Frankfurt.
„Wenn die beiden anderen schwächeln, müssen wir da sein. Am besten dafür fände ich den letzten Spieltag.“ Mimoun Azaouagh, Schütze des entscheidenden Tores am Montagabend, war ein gefragter Mann am Bornheimer Hang, dessen Umgebung nicht viele so gut kennen wie er.
Als Azaouagh, aufgewachsen in Bornheim, mit den Journalisten plauderte, stand ein sehr kleiner Mann etwas zurückgezogen in der Ecke und lächelte still. Vater Mohamed wollte im Hintergrund bleiben, wollte sich auch nicht als langjähriger Zeugwart beim FSV sichtbar freuen nach einer weiteren Niederlage seines Arbeitgebers; aber sein Stolz war nicht zu übersehen. Das zweitälteste seiner sechs Kinder hat es ja auch weit gebracht im Profifußball. Und auch wenn Mimoun Azaouagh besser keine Karriere im diplomatischen Dienst anstreben sollte, so ist er doch, Dickkopf hin oder her, Fußballer durch und durch: ehrgeizig, willensstark, zielbewusst.
Ehrlich, was nicht immer von Vorteil sein muss, ist er auch. Und unverblümt. „Fakt ist“, sagte Azaouagh später, „wir haben anfangs der zweiten Halbzeit weniger gemacht als der Gegner. Das war falsch.“ Und genau das brachte den VfL für etwa 20 Minuten in Bedrängnis. Obwohl FSV-Manager Uwe Stöver achselzuckend über den VfL sagte: „Wenn die mal ihren Riegel aufbauen, wird’s schwierig.“
Bochum siegt und marschiert
Die partielle Bequemlichkeit der Bochumer ist der eine Tropfen Wasser in einen generell wohlschmeckenden Wein, das offenkundige Unvermögen, den Sack zuzumachen, der andere. Wenn ein Gegner von der Qualität des FSV Sekt oder Selters spielt, nur noch offensiv wechselt und damit Tür und Tor für Konter öffnet, muss die Begegnung spätestens nach einer Stunde entschieden sein. „Ein bisschen besser Fußball spielen“, lautete die Empfehlung von Sportvorstand Thomas Ernst, andererseits hätte es schon gereicht, die sich gegen Ende häufenden hochprozentigen Gelegenheiten für den VfL wenigstens gelegentlich zu nutzen.
Denn dass „in der Defensive die Jungs voll dagegen halten und sich damit die Null verdienen“, so Ernst, ist sicher nicht falsch, aber ein simpler Patzer, ein immer mögliches Missverständnis können das Ergebnis versauen und damit in dieser Saisonphase mehr als nur die Wertung eines einzigen Spieles.
Denn es geht ja weiter, die Saison treibt ihrem Höhepunkt entgegen, und bei den eingefleischten VfL-Anhängern war die Stimmung schon lange nicht mehr so gut wie jetzt. Beeindruckend war auch die Unterstützung, die die Mannschaft in Frankfurt erfuhr. 90 Minuten lang waren ausschließlich die etwa 1000 Gäste-Fans zu hören, und das Ganze ging dann auch noch ohne den schon fast üblichen Unsinn aus Pulverdampf und Schwefel ab. „Das pusht die Mannschaft“ fand Finanzvorstand Ansgar Schwenken, der natürlich auch erleichtert darüber war, dass sich alles im „Rahmen dessen“ abspielte, „was zugelassen ist“. Oft genug haben es die VfL-Verantwortlichen anders erlebt und kräftig dafür bluten müssen.
Am Montag ist High Noon im Bochumer Stadion
Jedenfalls machten auch die Bochumer Fans in Frankfurt Geschmack auf mehr - zum genau richtigen Zeitpunkt. Denn am kommenden Montag ist „High Noon“ im rewirpower-Stadion. Die Hertha kommt aus Berlin zum Spitzenspiel, möglicherweise fällt in dieser Partie bereits eine Vorentscheidung über Rang eins bis drei, vielleicht aber wird die aktuelle Reihenfolge noch einmal infrage gestellt. „Die spüren unseren heißen Atem im Nacken“, sagte Thomas Ernst, und Friedhelm Funkel betonte zum x-ten Mal, dass die Berliner „richtig gut sind“.
Was man nicht falsch interpretieren sollte. Funkel hat nicht vor, die Waffen zu strecken: „Wenn wir sie schlagen, kriegen sie ein Problem. Dann sind wir richtig dran. Das kann ich versprechen.“
Womit er Mimoun Azaouagh aus dem Herzen sprechen dürfte. Dem 28-Jährigen können im Frühjahr zwar Pollen und Gräser den Atem und den Schlaf rauben („Ich hatte eine ganz schlechte Nacht“), aber nicht den Willen zum Erfolg.
