Bochum. Patrick Fabian ist zurückgetreten. Er verlässt den VfL Bochum nach 24 Jahren auf seine konsequente Art. Am Ende rappelte es auch. Ein Kommentar.
Er hatte einen großen Abschied verdient, die Corona-Pandemie verhinderte aber die ganz große Fan-Bühne. Im Juni 2020 war das, als Patrick Fabian seine Karriere als Profi des VfL Bochum beendete. Mit dem Klassenerhalt in der 2. Liga hörte der Verteidiger nach 20 Jahren als Jugendspieler und Spieler der zweiten Mannschaft, nach 157 Einsätzen für die Profis in der ersten und vor allem 2. Liga sowie im DFB-Pokal beim VfL auf.
Vier Kreuzbandrisse: Fabian stand immer wieder auf
Nach Jahren mit einigen Höhen, aber auch vielen Tiefen. Vier Kreuzbandrisse hat Fabian erlitten, er stand immer wieder auf. Er war Kapitän und legte stets auch öffentlich den Finger in die Wunde, wenn er es für richtig und wichtig hielt. Er war ein Kämpfer, auf den sich seine Kollegen verlassen konnten.
Fabian blieb nach seiner Profikarriere bei seinem VfL Bochum. Er legte das Trikot ab, zog Hemd und Sakko an. Er blieb ein Charaktermann, der zwei Dinge über alles stellt. Erstens den Klub. Und zweitens die Werte, für die der Verein stehen will, für die Fabian selbst definitiv steht.
Kritik ist gewünscht - aber auf faire Art
Aufrichtigkeit gehört dazu, ein fairer Umgang, Menschlichkeit. Kritik ist das eine - aber sie darf nicht überzogen, nicht hämisch, spöttisch, nicht verachtend sein. Hier stellte er sich immer vor seine Mitarbeiter, vor die Spieler. Kritik muss sachlich und begründet sein und darf sich nicht von Emotionen leiten lassen, von einem Ergebnis oder zwei. Das ist Fabians Anspruch an sich selbst und alle anderen Bochumer.
Im Profifußball aber dreht sich das Rad immer schneller, das hektische Handeln, die verbale Aggressivität nehmen zu. Heute top, morgen flop - das ist die heutige Welt. Es ist nicht die Welt, die sich Fabian wünscht. Der Job als Sportchef eines Bundesligisten kann zermürben und frustrieren. Er kann fassungslos machen.
Zu hohe Ansprüche: Fabians Appelle verhallen zum Teil
Gebetsmühlenartig hat der 36-Jährige in seinen knapp zwei Jahren als Sport-Geschäftsführer, ein paar Monate unterbrochen von einer Krankheit, immer wieder betont, dass die Bundesliga für den VfL Bochum nicht selbstverständlich sei.
Er hat versucht zu vermitteln, dass die Ansprüche nicht höher sein dürfen als der Klassenerhalt. Der wurde auch 2023 und 2024 unter seiner sportlichen Führung erreicht - diesmal aber mit Elfmeterglück nach einem Tohuwabohu in den letzten Wochen, das Fabian nicht zum ersten Mal, aber diesmal endgültig deutlich zu weit ging.
Externe und interne Missklänge
Zum einen war dieses Extrem extern gesteuert (Medien, soziale Medien, Umfeld). Aber auch intern rappelte es. Natürlich hat es auf verschiedenen Ebenen des VfL auch mal gekracht. Allerdings sind derartige Reibereien, unterschiedliche Auffassungen, ein gewisses Hierarchie-Denken, auch Heckenschützen in einem Verein, erst Recht in einem Profiverein, in einem Unternehmen die Regel und nicht die Ausnahme.
Auch Fabian trifft menschlich harte Entscheidungen
Und: Fabian hat bei seinem Herzensverein die Chance erhalten, mit erst 34 Jahren als Manager-Neuling Fuß zu fassen in der Branche. Er hat selbst einige harte Entscheidungen getroffen, zuletzt etwa bei der Trennung von Trainer Thomas Letsch, einem ebenfalls starken, sozial geprägten Charakter.
Fabian hat einige Entscheidungen zu verantworten, die sich als falsch erwiesen. Dass kein neuer Stürmer kam im Winter zum Beispiel, dass er nach der Letsch-Trennung keinen erfahrenen Nachfolger verpflichtete.
Aber: Der Verein steht über allem, nach diesem Credo hat Fabian gehandelt aus eigener Überzeugung - auch wenn er hier und dort nicht richtig lag.
Bochums Ex-Sportchef treibt viele Projekte voran
Was in der öffentlichen, fast nur auf den Profifußball und vor allem Ergebnisse konzentrierten Wahrnehmung ziemlich untergeht: Fabian hat viele weitere Projekte vorangetrieben beim VfL Bochum. Er ist ein studierter, kluger Stratege, der langfristig plant und denkt.
Die Fußballerinnen können in die 2. Liga aufsteigen, die Frauen- und Mädchenabteilung wächst und wird endlich professionell. Das Talentwerk wird gestärkt, eine neue U21 gegründet. Diesen Weg muss der VfL nun ohne seinen Mitinitiator weitergehen.
Am Ende zieht Fabian die Konsequenz aus den letzten Wochen und Monaten, wie er sagte. Am Ende beweist Fabian erneut Größe: Er verlässt den Klub aus eigenen Stücken, obwohl zum Glück das Ziel Klassenerhalt doch noch erreicht wurde.
Rücktritt trotz Klassenerhalts verdient Respekt
Er wolle dem Verein einen „neuen Impuls“ ermöglichen, weil er von seiner Notwendigkeit überzeugt sei. Erneut: Der Klub steht über allem. Respekt!
Es ist jetzt müßig zu spekulieren, ob sich ohne seinen eigenen Rücktritt der VfL von ihm getrennt hätte. Fabian verzichtete im Zuge des Auflösungsvertrages auch auf einen Teil des Geldes, das ihm zugestanden hätte bei einem möglichen „Rauswurf“. Er hilft damit erneut dem Klub, der ihm einen anderen Job im Klub angeboten hatte, der ihm letztlich auch einen würdigen Abgang ermöglichte.
Patrick Fabians Zukunft: Es gibt viele Optionen
Patrick Fabian steht mit 36 Jahren noch am Anfang seiner Karriere. Ob er in den Profifußball zurückkehrt oder in einem anderen Bereich seinen Weg gehen will, hat er noch nicht gesagt, vielleicht selbst noch nicht entschieden. Der studierte, intelligente Charaktertyp hat viele Optionen.
Fabian wird seinen Weg, von dem er überzeugt ist, weitergehen. Er wird zudem, das betonte er, immer VfLer bleiben.
Patrick Fabian war, ist und bleibt ein echter Bochumer. Ob mit oder ohne Amt.
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