Bochum. Von „zwei verlorenen Punkten“ sprach Christoph Kramer nach dem packenden 2:2 im Zweitliga-Derby gegen den MSV Duisburg, und Jens Todt, der Sportvorstand des VfL Bochum, meinte: „Heute Abend ärgert uns das. Morgen Früh streifen wir das ab.“ Dennoch könne man auf der Leistung aufbauen.

Es war bitterkalt. Es schneite. Es windete. Und doch bereute es wohl keiner der gut 14000 Zuschauer im Bochumer Stadion, sich aufgerafft zu haben zum Revierderby. Nicht die VfL-Anhänger, die sich - etwas zu früh - schon eine Viertelstunde vor Schluss auf Pokal-Temperatur schunkelten. Und nicht die MSV-Fans, die sich am Ende noch mehr freuen durften angesichts des späten Ausgleichs.

2:2 endete das packende, spannende, stimmungsvolle, leidenschaftliche Derby - kein Vergleich zum Rumgedöse vor zwei Wochen, beim 0:2 gegen Regensburg. Dennoch: Wer 2:1 führt, wer das 3:1 in seiner Drangphase liegenlässt und kurz vor Schluss durch einen Distanzknaller in den Winkel von Timo Perthel den Ausgleich kassiert, dem ist zum Feiern kaum zumute.

Scheidhauer: "Der Ärger ist groß"

So dröhnte die Gute-Laune-Musik nur aus der Duisburger Kabine, während die Bochumer Profis ein wenig bedröppelt aus ihrer Umkleide kamen. „Es wäre ein Big Point gewesen“, haderte Carsten Rothenbach. „Der Ärger ist groß“, meinte Kevin Scheidhauer, der ein riesiges Laufpensum auf den Platz gelegt hatte. „Es gelingt uns einfach nicht, eine Serie zu starten.“ Christoph Kramer sprach von „zwei verlorenen“ Punkten, und auch Jens Todt, der Sportvorstand, „ärgerte“ sich „total“ über den späten Ausgleich. Todt sah aber auch Gutes: „Die zweite Halbzeit war kämpferisch gut und spielerisch zum Teil gut. Darauf können wir aufbauen.“

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In der Tat hatten die Gäste den besseren Start erwischt gegen fast unveränderte Bochumer: Im Vergleich zum 1:0-Kampfsieg in München kam nur der genesene Leon Goretzka in die Startelf. Er übernahm den rechten Flügelpart von Nika Gelashvili. Alle anderen blieben auf den Positionen, die sie beim TSV 1860 zu Beginn eingenommen hatten. Auch Holmar Eyjolfsson durfte wieder in der Innenverteidigung ran und Faton Toski als zweite, etwas hängende Spitze.

Exslager brachte MSV in Führung

Doch zunächst klappte spielerisch nicht viel, und der MSV bestrafte einen Fehler eiskalt. Eyjolfsson, der allzu häufig unsicher und zweikampfschwach agierte, ließ sich von Maurice Exslager allzu leicht ausspielen, der Däne Michael Lumb machte die Mitte nicht zu, und Exslager gelang aus spitzem Winkel das 1:0 für die Gäste.

Nicht unverdient zu diesem Zeitpunkt, auch wenn Goretzka kurz zuvor eine große Chance vergeben hatte, als er nach Pass von Scheidhauer am guten MSV-Torwart Felix Wiedwald scheiterte.

Doch nach dem Rückstand drehte der VfL mehr und mehr auf, drückte den MSV zurück. Vor allem nach der Pause entwickelte sich ein packendes Derby, nun mit klaren Vorteilen für Bochum. Erst bewahrte zwar Torwart Andreas Luthe sein Team noch vor dem 0:2 mit einer Fußparade gegen Öztürk, doch dann drehten die Bochumer die Partie. Lukas Sinkiewicz köpfte nach Rzatkowskis Ecke ins lange Eck - 1:1. Nur sieben Minuten später flippte die Ostkurve fast aus. Vor ihrer Nase bediente Scheidhauer den Dauerrenner Kramer. Ähnlich wie in München setzte er zum Solo an, nur mit besserem Ende: Der Mittelfeldmann, seit Wochen in exzellenter Form, ließ Lachheb, Brosinski und Bajic am Fünfmeter-Raum stehen wie einbetonierte Slalomstangen und hämmerte den Ball ins Netz. „Samba in Bochum“ ließ es Stadionsprecher Michael Wurst krachen, als Kramer wie entfesselt auf den Knien zur Banderutschte. 2:1 für Bochum.

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Und der VfL hatte weiterhin mehr vom Spiel. Goretzka traf nach Klasse-Solo nur den Pfosten (63.), seinen Freistoß parierte Wiedwald (69.). Als die VfL-Fans schon vom Pokal träumten, vom Viertelfinale, als sie ein euphorisch anmutendes „Über Stuttgart fahr’n wir nach Berlin“ sangen - da schlug Timo Perthel doch noch zu. Bitter, aber ingesamt gerecht. Todt: „Heute Abend ärgert uns das. Morgen Früh streifen wir das ab.“

PERSONALIEN: TASAKA NOCH NICHT IM KADER

Linksverteidiger Mounir Chaftar fiel kurzfristig aus (krank), daher rückte Florian Brügmann erstmals in diesem Jahr in den Kader. Ansonsten vertraute Karsten Neitzel den 17 Spielern, die auch in München gekämpft oder auf der Bank mitgefiebert hatten. Yusuke Tasaka, der seit Montag wieder im Training ist, fehlte gestern noch, könnte aber am Mittwoch im Pokal-Viertelfinale beim VfB Stuttgart eine Option sein.