem Strom bergab. An diesem Mittwochmorgen steht die Sonne über dem Prantach und liefert die passende Ausleuchtung für das, was auf dem Rasen zu beobachten ist.

Den Dienstag aber kann nicht abgehakt, im Nachhinein aus dem Kalender entfernt werden. Am Morgen wurde bekannt, dass dem Bundestrainer wegen zu schnellen Fahrens für sechs Monate der Führerschein entzogen worden war. Ein Thema? Nicht mehr für den Mittwoch. Am Mittwoch spricht Oliver Bierhoff, der Teammanager, von einem “großen Schock” und von “tiefer Betroffenheit”. Am Mittwoch versucht Claudia Merzbach, Kommunikationsbeauftragte bei Mercedes, Unheil vom Unternehmen abzuwenden.

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Nico Rosberg und Pascal Wehrlein, Formel-1-Titelanwärter und DTM-Pilot, hatten die WM-Auswahl besucht. Im Rahmen einer “Produktvorstellung”, wie Merzbach es nennt, waren sie in Wagen der neuen C-Klasse mit den Schalker Julian Draxler und Benedikt Höwedes an Bord über eine Straße oberhalb des Trainingscamps gefahren. Vor dem am Prantach gelegenen Holzerhof hatte der von Wehrlein gesteuert Wagen zwei Männer erfasst. Einer, der leichter verletzte, wurde in ein Krankenhaus in Meran gebracht, einer, ein schwer verletzter 63-jähriger Deutscher, wurde mit dem Helikopter nach Bozen transportiert. Märzbach besteht darauf: “Es ist so, dass es eben kein Rennen war.” Bierhoff springt ihr zur Seite: “Es war eine sehr kurvige Strecke. Deshalb war das Tempo nicht so hoch.”

“Die Strecke war sicher”

Vor dem Holzerhof ist es nicht sehr kurvig. Im Gespräch mit dem “Express” äußerte der leichter verletzte Streckenposten, der am Donnerstag das Krankenhaus verlassen durfte: “Vielleicht hätten sie da nicht ganz so schnell sein müssen.” Er habe vergeblich versucht, den Urlauber zu retten. Der Mann habe nicht auf der Straße gestanden, aber dicht dran und wollte wohl ein Foto machen. "Ich wollte ihn zurückziehen, habe es nicht mehr geschafft."

Johann Ramoser, Polizeihauptkommissar in Bozen und mit den Ermittlungen betraut, legt sich aber fest. Einmal: “Die Strecke war sicher.” Zweimal: “Ich kann ihnen sagen: Die Strecke war sicher.” Dreimal: “Das kann ich ihnen garantieren, dass die Strecke sicher war.” Weitere Fragen beantwortet Ramoser nicht. Musste nicht mit sorglosen Wanderern gerechnet werden, die im Wald ab von bewachten Wegen unterwegs waren, mit Menschen, die ohne ein Bewusstsein für Gefahren Absperrungen ignorierten? Der Hauptkommissar betont den Status der “laufenden Ermittlungen”.

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Bierhoff berichtet über die Ankunft von Rosberg, Wehrlein, Draxler, Höwedes im Hotel, dass Hans-Dieter Hermann, der Team-Psychologe, anwesend war. Schock. Tiefe Betroffenheit. Am Dienstagabend ist Bierhoff mit Rosberg und Wehrlein erst zum Krankenhaus in Meran gefahren. Aufatmen. “Das ist kein Geheimnis, dass es nicht so schwerwiegend war”, sagt Bierhoff, der Verantwortliche für sogenannte Sponsorenaktitäten. “Schwieriger” war es in Bozen. Der 63-Jährige soll ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten haben. Mit seiner Frau hat Bierhoff gesprochen. “Eine unheimlich starke Frau”, so hat er es empfunden: “sehr herzlich.”

Sponsorenaktionen sollen künftig genauer bewertet werden

Wie gehen es weiter? Mercedes hat den Ermittlern Videomaterial zur Verfügung gestellt. Zum zehnten Mal wurde eine Werbeaktion wie diese durchgeführt. Der gute Stern über dem Reich der Nationalelf. Bierhoff verkündet, jede Aktion müsse nun “noch genauer bewertet werden”: “Natürlich kommt so ein Unfall in die Bewertung.” An persönliche Konsequenzen denkt er nicht. Dienstag war Dienstag, Mittwoch ist Mittwoch: “Meine Position ist die gleiche.”

Mittwoch ist Mittwoch. Sonnenmittwoch. Der an der Schulter lädierte Torhüter Manuel Neuer kann noch nicht am Training teilnehmen. Philipp Lahm kann nur Runden drehen. Aber Bastian Schweinsteiger arbeitet wieder mit dem Ball. Und Sami Khedira ist auf dem Rasen, der lange verletzte Champions-League-Sieger mit Real Madrid. “Wir sind wirklich bei den Betroffenen”, sagt er. Aber: “Wir müssen uns auch auf unsere Aufgabe konzentrieren.”