München. Der Bundestrainer bricht in München sein zweimonatiges Schweigen. Hoeneß nannte die öffentliche WM-Analyse eine “Alibiveranstaltung“.
Bundestrainer Joachim Löw hat das Vorrunden-Aus bei der Fußball-WM als "absoluten Tiefschlag" bezeichnet. Es gebe nichts zu beschönigen, sagte Löw auf einer Pressekonferenz in München und fügte hinzu: "Wir sind weit unter unseren Möglichkeiten geblieben und haben zu Recht die Quittung dafür bekommen." Die ersten zwei, drei Tage nach dem Ausscheiden seien von Frust, Niedergeschlagenheit und einer großen Portion Wut geprägt gewesen.
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Löw trat für die Präsentation seiner WM-Analyse und anlässlich der Bekanntgabe des Aufgebots für die Länderspiele am 6. September in München in der neuen Nationenliga gegen Weltmeister Frankreich sowie drei Tage später in Sinsheim beim Test gegen Peru erstmals seit dem WM-Aus vor die Presse. „Mein größter Fehler bei der WM war: Ich habe geglaubt, dass wir mit dem dominanten Stil durch die Vorrunde kommen. Ich wollte das perfektionieren. Es war fast schon arrogant.“
Löw: "Wir hatten nur eine kleine Flamme"
Man müsse die Nationalmannschaft nach dem "absoluten Tiefschlag" von Russland "wieder auf eine stabilere Spielweise vorbereiten. Wir müssen flexibler, stabiler sein. Ich bin bei der WM zu viel Risiko gefahren", sagte der 58-Jährige. Er hätte das Team "ein Stück weit zurückholen müssen". Künftig seien taktisch "Anpassungen gefragt. Wir müssen unsere Spielweise adaptieren. Ich werde nicht mehr volles Risiko einfordern."
Zudem habe er es nicht geschafft, räumte Löw ein, "das Feuer, das man braucht, zu schüren, und neue Schlüsselreize zu setzen, dass alle mit großer Leidenschaft, Einsatz, Zweikampfstärke agieren." Dies hätte er "einfordern müssen. Wir hatten nur eine kleine Flamme."
DFB-Stars wurde das Internet abgestellt
Er selbst habe auch nach 14 Jahren noch "die große Motivation, Energie, Kraft und Begeisterung", meinte Löw, "dass wir das Schiff wieder auf Kurs bringen". Er wisse aber, "dass wir alle unter besonderer Beobachtung und unter besonderem Druck stehen. Wir müssen ein klares Zeichen setzen in vielen Bereichen. Ich bin überzeugt von unserer Klasse. Ich bin sicher, dass wir das hinbekommen."
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Der Bundestrainer hat seine Mannschaft gegen Vorwürfe über mangelnde Professionalität im WM-Quartier verteidigt. "Unsere Spieler sind wirklich wahnsinnig professionell", sagte er. Gleichzeitig räumte Löw aber auch ein, dass einmal zwei Tage nach einem Spiel das Internet abgestellt worden sei. "In der Regel sind unsere Spieler auf ihren Zimmern. Was sie da machen, werden wir auch nicht immer kontrollieren. Dass sie nachts mal im Internet sind, ist alles auch nicht völlig unnormal. Das waren nicht die entscheidenden Dinge, dass wir das vergeigt haben" In den vergangenen Tagen hatte es Berichte gegeben, wonach einige Nationalspieler verstärkt Computer-Spiele gespielt haben.
Schneider rückt in den Scouting-Stab
Der Trainerstab der deutschen Fußball-Nationalmannschaft wird zukünftig neben Löw nur noch aus Assistent Marcus Sorg und Torwarttrainer Andreas Köpke bestehen. Schneider soll zukünftig die Scouting-Abteilung des DFB leiten. Auch der erweiterte Betreuerstab wird zukünftig deutlich kleiner sein. Im Vergleich zum WM-Aufgebot werden demnach elf, im Vergleich zu normalen Länderspielen sieben Personen weniger im Einsatz sein, wie Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff am Mittwoch in München erklärte.
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Auch zum Rücktritt von Mesut Özil äußerte sich Löw – enttäuscht. "Der Spieler selber hat mich nicht angerufen. Normalerweise war das in der Vergangenheit immer so. Ich habe ihn in den letzten eineinhalb, zwei Wochen versucht, zu erreichen. Das ist mir auch nicht gelungen", sagte Löw. "Er hat sich für diesen Weg entschieden und das muss ich so akzeptieren." Über Özils inhaltliche Kritik am DFB, die eine Rassismus-Debatte in Deutschland ausgelöst hat, sagte Löw: "Er hat mit seiner Rassismus-Kritik überzogen."
Bayern-Präsident Uli Hoeneß nannte die öffentliche WM-Analyse im Vorfeld eine "Alibiveranstaltung". (dpa/sid/fs)
So lief die WM-Analyse von Joachim Löw: