München. Bei der Analyse des WM-Debakels am Mittwoch blieb unklar, wie der deutsche Fußball wiedererstarken soll. Ein Kommentar.
Fast 60 Prozent der Deutschen haben laut einer Umfrage den Glauben an Joachim Löw verloren. Wer von ihnen am Mittwoch den Ausführungen des Bundestrainers zu seiner Analyse des WM-Scheiterns lauschte, der wird nicht unbedingt bekehrt worden sein. Ja, Löw trat selbstkritisch und entschlossen auf. Doch was in München fehlte, war eine wirklich detaillierte Zukunftsvision, wie der deutsche Fußball wiedererstarken soll. Es bleibt zu hoffen, dass es kein „Weiter so“ mit etwas mehr Demut wird.
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Es ist jetzt gerade populär, Löw die Fähigkeit zum erfolgreichen Neustart abzusprechen. Er hat mit einer gewissen Entrücktheit und einigen Fehlentscheidungen ja auch selbst dafür gesorgt, dass die Leute ihm nicht mehr ohne Bedenken ihre Nationalelf anvertrauen. Aber er hat bis zum Totalschaden von Russland auch zwölf Jahre lang fast ausschließlich gute Arbeit geleistet.
Entscheidend wird sein, dass Löw aus dem Scheitern neue Kraft zieht, wie es ihm 2012 gelungen ist, als er bis zum verlorenen EM-Halbfinale gegen Italien vornehmlich ein Trainer für das schöne Spiel war, 2014 dann aber den Pragmatismus für sich entdeckte, mit dem er Weltmeister wurde. Pragmatisch zu sein bedeutet jetzt, auf Spieler wie Thomas Müller und Toni Kroos zu setzen. Denn bessere gibt es im Moment nun mal nicht in Deutschland. Um sie herum braucht es den Willen zur Jugend. Dann ist es nicht ausgeschlossen, dass es mit Joachim Löw auch wieder aufwärts geht.
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Eine emotionale Wende hat Löw durch seine WM-Analyse in München nicht geschafft. Schwächer aber präsentierte sich Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff. Ihm wurde die Hauptschuld für die fehlende Fannähe und den ausufernden Kommerz rund um die Nationalelf gegeben. Bierhoff kam am Mittwoch kaum heraus aus dem Verteidigungsmodus. Ja, es wird in Zukunft wieder so etwas wie einen Verhaltenskodex bei der Nationalelf geben. Ja, auch wieder mehr öffentliche Trainings werde man veranstalten. Und der umstrittene Markenname „Die Mannschaft“ komme auf den Prüfstand. Aber Bierhoff wirkte dabei so distanziert wie einer, der sich eigentlich weiter im Recht sieht. Hier wurde eine Chance vertan, eine neue Stimmung um die Nationalelf zu erzeugen.