Bochum. . Mittelfeldspieler Florian Jungwirth gilt als großes Talent. Als der VfL Bochum sich um ihn bemühte, sagte der ehemalige Münchener sofort zu. „Die Ansprüche des Vereins sind auch meine“, sagt der 24-Jährige.

So schlecht kann es doch gar nicht um den VfL Bochum bestellt sein. Als Florian Jungwirth vage von einem möglichen Interesse der Bochumer an seiner Person hörte, war für ihn sofort klar: „Das wäre meine Wunschadresse.“ Eine echte Bochumer Adresse vermag der 24-Jährige zwar zweieinhalb Wochen später noch nicht vorzuweisen, dafür aber einen Vertrag: Das einstige Vorzeige-Talent der Münchener „Löwen“ hat ohne zu zögern bis 2015 beim VfL unterschrieben. Warum? „Die Ansprüche des Vereins sind auch meine, wir wollen kurz- bis mittelfristig wieder oben angreifen.“

„Der Trainer haut mich um“

Jungwirth ist offenkundig ein Mann mit Entschlusskraft. Am vergangenen Samstag vor zwei Wochen erst nahmen die Bochumer mit ihm Kontakt auf, abends setzte er sich mit seinem damaligen Berater ins Auto, als am nächsten Morgen die Sonne wieder aufging kam er an im Ruhrgebiet, und ein paar Stunden später kritzelte er seinen Namen auf ein nicht ganz unwichtiges Papier. Am nächsten Tag befand er sich bereits mit seiner neuen Mannschaft im Trainingslager. Gut, dass er die Sporttasche mitgenommen hatte. „Das ging wirklich megaschnell“, erinnert sich der defensive Mittelfeld-Spieler, der nach Abschluss des Vertrages aus seiner Begeisterung für Peter Neururer keinen Hehl macht: „Der Trainer hat mich umgehauen.“

In Dresden konstant auf der rechten Seite

53 Zweitliga-Spiele hat Florian Jungwirth in den letzten beiden Spielzeiten für Dynamo Dresden bestritten, mit Beginn dieses Jahres lief er ausschließlich als rechter Verteidiger auf.

48 Spiele für die Jugendmannschaften des DFB absolvierte Jungwirth, quer durch alle Altersklassen, bis zur U21. Für die älteste Auswahl wurde er nicht mehr nominiert.

Auf dem Boulevard wurde Jungwirth anschließend als „der neue Goretzka“ gehandelt, ein Vergleich, der allenfalls oberflächlich betrachtet Sinn macht. Tatsache ist: Auch der Bayer bekam in jungen Jahren die Fritz-Walter-Medaille – in Silber – umgehängt, 2008 führte er als Kapitän die U 19 des DFB zum Europameistertitel. Der vielseitig verwendbare Mittelfeld-Mann war also hoch dekoriert. Aber dann wurde es schwierig.

Als „enormen Schritt“ bezeichnet Jungwirth im Rückblick seinen Einstieg ins Profigeschäft. Und als sein Förderer Marco Kurz bei den „Löwen“ in Ungnade gefallen war, wurde aus dem enormen Schritt ein Rückschritt für den bis dahin vom Erfolg verwöhnten Nachwuchs-Spieler. Kurz-Nachfolger Ewald Lienen diskreditierte Jungwirth öffentlich, ließ sich detailliert in den Medien aus über dessen vorgebliche Defizite. Ein Verhalten, das den Neu-Bochumer heute noch ärgert: „Ich will nicht nachtreten, aber so spricht man nicht über Spieler.“

In München jedenfalls war das Tischtuch damit zerschnitten, Florian Jungwirth musste weg und nahm für einen neuen Anlauf einen weiteren Rückschritt in Kauf. Dritte Liga, Dynamo Dresden – manchmal muss man weite Umwege gehen. Mit Dynamo hatte er jedoch Erfolg, stieg sofort wieder auf in die Zweite Bundesliga, verlängerte den Vertrag und blieb schließlich drei Jahre in Dresden, trotz einer langen Verletzungspause wegen eines Kreuzbandrisses.

Als Mittelfeld-Spieler wurde er in Sachsen allerdings irgendwann nicht mehr wahrgenommen. Florian Jungwirth, der als „Sechser“ ein Spiel zu steuern und zu ordnen versteht, putzte nun als Aushilfs-Innenverteidiger die Bälle weg oder rasierte immer häufiger als Außenverteidiger die Linie.

Als „Fluch und Segen“ zugleich bezeichnet er inzwischen seine Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, und das Hin- und Hergeschiebe von Position zu Position empfindet er auf Dauer als „nicht optimal“. Auch deshalb war er ja sofort Feuer und Flamme für den VfL Bochum: „Ich wusste ja, dass es für mich primär um die Position vor der Abwehr ging. Das ist mir ganz wichtig“.

Etablieren will er sich auf dem Platz dort, wo er sich am besten aufgehoben fühlt – in einer Mannschaft mit Potenzial. Das er in Bochum, trotz der zurückliegenden zwei ausgesprochen mauen Jahre, sieht: „Ich glaube, dass der VfL die Perspektive hat, mit breiter Brust zu starten.“ Schließlich habe der Trainer in den letzten Spielen der vergangenen Saison eine gewisse Euphorie entfacht und gezeigt, „was möglich gewesen wäre“.

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Möglich gewesen wäre allerdings auch ein weiteres Engagement in Dresden, dort also, wo die Trainingsbedingungen nicht zu vergleichen seien mit denen in Bochum. „Man sieht, dass der VfL vor nicht allzu langer Zeit noch Erste Liga gespielt hat“, sagt Jungwirth, der dennoch grundsätzlich bereit gewesen war, mit Dynamo zu verlängern.

Unschönes Ende in Dresden

Aber die Kommunikation zwischen den beteiligten Parteien, zwischen Spieler, Berater und Klub, war irgendwie gestört. Im Urlaub, so der 24-Jährige, habe er schließlich erfahren, dass sein Vertrag nicht verlängert werden würde, weil „ich angeblich zu viel Geld verlangt habe“. Eine unschöne Situation, die ihm die Ruhe raubte. Bis heute, sagt Jungwirth, könne er „keine klare Antwort“ auf die Frage geben, warum die Geschichte mit Dynamo gescheitert sei.

Mittlerweile sucht er nicht mehr nach der Antwort. Die Dinge haben sich so gefügt, wie er es nicht für möglich gehalten hätte. „Ob man das Scheitern der Gespräche mit Dresden mir oder meinem damaligen Berater in die Schuhe schiebt“, sagt er, berühre ihn nicht mehr. „Im Nachhinein habe ich es richtig gemacht“. Damit hat sich „die Tür zum VfL geöffnet“.