München.
Mit einem verdienten 3:1 (1:0)-Auswärtssieg beim TSV 1860 München ist der VfL Bochum verheißungsvoll in die Rückrunde gestartet. Nach dem fünften Sieg in Folge kletterte der VfL vorübergehend auf Platz fünf der Tabelle.
Allerdings gab es einen Wehrmutstropfen: Slawo Freier zog sich nach einem Foul von Daniel Bierofka einen Innenbandriss im Knie zu, sagte Mannschaftsarzt Karl-Heinz Bauer. Freier fällt "mindestens sechs Wochen" aus, so Bauer.
Die Freude aber überwog beim VfL nach dem erfolgreichen Rückrunden-Start. Es war ein "am Ende nicht unverdienter Sieg", meinte Trainer Friedhelm Funkel. Wobei der Coach die Leistung in der zweiten Halbzeit, als der VfL gegen zehn Münchener Löwen - Kai Bülow hatte kurz vor der Pause die Rote Karte gesehen - den Faden verloren hatte, zu Recht kritisierte. "Mit der ersten Halbzeit bin ich zufrieden, mit der zweiten darf ich das natürlich nicht sein", sagte Funkel.
Der Trainer schickte wie erwartet Matthias Ostrzolek als Linksverteidiger ins Rennen - und der 20-Jährige, der den Vorzug vor Philipp Bönig erhalten hatte, rechtfertigte das Vertrauen mit einer starken Leistung: Münchens Stefan Aigner, nach 62 Minuten entnervt ausgewechselt, bekam kaum einen Stich.
Azaouagh sorgte für Kreativität
Im Vergleich zur Startelf in Duisburg brachte Funkel zwei "Neue": Slawo Freier ersetzte auf der rechten offensiven Außenbahn in Funkels bewährtem 4-1-4-1-System, das offensiv zu einem 4-1-2-3 wird, Mahir Saglik, der auf der Bank Platz nehmen musste. Zlatko Dedic, der zuletzt über die linke Bahn kam, spielte für den fehlenden Chong Tese als einzige Spitze, und über links sollte der begnadigte Mimoun Azaouagh für Kreativität sorgen - was ihm auch gelang. Azaouagh bereitete mehrere Chancen vor und arbeitete vor allem defensiv sehr gut mit.
So präsentierte sich der VfL von Beginn an kompakt und defensiv überaus zweikampfstark, wobei der Schwede Andreas Johansson immer mehr in die Rolle des kompromisslosen Sechsers hinter Kevin Vogt, der nach starken 60 Minuten sichtbar abbaute, und Christoph Dabrowski hineinwächst, auch wenn ihm vor dem 1:1 ein entscheidender Fehlpass unterlief. Der VfL stand eine Stunde lang defensiv so sicher, dass Torwart Andreas Luthe getrost im Trainingslager in der Türkei hätte bleiben können. Die Bochumer beherrschten bei frühlingshaften Temperaturen vor gut 16 000 Zuschauern die Partie, ließen "den Ball gut laufen", wie Funkel treffend lobte - freilich ohne Glanz zu versprühen. Wenn sich aber in der ersten Halbzeit etwas Nennenswertes tat, dann vor dem Kasten des Münchener Torwart-Routiniers Gabor Kiraly: Dedic schoss den Ball nach acht Minuten aus gut 20 Metern übers Tor, Azaouaghs klugen Rückpass konnte Dabrowski nicht verwerten (37.), und Giovanni Federico, der früh für verletzten Freier eingewechselt wurde, scheiterte aus spitzem Winkel nach einem Doppelpass mit Dedic.
VfL siegt bei 1860 München
In der 44. Minute die Schlüsselszene: Der durchgestartete Ostrzolek wurde nach einem Pass von Dedic von Münchens Innenverteidiger Kai Bülow per Bodycheck zu Boden gebracht, Schiedsrichter Tobias Welz zögerte ein paar Sekunden - und gab dann Elfmeter. Zu Recht. Und obendrein zeigte er Bülow die Rote Karte - eine regelkonforme, aber dennoch harte Entscheidung, auch wenn Bülow im Sechzehner "letzter Mann" vor Kiraly, der den Ball sicher hatte, war. "Die Leistung des Schiedsrichters war ansonsten o.k., aber diese Entscheidung war natürlich fatal", sagte 60-Coach Rainer Maurer hinterher verärgert. Maurer ließ noch in der Pause im Kabinentrakt Dampf ab, so dass er vom Schiedsrichter zur zweiten Halbzeit auf die Tribüne verbannt wurde. Dedic ließ das Gezeter unbeeindruckt: Der Slowene, ansonsten eher unauffällig, erzielte dank des Elfmeters mit einem trockenen Flachschuss ins rechte Eck das verdiente 1:0 für den VfL (44.).
Löwen erhöhten den Druck
In Überzahl blieb der VfL nach dem Wechsel Herr des Geschehens, versäumte es aber, das 2:0 nachzulegen. Der agile Azaouagh legte Dabrowski auf, der jedoch scheiterte (52.) - und wenig später versenkte Azaouagh den Ball aus 16 Metern mit einem zu laschen Schuss mit der Innenseite nicht (59.).
Die Löwen, verstärkt durch den eingewechselten Stürmer Rakic, erhöhten wie aus dem Nichts den Druck, Bochum verlor den Faden. Rakic (62.) vergab das 1:1, Azaouagh erneut das 2:0 (66.), ehe die Münchener Anhänger doch noch feiern durften an einem für sie ansonsten eher trostlosen Samstagnachmittag. Stefan Bell bediente mit einem Lupfer mustergültig Benjamin Lauth. Der Stürmer war der in dieser Szene indisponierten VfL-Defensive entwischt und schloss einen der wenigen guten Löwen-Angriffe mit einem platzierten Schuss ins rechte Eck ab - 1:1 (72.). Der VfL schien einen schon sicher geglaubten Sieg in Überzahl noch aus der Hand zu geben.
Denn die Münchener legten nach, der weitgehend blasse Kapitän Daniel Bierofka vergab sogar die Führung für die Löwen, als die Münchener "vielleicht etwas zu viel wollten", wie Funkel meinte. Denn der offensive Elan in Unterzahl wurde eiskalt bestraft: Mirkan Aydin, erst knapp zwei Minuten zuvor eingewechselt für Dedic, entschied die Partie mit seinem ersten Bundesliga-Treffer. Nach einem Klasse-Pass von Kevin Vogt zog er vom rechten Strafraumrand ab, Keeper Kiraly ließ den haltbaren Ball passieren - die Vorentscheidung (77.). Auch beim 3:1 war Aydin beteiligt: Seinen Pass in den Lauf nahm der verbesserte Giovannia Federico, der defensiv ordentlich gegen den Ball arbeitete, auf, bediente in der Mitte Dabrowski, und der Kapitän versenkte den Ball eiskalt (84.).
Der VfL ist dran - Thomas Ernst, der Sportvorstand, aber hält weiterhin den Ball flach: "Wir tun weiterhin gut daran, uns nur auf das nächste Spiel zu konzentrieren", sagte er, wischte Bedenken aber auch vom Tisch: "So wie sich die Mannschaft präsentiert, läuft sie keine Gefahr zur Träumerei." Am Montag, 24. Januar, kommt Aue ins rewirpower-Stadion, da gibt es noch was gutzumachen: Das Hinspiel hatten die Bochumer im Erzgebirge 0:1 verloren.