Bochum.

Mit einer Unterdeckung von gut 2,3 Millionen Euro schloss der VfL Bochum die vergangene Saison ab, für 2011/12 plant man mit gut 1,1 Mio Euro neuen Schulden. Werner Altegoer wurde zum Ehrenvorsitzenden des Aufsichtsrates ernannt.

Von einer „herausfordernden Zukunft“ sprach Finanzvorstand Ansgar Schwenken, und sein Kollege Jens Todt sagte bei der gut zweistündigen, sehr ruhig verlaufenen Mitgliederversammlung des VfL Bochum gestern Abend: „Wir müssen ganz viel richtig machen, wenn wir die Chance haben wollen, aufzusteigen.“

Beide aber gaben sich überzeugt, dass man es „gemeinsam“ schaffen könne - und trafen vor 355 Stimmberechtigten im RuhrCongress den Ton: Sie redeten nichts schön, übten Selbstkritik, mühten sich aber auch, die Fans mitzunehmen, Optimismus zu verbreiten. Todt: „Ich habe das Gefühl, dass sich etwas verändert hat.“

Zu Beginn stand ein Mann im Blickpunkt, der bei der explosiven Versammlung im Vorjahr durch die Nicht-Entlastung praktisch vom Hof gejagt worden war: Der Aufsichtsrat ernannte Werner Altegoer zum Ehrenvorsitzenden des Aufsichtsrates. Nach der Laudatio von Werner Hansch erhoben sich die meisten applaudierend, Altegoer zeigte sich bewegt: „Ich war gerne für diesen Verein tätig“, sagte der einstige Macher und Finanzier des VfL mit gebrochener Stimme, dieser „Fels“ (Hansch), der drei Jahrzehnte den Klub maßgeblich geführt hatte. „Ich bin tief betroffen.“

Er wünsche dem Klub „einen aufstrebenden Weg“ - wissend, dass dieser steinig wird. Die sportlich missliche Situation ist bekannt, und der Abstieg hatte natürlich auch erhebliche finanzielle Auswirkungen. In den Turbulenzen 2010 war ja fast untergegangen, dass der VfL erstmals seit sehr langer Zeit zum 30. Juni 2010 ein kleines Plus von 115 000 Euro verbuchte - nach 8 Millionen Euro Schulden nur vier Jahre zuvor.

Umsatzerlöse brachen um rund 15 Millionen Euro ein

In der Zweitklassigkeit ist Bochum aber wieder in die „Miesen“ gerutscht: Die Umsatzerlöse brachen im Vergleich zum letzten Erstliga-Jahr um rund 15 Millionen auf 25 Millionen Euro ein, unterm Strich stand im vergangenen Geschäftsjahr ein Verlust von gut 2,3 Millionen Euro. Dass er nicht noch größer ausfiel, lag auch an deutlich höheren Transfererlösen (ca. 5,8 Mio Euro) - in erster Linie für Sestak und Fuchs.

Die Schulden aber werden weiter klettern: Der VfL plant für diese Saison trotz eines kalkulierten Plus’ an Einnahmen (26 Mio Euro) eine Unterdeckung von gut 1,1 Millionen Euro ein. Die dann fast 3,5 Millionen Euro - ohne die langfristigen Verbindlichkeiten für Bau und Erweiterung des Stadioncenters - würden aber „über die Sparkasse Bochum solide finanziert“, versicherte Schwenken. Man habe „keine Verkaufsrechte verpfändet oder veräußert“ oder seine Handlungsfähigkeit anderweitig eingeschränkt, „im Gegenteil“: Die Bandenwerbung etwa vermarktet der VfL (bisher Infront) nun selbst.

Dennoch: Man habe „die Kostenstruktur kritisch zu betrachten und anzupassen“, betonte Schwenken. Zumal man den kalkulierten Zuschauer-Schnitt von 14500 wohl schwer erreichen wird, und die Einnahmen 2012/13 (Sponsoring, TV-Geld u.a.) weiter sinken dürften. Auch wenn Schwenken betonte, dass die Verträge mit allen wesentlichen Sponsoren auch kommende Saison gelten. Im Klartext: „Der wesentliche Ansatzpunkt für 2012/13 sind die Personalkosten für die Lizenzabteilung.“

Der Etat für die Profis, der bereits um knapp eine auf 9,4 Millionen gesunken ist, schrumpft weiter. Die in der Planung bereits enthaltenen 2,9 Millionen Euro an Transferlösen (für Yahia, Saglik, Gündogan, Ilicevic und erneut Fuchs für dessen Wechsel von Mainz nach Schalke) müssen durch weitere Verkäufe gesteigert, auslaufende Kontrakte (Federico, Dabrowski, Bönig u.a.) dürften überwiegend nicht verlängert werden.

Die Verjüngung mit Talenten vom VfL und der Region sei aber, betonten Stüber wie Todt, auch sportlich gewollt. Der Sportvorstand machte bei der nicht einfachen Aufgabe, die Misere zu erklären und vorauszublicken, einen souveränen, gewinnbringenden Eindruck. Entsprechend ruhig blieb es: Zwei Wortmeldungen gab es, ehe Aufsichtsrat (1 Enthaltung) und Vorstand einstimmig entlastet wurden.

Ohne Diskussion verabschiedeten die Mitglieder auch eine Satzungsänderung. Wie berichtet, können sie künftig eine En-Bloc-Wahl des Aufsichtsrates mit einfacher Mehrheit ablehnen. Festgezurrt ist nun, dass der Fan-Vertreter im Rat Stimmrecht hat und sich die Amtszeit der Funktionsträger von fünf auf vier Jahre verringert - und dass man Räte abwählen kann. Dies nach Antrag von 10 Prozent der Mitglieder und mit Zwei-Drittel-Mehrheit der Versammlung.

CHRISTOPEIT UND HOSSIEP NEUE EHRENMITGLIEDER

Horst Christopeit und Heinz Hossiep wurden gestern nach Beschluss des Aufsichtsrates zu Ehrenmitgliedern des Vereins ernannt. Ratschef Ernst-Otto Stüber würdigte die Verdienste der beiden Bochumer, die nach jahrzehntelangem Einsatz für den Klub gerade in existenziell schwieriger Zeit aufgrund der Nicht-Entlastung 2010 als Ratsmitglieder zurückgetreten waren.